Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.mich sanft hinüberwiegen ins Land der Ruhe. Nun das Glük schwebe mit sanften Fittigen auf mich ſanft hinuͤberwiegen ins Land der Ruhe. Nun das Gluͤk ſchwebe mit ſanften Fittigen auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0110" n="102"/> mich ſanft hinuͤberwiegen ins Land der Ruhe.<lb/> Meine <hi rendition="#fr">Betti,</hi> die all’ meine Leiden mit mit theilet,<lb/> iſt untroͤſtlich, iſt vermache ſie Dir als das liebſte,<lb/> was ich nach Dir zuruͤklaſſe, auch meine Buͤcher und<lb/> Briefe wird ſie Dir einhaͤndigen — Sie hat treu-<lb/> lich bei mir geduldet, gelitten ſogar; o, wie freute<lb/> ſich das gute Maͤdchen, ein Laͤcheln auf meinem ver-<lb/> graͤmten Geſicht zu erzwingen! es war ein Sonnen-<lb/> blik, der unterm duͤſtern Flor der Wolken hindurch-<lb/> ſchimmert; haͤtte ſie’s vermocht, es waͤre nicht bei<lb/> Sonnenblikken geblieben. Aber ſo iſt alles dahin —<lb/> auch jezt uͤberfaͤllt mich eine Mattigkeit, Vorboten<lb/> des Fiebers, die Feder entgleitet der ſchlaffen Hand,<lb/> und vielleicht werde ich ſie nie wieder ruͤhren, Dir<lb/> nicht mehr ſagen, wie ſehr ich Dich liebe. Jch habe<lb/> nur noch wenig Kraͤfte zuzuſezzen, der Arzt hat we-<lb/> nig Hofnung, und haͤtte er ſie, warlich ich koͤnnte<lb/> ihm gram werden; aber ich fuͤhle es zu gut, daß ich<lb/> reif zur Sichel, zur Aernte bin. —</p><lb/> <p>Nun das Gluͤk ſchwebe mit ſanften Fittigen auf<lb/> Dich hernieder, <hi rendition="#fr">Freundin meiner Jugend!</hi> und<lb/> ſchuͤtte ſein reichliches Maas von Freude und Wonne<lb/> auf Dich herab! troͤſte Dich uͤber meinen Verluſt, <hi rendition="#fr">eine<lb/> Traͤne der Freundſchaft,</hi> und <hi rendition="#fr">das Andenken in<lb/> Deinem Herzen,</hi> iſt genug; denn ſieh! ſobald ich<lb/> entkoͤrvert bin, <hi rendition="#fr">bin ich gluͤklich,</hi> der Gedanke muß<lb/> dich erheitern, und deinen Schmerz ſtumm machen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [102/0110]
mich ſanft hinuͤberwiegen ins Land der Ruhe.
Meine Betti, die all’ meine Leiden mit mit theilet,
iſt untroͤſtlich, iſt vermache ſie Dir als das liebſte,
was ich nach Dir zuruͤklaſſe, auch meine Buͤcher und
Briefe wird ſie Dir einhaͤndigen — Sie hat treu-
lich bei mir geduldet, gelitten ſogar; o, wie freute
ſich das gute Maͤdchen, ein Laͤcheln auf meinem ver-
graͤmten Geſicht zu erzwingen! es war ein Sonnen-
blik, der unterm duͤſtern Flor der Wolken hindurch-
ſchimmert; haͤtte ſie’s vermocht, es waͤre nicht bei
Sonnenblikken geblieben. Aber ſo iſt alles dahin —
auch jezt uͤberfaͤllt mich eine Mattigkeit, Vorboten
des Fiebers, die Feder entgleitet der ſchlaffen Hand,
und vielleicht werde ich ſie nie wieder ruͤhren, Dir
nicht mehr ſagen, wie ſehr ich Dich liebe. Jch habe
nur noch wenig Kraͤfte zuzuſezzen, der Arzt hat we-
nig Hofnung, und haͤtte er ſie, warlich ich koͤnnte
ihm gram werden; aber ich fuͤhle es zu gut, daß ich
reif zur Sichel, zur Aernte bin. —
Nun das Gluͤk ſchwebe mit ſanften Fittigen auf
Dich hernieder, Freundin meiner Jugend! und
ſchuͤtte ſein reichliches Maas von Freude und Wonne
auf Dich herab! troͤſte Dich uͤber meinen Verluſt, eine
Traͤne der Freundſchaft, und das Andenken in
Deinem Herzen, iſt genug; denn ſieh! ſobald ich
entkoͤrvert bin, bin ich gluͤklich, der Gedanke muß
dich erheitern, und deinen Schmerz ſtumm machen.
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