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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

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eine weite Ebene, zur Rechten das Gestade des
Flusses, mit Rohr und Schilf umkränzet, zur
linken ein sandigter Hügel, auf dem ein entseel-
ter Leichnam ruhte. Ein Haufen Menschen von
verschiedenem Stufenalter, standen nassen Blikkes
um denselben, und ein Mädchen im Frühling
ihres Lebens lag kniend am Hügel, und schluchzte
so laut, daß es die Berge widerhallte. Ein
Greis, auf dessen Scheitel nur noch einzelnes
Silberhaar sich krümmte, lehnte sein wankendes
Haupt an eine nahe Ulme, seine Augen hatten
keine Tränen, aber sein stummer, matter, see-
lenvoller Blik verriet den innerlichen Aufruhr
seines gepreßten Herzens. Mit wankenden
Schritten nahte ich mich ihm, aber Er, er hatte
keinen Blik für den Menschen mehr, er war
schon dieser schaudernden Szene entrükt, und
fühlte den srohen Gedanken, daß Gott Vergel-
ter sei.
Jch wankte zum Hügel, sah das
kniende Mädchen mit aufgelößtem Haar sich über
die kalten Gebeine werfen, um den erkalteten
Lippen, durch wundenvolle Küsse neues Leben
einzuhauchen.

Ein junger Mann, der seine Augen schon
wund geweint hatte, war es, der mir die trau-

eine weite Ebene, zur Rechten das Geſtade des
Fluſſes, mit Rohr und Schilf umkraͤnzet, zur
linken ein ſandigter Huͤgel, auf dem ein entſeel-
ter Leichnam ruhte. Ein Haufen Menſchen von
verſchiedenem Stufenalter, ſtanden naſſen Blikkes
um denſelben, und ein Maͤdchen im Fruͤhling
ihres Lebens lag kniend am Huͤgel, und ſchluchzte
ſo laut, daß es die Berge widerhallte. Ein
Greis, auf deſſen Scheitel nur noch einzelnes
Silberhaar ſich kruͤmmte, lehnte ſein wankendes
Haupt an eine nahe Ulme, ſeine Augen hatten
keine Traͤnen, aber ſein ſtummer, matter, ſee-
lenvoller Blik verriet den innerlichen Aufruhr
ſeines gepreßten Herzens. Mit wankenden
Schritten nahte ich mich ihm, aber Er, er hatte
keinen Blik fuͤr den Menſchen mehr, er war
ſchon dieſer ſchaudernden Szene entruͤkt, und
fuͤhlte den ſrohen Gedanken, daß Gott Vergel-
ter ſei.
Jch wankte zum Huͤgel, ſah das
kniende Maͤdchen mit aufgeloͤßtem Haar ſich uͤber
die kalten Gebeine werfen, um den erkalteten
Lippen, durch wundenvolle Kuͤſſe neues Leben
einzuhauchen.

Ein junger Mann, der ſeine Augen ſchon
wund geweint hatte, war es, der mir die trau-

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[106/0114] eine weite Ebene, zur Rechten das Geſtade des Fluſſes, mit Rohr und Schilf umkraͤnzet, zur linken ein ſandigter Huͤgel, auf dem ein entſeel- ter Leichnam ruhte. Ein Haufen Menſchen von verſchiedenem Stufenalter, ſtanden naſſen Blikkes um denſelben, und ein Maͤdchen im Fruͤhling ihres Lebens lag kniend am Huͤgel, und ſchluchzte ſo laut, daß es die Berge widerhallte. Ein Greis, auf deſſen Scheitel nur noch einzelnes Silberhaar ſich kruͤmmte, lehnte ſein wankendes Haupt an eine nahe Ulme, ſeine Augen hatten keine Traͤnen, aber ſein ſtummer, matter, ſee- lenvoller Blik verriet den innerlichen Aufruhr ſeines gepreßten Herzens. Mit wankenden Schritten nahte ich mich ihm, aber Er, er hatte keinen Blik fuͤr den Menſchen mehr, er war ſchon dieſer ſchaudernden Szene entruͤkt, und fuͤhlte den ſrohen Gedanken, daß Gott Vergel- ter ſei. Jch wankte zum Huͤgel, ſah das kniende Maͤdchen mit aufgeloͤßtem Haar ſich uͤber die kalten Gebeine werfen, um den erkalteten Lippen, durch wundenvolle Kuͤſſe neues Leben einzuhauchen. Ein junger Mann, der ſeine Augen ſchon wund geweint hatte, war es, der mir die trau-

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Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/114>, abgerufen am 21.11.2024.