müssen, daß sie das gefährlichste Uebel des Staats sind. Der Name eines Ehrlosen könnte also mit grösserm Rechte bey ihnen statt finden, als bei solchen Menschen, die den Nuzzen der Gesell- schaft befördern. Warum soll also der Abdekker, der Gerichtsfron, nicht eben so gut auf die Rechte eines Bürgers Anspruch machen wie jeder andere? gewis er kann es weit eher, wenn er die Pflichten der Menschheit erfüllt, als viele eurer Nebenmenschen, die stolz einher prunken, und eine glänzzende Rolle unter ihren Zeitge- nossen spielen.
Jener Dimogen, der im goldenen Wagen daher prunkte, dem Menschen und Thiere zu Ge- bot standen. -- Er plünderte die Waisen, und zog der armen Wittwe das lezte Hemde aus, er schwur falsche Eide, um das Eigentum des Mitbruders an sich zu reissen, er stürzte seinen Wolthäter, und stelte falsche Zeugen wider seine Redlichkeit auf, er stieß die Armut von seiner Schwelle, und behandelte seine Untergebene als Sklaven. -- Er starb, und lauter Pomp bestat- tete ihn zur Erde, die öffentlichen Blätter lobten seine Menschenliebe, seinen edelmütigen Karak- ter, und im Tempel erhebt sich ein marmornes
muͤſſen, daß ſie das gefaͤhrlichſte Uebel des Staats ſind. Der Name eines Ehrloſen koͤnnte alſo mit groͤſſerm Rechte bey ihnen ſtatt finden, als bei ſolchen Menſchen, die den Nuzzen der Geſell- ſchaft befoͤrdern. Warum ſoll alſo der Abdekker, der Gerichtsfron, nicht eben ſo gut auf die Rechte eines Buͤrgers Anſpruch machen wie jeder andere? gewis er kann es weit eher, wenn er die Pflichten der Menſchheit erfuͤllt, als viele eurer Nebenmenſchen, die ſtolz einher prunken, und eine glaͤnzzende Rolle unter ihren Zeitge- noſſen ſpielen.
Jener Dimogen, der im goldenen Wagen daher prunkte, dem Menſchen und Thiere zu Ge- bot ſtanden. — Er pluͤnderte die Waiſen, und zog der armen Wittwe das lezte Hemde aus, er ſchwur falſche Eide, um das Eigentum des Mitbruders an ſich zu reiſſen, er ſtuͤrzte ſeinen Wolthaͤter, und ſtelte falſche Zeugen wider ſeine Redlichkeit auf, er ſtieß die Armut von ſeiner Schwelle, und behandelte ſeine Untergebene als Sklaven. — Er ſtarb, und lauter Pomp beſtat- tete ihn zur Erde, die oͤffentlichen Blaͤtter lobten ſeine Menſchenliebe, ſeinen edelmuͤtigen Karak- ter, und im Tempel erhebt ſich ein marmornes
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muͤſſen, daß ſie das gefaͤhrlichſte Uebel des Staats
ſind. Der Name eines Ehrloſen koͤnnte alſo
mit groͤſſerm Rechte bey ihnen ſtatt finden, als
bei ſolchen Menſchen, die den Nuzzen der Geſell-
ſchaft befoͤrdern. Warum ſoll alſo der Abdekker,
der Gerichtsfron, nicht eben ſo gut auf die
Rechte eines Buͤrgers Anſpruch machen wie
jeder andere? gewis er kann es weit eher, wenn
er die Pflichten der Menſchheit erfuͤllt, als viele
eurer Nebenmenſchen, die ſtolz einher prunken,
und eine glaͤnzzende Rolle unter ihren Zeitge-
noſſen ſpielen.
Jener Dimogen, der im goldenen Wagen
daher prunkte, dem Menſchen und Thiere zu Ge-
bot ſtanden. — Er pluͤnderte die Waiſen, und
zog der armen Wittwe das lezte Hemde aus,
er ſchwur falſche Eide, um das Eigentum des
Mitbruders an ſich zu reiſſen, er ſtuͤrzte ſeinen
Wolthaͤter, und ſtelte falſche Zeugen wider ſeine
Redlichkeit auf, er ſtieß die Armut von ſeiner
Schwelle, und behandelte ſeine Untergebene als
Sklaven. — Er ſtarb, und lauter Pomp beſtat-
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ſeine Menſchenliebe, ſeinen edelmuͤtigen Karak-
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/147>, abgerufen am 24.11.2024.
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