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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

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Jugend auf sich dazu gewönt haben, Thiere zu
morden, und über Sklaven zu gebieten, die sich
durch ihre Abkunft berechtigt halten, vom sauren
Schweis des Landmanns zu zehren, und sich, wenn
ihre Untertanen in Armut und Dürftigkeit leben,
satt zu schwelgen auf dem weichen Pflaum der
Wollust und Ueppigkeit -- und ich glaube, die
Anzal dieser -- ist nicht geringe in dem Lande
meiner Väter. -- --

Aufgeklärtes Jahrhundert! du hast
Philosophen und Menschenfreunde zu Für-
sten berufen, hast einen Joseph, Friedrich,
Franz
und Karl zu Beherrschern der Teu-
tonen
gesezt, hast einen Addison, Loke, Les-
sing
und Rousseau zu Lehrern der Mensch-
heit
berufen, bist hindurch gedrungen durch den
Nebel der Dummheit und des Aberglaubens,
hast den schwärmerischen Religionshaß verbannt,
hast so viele Menschen weise und glüklich ge-
macht, und in den finstern Herzen des rohen
Volks einen schimmernden Funken der Warheit
angezündet, und diese, durch die Geburt über
andere erhobne Menschen, kannst du nicht bilden?
kannst nicht ihre Herzen weich und biegsam für
die Leiden ihrer Brüder machen, und ihnen den

Jugend auf ſich dazu gewoͤnt haben, Thiere zu
morden, und uͤber Sklaven zu gebieten, die ſich
durch ihre Abkunft berechtigt halten, vom ſauren
Schweis des Landmanns zu zehren, und ſich, wenn
ihre Untertanen in Armut und Duͤrftigkeit leben,
ſatt zu ſchwelgen auf dem weichen Pflaum der
Wolluſt und Ueppigkeit — und ich glaube, die
Anzal dieſer — iſt nicht geringe in dem Lande
meiner Vaͤter. — —

Aufgeklaͤrtes Jahrhundert! du haſt
Philoſophen und Menſchenfreunde zu Fuͤr-
ſten berufen, haſt einen Joſeph, Friedrich,
Franz
und Karl zu Beherrſchern der Teu-
tonen
geſezt, haſt einen Addiſon, Loke, Leſ-
ſing
und Rouſſeau zu Lehrern der Menſch-
heit
berufen, biſt hindurch gedrungen durch den
Nebel der Dummheit und des Aberglaubens,
haſt den ſchwaͤrmeriſchen Religionshaß verbannt,
haſt ſo viele Menſchen weiſe und gluͤklich ge-
macht, und in den finſtern Herzen des rohen
Volks einen ſchimmernden Funken der Warheit
angezuͤndet, und dieſe, durch die Geburt uͤber
andere erhobne Menſchen, kannſt du nicht bilden?
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die Leiden ihrer Bruͤder machen, und ihnen den

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[157/0165] Jugend auf ſich dazu gewoͤnt haben, Thiere zu morden, und uͤber Sklaven zu gebieten, die ſich durch ihre Abkunft berechtigt halten, vom ſauren Schweis des Landmanns zu zehren, und ſich, wenn ihre Untertanen in Armut und Duͤrftigkeit leben, ſatt zu ſchwelgen auf dem weichen Pflaum der Wolluſt und Ueppigkeit — und ich glaube, die Anzal dieſer — iſt nicht geringe in dem Lande meiner Vaͤter. — — Aufgeklaͤrtes Jahrhundert! du haſt Philoſophen und Menſchenfreunde zu Fuͤr- ſten berufen, haſt einen Joſeph, Friedrich, Franz und Karl zu Beherrſchern der Teu- tonen geſezt, haſt einen Addiſon, Loke, Leſ- ſing und Rouſſeau zu Lehrern der Menſch- heit berufen, biſt hindurch gedrungen durch den Nebel der Dummheit und des Aberglaubens, haſt den ſchwaͤrmeriſchen Religionshaß verbannt, haſt ſo viele Menſchen weiſe und gluͤklich ge- macht, und in den finſtern Herzen des rohen Volks einen ſchimmernden Funken der Warheit angezuͤndet, und dieſe, durch die Geburt uͤber andere erhobne Menſchen, kannſt du nicht bilden? kannſt nicht ihre Herzen weich und biegſam fuͤr die Leiden ihrer Bruͤder machen, und ihnen den

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Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/165>, abgerufen am 25.11.2024.