Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.mit mir, seinem Schiksal eine Träne des Mit- Jm May 1781. mit mir, ſeinem Schikſal eine Traͤne des Mit- Jm May 1781. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0244" n="236"/> mit mir, ſeinem Schikſal eine Traͤne des Mit-<lb/> leids zu weihen.</p><lb/> <p><date><hi rendition="#et">Jm May 1781.</hi></date><lb/><hi rendition="#in">J</hi>ch genieſſe, Beſter! die Freuden der Jahreszeit<lb/> im vollen Maſſe. Da iſt kein Thal, kein Huͤgel, den<lb/> ich nicht ſchon durchſtrichen. Jch freue mich ſo des<lb/> Sumſens und Lebens der Geſchoͤpfe unter einander,<lb/> und weine Dankeszaͤren, daß ich fuͤr dieſes alles<lb/> Sinn und Gefuͤhl habe. Da hab ich mir dann auch<lb/> ein Lieblingsplaͤzchen erkoren, ſo ſchaurig und ein-<lb/> ſam, wo ſelten der Fuß eines Wanderers ſich ver-<lb/> irrt — hohe Eichen und Buͤchen umſchatten es,<lb/> und verſagen der mittaͤgigen Sonne den Zutritt;<lb/> ein kleiner Huͤgel im wallenden Graſe, den Tau-<lb/> ſendſchoͤn, und Vergißmeinnicht umkraͤnzen, iſt mein<lb/> Lager, und <hi rendition="#fr">Petrarch</hi> und <hi rendition="#fr">Oſſian</hi> ruhen neben mir —<lb/> Ach! koͤnnteſt Du mich da einmal in meinem ſuͤſſen<lb/> Taumel belauſchen, wie ich <hi rendition="#fr">Deinen</hi> und <hi rendition="#fr">Cidlis<lb/> Namen</hi> in die harte Rinde der Buͤche ſchneide,<lb/> und mich wie ein Kind freue, wenn ſie gut geraten!<lb/> koͤnnteſt Du aber auch die heiſſen Thraͤnen ſehen, die<lb/> dem Auge entſtroͤmen, wenn mich das Gefuͤhl uͤber-<lb/> mannet, <hi rendition="#fr">daß ich einſam bin,</hi> daß ich noch nicht<lb/> fand, was meine Seele ſo eifrig ſucht! <hi rendition="#fr">Alles in<lb/> der Natur iſt Liebe,</hi> wo mein Auge hinſchaut,<lb/> fuͤhlt es den Einfluß dieſer allbelebenden <hi rendition="#fr">Kraft;</hi><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [236/0244]
mit mir, ſeinem Schikſal eine Traͤne des Mit-
leids zu weihen.
Jm May 1781.
Jch genieſſe, Beſter! die Freuden der Jahreszeit
im vollen Maſſe. Da iſt kein Thal, kein Huͤgel, den
ich nicht ſchon durchſtrichen. Jch freue mich ſo des
Sumſens und Lebens der Geſchoͤpfe unter einander,
und weine Dankeszaͤren, daß ich fuͤr dieſes alles
Sinn und Gefuͤhl habe. Da hab ich mir dann auch
ein Lieblingsplaͤzchen erkoren, ſo ſchaurig und ein-
ſam, wo ſelten der Fuß eines Wanderers ſich ver-
irrt — hohe Eichen und Buͤchen umſchatten es,
und verſagen der mittaͤgigen Sonne den Zutritt;
ein kleiner Huͤgel im wallenden Graſe, den Tau-
ſendſchoͤn, und Vergißmeinnicht umkraͤnzen, iſt mein
Lager, und Petrarch und Oſſian ruhen neben mir —
Ach! koͤnnteſt Du mich da einmal in meinem ſuͤſſen
Taumel belauſchen, wie ich Deinen und Cidlis
Namen in die harte Rinde der Buͤche ſchneide,
und mich wie ein Kind freue, wenn ſie gut geraten!
koͤnnteſt Du aber auch die heiſſen Thraͤnen ſehen, die
dem Auge entſtroͤmen, wenn mich das Gefuͤhl uͤber-
mannet, daß ich einſam bin, daß ich noch nicht
fand, was meine Seele ſo eifrig ſucht! Alles in
der Natur iſt Liebe, wo mein Auge hinſchaut,
fuͤhlt es den Einfluß dieſer allbelebenden Kraft;
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