schütten, und ihr ein Herz darlegen, wie es ist, mit all' seinen Fehlern und Mängeln, aber auch mit dem heissen Wunsch, sie so glüklich zu machen, als menschliche Kräfte es erlauben? Jch will's -- fest steht er in meiner Seele, der Entschluß, ihr alles zu entdekken, meine Wünsche, meine Hoff- nungen. Das Glük lächelt ja nur dem, der es sucht, und nicht lässig und träge den Schnekkengang zum zum Ziele schleicht. So eilt dann hin, Züge von mei- ner Hand gebildet, die Liebe und Sehnsucht mir in die Feder warf, und wenn ihre Brust höher schlägt, Wolwollen und Teilnahme ihr sanftes Herz be- schleicht, so sei der Augenblik gesegnet, da ich euch entwarf, so sei der gesegnet, der mich zuerst diese Züge bilden lehrte!
Alles so still, so feierlich schweigend um mich her, der Mond schimmert trübe und bleich unter dun- keln Wolken hervor, und wirft einen matten Schim- mer über die Wände meines einsamen Zimmers. Die heisere Grille zirpt ihr melancholisches Lied, dumpf schallts aus dem Gemäuer mir entgegen, und bringt düstere Bilder der Schwermut vor meine Seele. Ach! was ist, was ich gelebt habe? und was werde ich noch leben? Die Zeit der frölichen Jugend ver- rinnet, | wie der Sand im Stundenglase, und der
Q 4
ſchuͤtten, und ihr ein Herz darlegen, wie es iſt, mit all’ ſeinen Fehlern und Maͤngeln, aber auch mit dem heiſſen Wunſch, ſie ſo gluͤklich zu machen, als menſchliche Kraͤfte es erlauben? Jch will’s — feſt ſteht er in meiner Seele, der Entſchluß, ihr alles zu entdekken, meine Wuͤnſche, meine Hoff- nungen. Das Gluͤk laͤchelt ja nur dem, der es ſucht, und nicht laͤſſig und traͤge den Schnekkengang zum zum Ziele ſchleicht. So eilt dann hin, Zuͤge von mei- ner Hand gebildet, die Liebe und Sehnſucht mir in die Feder warf, und wenn ihre Bruſt hoͤher ſchlaͤgt, Wolwollen und Teilnahme ihr ſanftes Herz be- ſchleicht, ſo ſei der Augenblik geſegnet, da ich euch entwarf, ſo ſei der geſegnet, der mich zuerſt dieſe Zuͤge bilden lehrte!
Alles ſo ſtill, ſo feierlich ſchweigend um mich her, der Mond ſchimmert truͤbe und bleich unter dun- keln Wolken hervor, und wirft einen matten Schim- mer uͤber die Waͤnde meines einſamen Zimmers. Die heiſere Grille zirpt ihr melancholiſches Lied, dumpf ſchallts aus dem Gemaͤuer mir entgegen, und bringt duͤſtere Bilder der Schwermut vor meine Seele. Ach! was iſt, was ich gelebt habe? und was werde ich noch leben? Die Zeit der froͤlichen Jugend ver- rinnet, | wie der Sand im Stundenglaſe, und der
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ſchuͤtten, und ihr ein Herz darlegen, wie es iſt,
mit all’ ſeinen Fehlern und Maͤngeln, aber auch mit
dem heiſſen Wunſch, ſie ſo gluͤklich zu machen,
als menſchliche Kraͤfte es erlauben? Jch will’s —
feſt ſteht er in meiner Seele, der Entſchluß, ihr
alles zu entdekken, meine Wuͤnſche, meine Hoff-
nungen. Das Gluͤk laͤchelt ja nur dem, der es ſucht,
und nicht laͤſſig und traͤge den Schnekkengang zum
zum Ziele ſchleicht. So eilt dann hin, Zuͤge von mei-
ner Hand gebildet, die Liebe und Sehnſucht mir in
die Feder warf, und wenn ihre Bruſt hoͤher ſchlaͤgt,
Wolwollen und Teilnahme ihr ſanftes Herz be-
ſchleicht, ſo ſei der Augenblik geſegnet, da ich euch
entwarf, ſo ſei der geſegnet, der mich zuerſt dieſe
Zuͤge bilden lehrte!
Alles ſo ſtill, ſo feierlich ſchweigend um mich her,
der Mond ſchimmert truͤbe und bleich unter dun-
keln Wolken hervor, und wirft einen matten Schim-
mer uͤber die Waͤnde meines einſamen Zimmers. Die
heiſere Grille zirpt ihr melancholiſches Lied, dumpf
ſchallts aus dem Gemaͤuer mir entgegen, und bringt
duͤſtere Bilder der Schwermut vor meine Seele.
Ach! was iſt, was ich gelebt habe? und was werde
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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/255>, abgerufen am 23.06.2024.
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