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Koch, Konrad: Der erziehliche Wert der Jugendspiele. In: E. von Schenckendorff/ F. A. Schmidt (Hg.): Über Jugend- und Volksspiele. 1. Jahrgang. Hannover-Linden, 1892. S. 5-7.

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nossen für das Gute und Rechte kräftig einzustehen sich entschließt. Ein
solch edler Gemeingeist möge jede freie Spielgemeinde beseelen!

Die Klage über die Vergnügungssucht der heutigen Gesellschaft ist
nicht selten. Jedenfalls ist es sehr schlimm, wenn die Jugend zu man-
cherlei Genüssen vor der Zeit offen oder verstohlen sich herandrängt oder
gar von thörichten Eltern herangeführt wird. Das kräftige Spiel im
Freien bietet ihr eine reine Freude, deren Folgen nicht schädlich, sondern
heilsam sind. Im Sommer wird sie dabei trotz der Sonnenglut sich mit
Luft und Freude herumtummeln und ebenso im Winter der Unbill der
Witterung sich auszusetzen nicht scheuen. Wenn sie rechtzeitig durch
frühe und unausgesetzte Gewöhnung für solche Freuden Empfänglichkeit
gewonnen hat, wird sie viel weniger in Versuchung kommen, sich jene
bedenklichen und verderblichen Genüsse zu verschaffen. Ja, bei richtiger
Leitung der Spiele und des ganzen turnerischen Lebens und Treibens
soll die Jugend nicht bloß Kraft, Ausdauer und Abhärtung gewinnen,
sondern auch Entbehrungen zu ertragen und Entsagung zu üben an-
geleitet werden, damit das herrlichste Ergebnis der Leibesübungen er-
reicht wird, daß der Geist nicht bloß über Sehnen und Muskeln des
Leibes vollkommen Herr werde, sondern auch über dessen Begehrlichkeiten
und Leidenschaften, daß die Jugend mit einem Worte die Selbstzucht
üben lerne, die im spätern Leben dem Manne not thut. In diesem
Sinne ergeht unsere Aufforderung an alle Eltern und Erzieher, die
Jugend von früh auf hinauszuführen zum kräftigen Spiel in
freier Luft.


nossen für das Gute und Rechte kräftig einzustehen sich entschließt. Ein
solch edler Gemeingeist möge jede freie Spielgemeinde beseelen!

Die Klage über die Vergnügungssucht der heutigen Gesellschaft ist
nicht selten. Jedenfalls ist es sehr schlimm, wenn die Jugend zu man-
cherlei Genüssen vor der Zeit offen oder verstohlen sich herandrängt oder
gar von thörichten Eltern herangeführt wird. Das kräftige Spiel im
Freien bietet ihr eine reine Freude, deren Folgen nicht schädlich, sondern
heilsam sind. Im Sommer wird sie dabei trotz der Sonnenglut sich mit
Luft und Freude herumtummeln und ebenso im Winter der Unbill der
Witterung sich auszusetzen nicht scheuen. Wenn sie rechtzeitig durch
frühe und unausgesetzte Gewöhnung für solche Freuden Empfänglichkeit
gewonnen hat, wird sie viel weniger in Versuchung kommen, sich jene
bedenklichen und verderblichen Genüsse zu verschaffen. Ja, bei richtiger
Leitung der Spiele und des ganzen turnerischen Lebens und Treibens
soll die Jugend nicht bloß Kraft, Ausdauer und Abhärtung gewinnen,
sondern auch Entbehrungen zu ertragen und Entsagung zu üben an-
geleitet werden, damit das herrlichste Ergebnis der Leibesübungen er-
reicht wird, daß der Geist nicht bloß über Sehnen und Muskeln des
Leibes vollkommen Herr werde, sondern auch über dessen Begehrlichkeiten
und Leidenschaften, daß die Jugend mit einem Worte die Selbstzucht
üben lerne, die im spätern Leben dem Manne not thut. In diesem
Sinne ergeht unsere Aufforderung an alle Eltern und Erzieher, die
Jugend von früh auf hinauszuführen zum kräftigen Spiel in
freier Luft.


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[7/0004] nossen für das Gute und Rechte kräftig einzustehen sich entschließt. Ein solch edler Gemeingeist möge jede freie Spielgemeinde beseelen! Die Klage über die Vergnügungssucht der heutigen Gesellschaft ist nicht selten. Jedenfalls ist es sehr schlimm, wenn die Jugend zu man- cherlei Genüssen vor der Zeit offen oder verstohlen sich herandrängt oder gar von thörichten Eltern herangeführt wird. Das kräftige Spiel im Freien bietet ihr eine reine Freude, deren Folgen nicht schädlich, sondern heilsam sind. Im Sommer wird sie dabei trotz der Sonnenglut sich mit Luft und Freude herumtummeln und ebenso im Winter der Unbill der Witterung sich auszusetzen nicht scheuen. Wenn sie rechtzeitig durch frühe und unausgesetzte Gewöhnung für solche Freuden Empfänglichkeit gewonnen hat, wird sie viel weniger in Versuchung kommen, sich jene bedenklichen und verderblichen Genüsse zu verschaffen. Ja, bei richtiger Leitung der Spiele und des ganzen turnerischen Lebens und Treibens soll die Jugend nicht bloß Kraft, Ausdauer und Abhärtung gewinnen, sondern auch Entbehrungen zu ertragen und Entsagung zu üben an- geleitet werden, damit das herrlichste Ergebnis der Leibesübungen er- reicht wird, daß der Geist nicht bloß über Sehnen und Muskeln des Leibes vollkommen Herr werde, sondern auch über dessen Begehrlichkeiten und Leidenschaften, daß die Jugend mit einem Worte die Selbstzucht üben lerne, die im spätern Leben dem Manne not thut. In diesem Sinne ergeht unsere Aufforderung an alle Eltern und Erzieher, die Jugend von früh auf hinauszuführen zum kräftigen Spiel in freier Luft.

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Zitationshilfe: Koch, Konrad: Der erziehliche Wert der Jugendspiele. In: E. von Schenckendorff/ F. A. Schmidt (Hg.): Über Jugend- und Volksspiele. 1. Jahrgang. Hannover-Linden, 1892. S. 5-7, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wert_1892/4>, abgerufen am 29.03.2024.