Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Koch, Konrad: Der Nutzen der Wettspiele. In: E. von Schenckendorff/ F. A. Schmidt (Hg.): Jahrbuch für Jugend- und Volksspiele. 3. Jahrgang. Leipzig, 1894. S. 38-43.

Bild:
<< vorherige Seite

liegen die Verhältnisse freilich etwas anders, aber schließen doch eine
gewisse Nachahmung des englischen Vorgehens nicht aus. So wird
z. B. in Altona der deutsche Schlagball besonders eifrig gepflegt, und
die Schüler des dortigen Realgymnasiums haben darin eine große
Kunstfertigkeit entwickelt. Es würde sich wohl ohne Schwierigkeit ein
Wettspiel zwischen ihnen und etwa den Schülern einer Berliner An-
stalt vermitteln lassen, wodurch sicherlich nicht bloß die mitspielenden
wie die zuschauenden Schüler große Anregung erhalten, sondern sich
auch ein Urteil über die Altonaer Spielweise und ihre Vorzüge ge-
winnen lassen würde. Unser Kaiserball (Schlagball) ist gewiß einer
großen Vervollkommnung fähig, und die würde sich gerade durch Wett-
spiele am besten erzielen lassen. Es wäre dankenswert gewesen, wenn
die Altonaer Schüler bei ihrem diesjährigen Besuche in Braunschweig
auch auf Veranstaltung eines Wettspiels mit den Braunschweigern be-
dacht genommen hätten. (Vgl. Zeitschrift für Turnen und Jugendspiel
1893, 16.)

Am 2. September v. J. hat unter meiner Leitung in Braun-
schweig der Wettkampf im Tauziehen stattgefunden, der schon für 1892
geplant war, vgl. Jahrbuch II. S. 193. Ich kann darüber nur be-
richten, daß die Erfolge in jeder Weise befriedigend gewesen sind. Die
beiden siegreichen Riegen - die zwölf sich beteiligenden Schulen waren
in zwei Gruppen eingeteilt, in denen jede Riege mit jeder anderen
Riege sich messen mußte - leisteten wirklich recht Anerkennenswertes
und bewiesen deutlich, wieviel sich auch bei dem scheinbar so einfachen
Tauziehen durch sorgfältige Übung erzielen läßt.

Eine große Schwierigkeit wird in Deutschland mit der Ver-
anstaltung von Wettkämpfen verbunden sein: es müssen vorher genau
die Regeln über die betreffenden Spiele festgestellt werden. Denn wir
haben zwar verschiedene vorzügliche Bücher über die Jugendspiele, aber
an allgemein gültigen Regeln fehlt es noch ganz. Nun ist ja freilich
nicht wünschenswert, daß auch auf dem Gebiete des Jugendspiels die
Schablone zur Herrschaft kommt. Die Arbeit jedoch zur Feststellung
der Regeln für unsere beliebtesten Spiele wird ohne Frage diesen selbst
in hohem Grade zu gute kommen. Doch die jetzt auf diesem Gebiete
herrschende Willkür zu beseitigen, wird erst dann möglich sein, wenn
durch Wettspiele ein Vergleich der verschiedenen Spielweisen angestellt
ist, und ein Urteil über deren Wert hat gewonnen werden können.

Wir wollen nicht schließen ohne den Ausblick in eine freilich wohl
noch ziemlich ferne Zukunft. Wenn bei uns in Deutschland erst für
unsere Jugend ausreichende, günstig gelegene Spielplätze hergestellt sind,

liegen die Verhältnisse freilich etwas anders, aber schließen doch eine
gewisse Nachahmung des englischen Vorgehens nicht aus. So wird
z. B. in Altona der deutsche Schlagball besonders eifrig gepflegt, und
die Schüler des dortigen Realgymnasiums haben darin eine große
Kunstfertigkeit entwickelt. Es würde sich wohl ohne Schwierigkeit ein
Wettspiel zwischen ihnen und etwa den Schülern einer Berliner An-
stalt vermitteln lassen, wodurch sicherlich nicht bloß die mitspielenden
wie die zuschauenden Schüler große Anregung erhalten, sondern sich
auch ein Urteil über die Altonaer Spielweise und ihre Vorzüge ge-
winnen lassen würde. Unser Kaiserball (Schlagball) ist gewiß einer
großen Vervollkommnung fähig, und die würde sich gerade durch Wett-
spiele am besten erzielen lassen. Es wäre dankenswert gewesen, wenn
die Altonaer Schüler bei ihrem diesjährigen Besuche in Braunschweig
auch auf Veranstaltung eines Wettspiels mit den Braunschweigern be-
dacht genommen hätten. (Vgl. Zeitschrift für Turnen und Jugendspiel
1893, 16.)

Am 2. September v. J. hat unter meiner Leitung in Braun-
schweig der Wettkampf im Tauziehen stattgefunden, der schon für 1892
geplant war, vgl. Jahrbuch II. S. 193. Ich kann darüber nur be-
richten, daß die Erfolge in jeder Weise befriedigend gewesen sind. Die
beiden siegreichen Riegen – die zwölf sich beteiligenden Schulen waren
in zwei Gruppen eingeteilt, in denen jede Riege mit jeder anderen
Riege sich messen mußte – leisteten wirklich recht Anerkennenswertes
und bewiesen deutlich, wieviel sich auch bei dem scheinbar so einfachen
Tauziehen durch sorgfältige Übung erzielen läßt.

Eine große Schwierigkeit wird in Deutschland mit der Ver-
anstaltung von Wettkämpfen verbunden sein: es müssen vorher genau
die Regeln über die betreffenden Spiele festgestellt werden. Denn wir
haben zwar verschiedene vorzügliche Bücher über die Jugendspiele, aber
an allgemein gültigen Regeln fehlt es noch ganz. Nun ist ja freilich
nicht wünschenswert, daß auch auf dem Gebiete des Jugendspiels die
Schablone zur Herrschaft kommt. Die Arbeit jedoch zur Feststellung
der Regeln für unsere beliebtesten Spiele wird ohne Frage diesen selbst
in hohem Grade zu gute kommen. Doch die jetzt auf diesem Gebiete
herrschende Willkür zu beseitigen, wird erst dann möglich sein, wenn
durch Wettspiele ein Vergleich der verschiedenen Spielweisen angestellt
ist, und ein Urteil über deren Wert hat gewonnen werden können.

Wir wollen nicht schließen ohne den Ausblick in eine freilich wohl
noch ziemlich ferne Zukunft. Wenn bei uns in Deutschland erst für
unsere Jugend ausreichende, günstig gelegene Spielplätze hergestellt sind,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0006" n="42"/>
liegen die Verhältnisse freilich etwas anders, aber                     schließen doch eine<lb/>
gewisse Nachahmung des englischen Vorgehens nicht aus.                     So wird<lb/>
z. B. in Altona der deutsche Schlagball besonders eifrig gepflegt,                     und<lb/>
die Schüler des dortigen Realgymnasiums haben darin eine große<lb/>
Kunstfertigkeit entwickelt. Es würde sich wohl ohne Schwierigkeit ein<lb/>
Wettspiel zwischen ihnen und etwa den Schülern einer Berliner An-<lb/>
stalt                     vermitteln lassen, wodurch sicherlich nicht bloß die mitspielenden<lb/>
wie die                     zuschauenden Schüler große Anregung erhalten, sondern sich<lb/>
auch ein Urteil                     über die Altonaer Spielweise und ihre Vorzüge ge-<lb/>
winnen lassen würde.                     Unser Kaiserball (Schlagball) ist gewiß einer<lb/>
großen Vervollkommnung fähig,                     und die würde sich gerade durch Wett-<lb/>
spiele am besten erzielen lassen. Es                     wäre dankenswert gewesen, wenn<lb/>
die Altonaer Schüler bei ihrem diesjährigen                     Besuche in Braunschweig<lb/>
auch auf Veranstaltung eines Wettspiels mit den                     Braunschweigern be-<lb/>
dacht genommen hätten. (Vgl. Zeitschrift für Turnen und                     Jugendspiel<lb/>
1893, 16.)</p><lb/>
        <p>Am 2. September v. J. hat unter meiner Leitung in Braun-<lb/>
schweig der                     Wettkampf im Tauziehen stattgefunden, der schon für 1892<lb/>
geplant war, vgl.                     Jahrbuch II. S. 193. Ich kann darüber nur be-<lb/>
richten, daß die Erfolge in                     jeder Weise befriedigend gewesen sind. Die<lb/>
beiden siegreichen Riegen &#x2013; die                     zwölf sich beteiligenden Schulen waren<lb/>
in zwei Gruppen eingeteilt, in denen                     jede Riege mit jeder anderen<lb/>
Riege sich messen mußte &#x2013; leisteten wirklich                     recht Anerkennenswertes<lb/>
und bewiesen deutlich, wieviel sich auch bei dem                     scheinbar so einfachen<lb/>
Tauziehen durch sorgfältige Übung erzielen läßt.</p><lb/>
        <p>Eine große Schwierigkeit wird in Deutschland mit der Ver-<lb/>
anstaltung von                     Wettkämpfen verbunden sein: es müssen vorher genau<lb/>
die Regeln über die                     betreffenden Spiele festgestellt werden. Denn wir<lb/>
haben zwar verschiedene                     vorzügliche Bücher über die Jugendspiele, aber<lb/>
an allgemein gültigen Regeln                     fehlt es noch ganz. Nun ist ja freilich<lb/>
nicht wünschenswert, daß auch auf                     dem Gebiete des Jugendspiels die<lb/>
Schablone zur Herrschaft kommt. Die Arbeit                     jedoch zur Feststellung<lb/>
der Regeln für unsere beliebtesten Spiele wird ohne                     Frage diesen selbst<lb/>
in hohem Grade zu gute kommen. Doch die jetzt auf                     diesem Gebiete<lb/>
herrschende Willkür zu beseitigen, wird erst dann möglich                     sein, wenn<lb/>
durch Wettspiele ein Vergleich der verschiedenen Spielweisen                     angestellt<lb/>
ist, und ein Urteil über deren Wert hat gewonnen werden                     können.</p><lb/>
        <p>Wir wollen nicht schließen ohne den Ausblick in eine freilich wohl<lb/>
noch ziemlich ferne Zukunft. Wenn bei uns in Deutschland erst für<lb/>
unsere Jugend ausreichende, günstig gelegene Spielplätze hergestellt sind,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0006] liegen die Verhältnisse freilich etwas anders, aber schließen doch eine gewisse Nachahmung des englischen Vorgehens nicht aus. So wird z. B. in Altona der deutsche Schlagball besonders eifrig gepflegt, und die Schüler des dortigen Realgymnasiums haben darin eine große Kunstfertigkeit entwickelt. Es würde sich wohl ohne Schwierigkeit ein Wettspiel zwischen ihnen und etwa den Schülern einer Berliner An- stalt vermitteln lassen, wodurch sicherlich nicht bloß die mitspielenden wie die zuschauenden Schüler große Anregung erhalten, sondern sich auch ein Urteil über die Altonaer Spielweise und ihre Vorzüge ge- winnen lassen würde. Unser Kaiserball (Schlagball) ist gewiß einer großen Vervollkommnung fähig, und die würde sich gerade durch Wett- spiele am besten erzielen lassen. Es wäre dankenswert gewesen, wenn die Altonaer Schüler bei ihrem diesjährigen Besuche in Braunschweig auch auf Veranstaltung eines Wettspiels mit den Braunschweigern be- dacht genommen hätten. (Vgl. Zeitschrift für Turnen und Jugendspiel 1893, 16.) Am 2. September v. J. hat unter meiner Leitung in Braun- schweig der Wettkampf im Tauziehen stattgefunden, der schon für 1892 geplant war, vgl. Jahrbuch II. S. 193. Ich kann darüber nur be- richten, daß die Erfolge in jeder Weise befriedigend gewesen sind. Die beiden siegreichen Riegen – die zwölf sich beteiligenden Schulen waren in zwei Gruppen eingeteilt, in denen jede Riege mit jeder anderen Riege sich messen mußte – leisteten wirklich recht Anerkennenswertes und bewiesen deutlich, wieviel sich auch bei dem scheinbar so einfachen Tauziehen durch sorgfältige Übung erzielen läßt. Eine große Schwierigkeit wird in Deutschland mit der Ver- anstaltung von Wettkämpfen verbunden sein: es müssen vorher genau die Regeln über die betreffenden Spiele festgestellt werden. Denn wir haben zwar verschiedene vorzügliche Bücher über die Jugendspiele, aber an allgemein gültigen Regeln fehlt es noch ganz. Nun ist ja freilich nicht wünschenswert, daß auch auf dem Gebiete des Jugendspiels die Schablone zur Herrschaft kommt. Die Arbeit jedoch zur Feststellung der Regeln für unsere beliebtesten Spiele wird ohne Frage diesen selbst in hohem Grade zu gute kommen. Doch die jetzt auf diesem Gebiete herrschende Willkür zu beseitigen, wird erst dann möglich sein, wenn durch Wettspiele ein Vergleich der verschiedenen Spielweisen angestellt ist, und ein Urteil über deren Wert hat gewonnen werden können. Wir wollen nicht schließen ohne den Ausblick in eine freilich wohl noch ziemlich ferne Zukunft. Wenn bei uns in Deutschland erst für unsere Jugend ausreichende, günstig gelegene Spielplätze hergestellt sind,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Jurgita Baranauskaite, Thomas Gloning, Heike Müller, Justus-Liebig-Universität: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien, Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-05-14T11:00:00Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-05-14T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wettspiele_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wettspiele_1894/6
Zitationshilfe: Koch, Konrad: Der Nutzen der Wettspiele. In: E. von Schenckendorff/ F. A. Schmidt (Hg.): Jahrbuch für Jugend- und Volksspiele. 3. Jahrgang. Leipzig, 1894. S. 38-43, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wettspiele_1894/6>, abgerufen am 21.11.2024.