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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung der menschlichen Eihüllen.
sprochen worden war, aber bisher jeder thatsächlichen, auf genaue
anatomische Untersuchungen gestützten Begründung entbehrt hatte
und daher nicht im Stande gewesen war, die allgemein verbreitete
Hypothese, dass die hinfälligen Häute Exsudate des Uterus seien, in
den Hintergrund zu drängen.

Durch die Untersuchungen von E. H Weber und Sharpey (wel-
cher Letztere zuerst in einem wirklich schwangeren Uterus die Ute-
rindrüsen auffand, während in Weber's Fall ein Ei nicht gesehen
wurde und der Uterus möglicher Weise nur ein menstruirender war),
sowie durch die späteren von Coste, die ich für eine Decidua aus
der vierten Woche bestätigen kann, hat sich ergeben, dass die De-
cidua
ganz und gar den Bau der Uterinschleimhaut besitzt und na-
mentlich auch dieselben Drüsen zeigt, welche auch im nicht schwan-
geren Uterus sich finden und vor Allem zur Zeit der Menstruation
so entwickelt sind. In Sharpey's Fall, dem jüngsten, der bisher zur
Untersuchung kam -- indem, wie gesagt, Weber's Beobachtung,
sowie ähnliche von Bischoff, Virchow und andern, in welchen kein
Ei gefunden wurde, nicht mit Bestimmtheit hierher gezählt werden
können -- enthielt der Uterus ein Ei von höchstens fünfzehn Tagen.
Die Vera war etwas gerunzelt und hatte das gewöhnliche siebför-
mige Aussehen. Die engeren unter den Grübchen hatten den Cha-
racter der schlauchförmigen Drüsen und von diesen sah man einen
deutlichen Uebergang zu den weiteren Kanälen. Ganz dasselbe
scheint auch Coste gesehen zu haben und ich habe mich noch in
der vierten Woche von dem Vorkommen wenig veränderter Drüsen
neben andern, die in weitere Kanäle umgewandelt waren, über-
zeugt. Und wenn auch die Umwandlungen der gewöhnlichen Ute-
rinschleimhaut in die des schwangeren Uterus noch nicht Schritt
für Schritt verfolgt sind, so genügen doch diese Erfahrungen voll-
kommen und können wir es jetzt als ganz ausgemacht betrachten,
dass die Decidua vera nichts anderes als die hypertrophische, und
an Gefässen reicher gewordene Schleimhaut des Uterus ist. Hinzu-
fügen will ich noch, dass die Veränderungen, die die Uterinschleimhaut
zur Zeit der Menstruation erleidet, wobei sie sehr blutreich wird,
zu 3--6''' sich verdickt, sich faltet und prachtvolle geschlängelte
Drüsen zeigt, höchst wahrscheinlich auch in der ersten Woche der
Schwangerschaft eintreten, auch ist es leicht möglich, dass in der
That eine der von Weber, Bischoff, Sharpey, Virchow und Andern
beschriebenen Fälle von hypertrophischer Uterinschleimhaut bei

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Entwicklung der menschlichen Eihüllen.
sprochen worden war, aber bisher jeder thatsächlichen, auf genaue
anatomische Untersuchungen gestützten Begründung entbehrt hatte
und daher nicht im Stande gewesen war, die allgemein verbreitete
Hypothese, dass die hinfälligen Häute Exsudate des Uterus seien, in
den Hintergrund zu drängen.

Durch die Untersuchungen von E. H Weber und Sharpey (wel-
cher Letztere zuerst in einem wirklich schwangeren Uterus die Ute-
rindrüsen auffand, während in Weber’s Fall ein Ei nicht gesehen
wurde und der Uterus möglicher Weise nur ein menstruirender war),
sowie durch die späteren von Coste, die ich für eine Decidua aus
der vierten Woche bestätigen kann, hat sich ergeben, dass die De-
cidua
ganz und gar den Bau der Uterinschleimhaut besitzt und na-
mentlich auch dieselben Drüsen zeigt, welche auch im nicht schwan-
geren Uterus sich finden und vor Allem zur Zeit der Menstruation
so entwickelt sind. In Sharpey’s Fall, dem jüngsten, der bisher zur
Untersuchung kam — indem, wie gesagt, Weber’s Beobachtung,
sowie ähnliche von Bischoff, Virchow und andern, in welchen kein
Ei gefunden wurde, nicht mit Bestimmtheit hierher gezählt werden
können — enthielt der Uterus ein Ei von höchstens fünfzehn Tagen.
Die Vera war etwas gerunzelt und hatte das gewöhnliche siebför-
mige Aussehen. Die engeren unter den Grübchen hatten den Cha-
racter der schlauchförmigen Drüsen und von diesen sah man einen
deutlichen Uebergang zu den weiteren Kanälen. Ganz dasselbe
scheint auch Coste gesehen zu haben und ich habe mich noch in
der vierten Woche von dem Vorkommen wenig veränderter Drüsen
neben andern, die in weitere Kanäle umgewandelt waren, über-
zeugt. Und wenn auch die Umwandlungen der gewöhnlichen Ute-
rinschleimhaut in die des schwangeren Uterus noch nicht Schritt
für Schritt verfolgt sind, so genügen doch diese Erfahrungen voll-
kommen und können wir es jetzt als ganz ausgemacht betrachten,
dass die Decidua vera nichts anderes als die hypertrophische, und
an Gefässen reicher gewordene Schleimhaut des Uterus ist. Hinzu-
fügen will ich noch, dass die Veränderungen, die die Uterinschleimhaut
zur Zeit der Menstruation erleidet, wobei sie sehr blutreich wird,
zu 3—6‴ sich verdickt, sich faltet und prachtvolle geschlängelte
Drüsen zeigt, höchst wahrscheinlich auch in der ersten Woche der
Schwangerschaft eintreten, auch ist es leicht möglich, dass in der
That eine der von Weber, Bischoff, Sharpey, Virchow und Andern
beschriebenen Fälle von hypertrophischer Uterinschleimhaut bei

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[179/0195] Entwicklung der menschlichen Eihüllen. sprochen worden war, aber bisher jeder thatsächlichen, auf genaue anatomische Untersuchungen gestützten Begründung entbehrt hatte und daher nicht im Stande gewesen war, die allgemein verbreitete Hypothese, dass die hinfälligen Häute Exsudate des Uterus seien, in den Hintergrund zu drängen. Durch die Untersuchungen von E. H Weber und Sharpey (wel- cher Letztere zuerst in einem wirklich schwangeren Uterus die Ute- rindrüsen auffand, während in Weber’s Fall ein Ei nicht gesehen wurde und der Uterus möglicher Weise nur ein menstruirender war), sowie durch die späteren von Coste, die ich für eine Decidua aus der vierten Woche bestätigen kann, hat sich ergeben, dass die De- cidua ganz und gar den Bau der Uterinschleimhaut besitzt und na- mentlich auch dieselben Drüsen zeigt, welche auch im nicht schwan- geren Uterus sich finden und vor Allem zur Zeit der Menstruation so entwickelt sind. In Sharpey’s Fall, dem jüngsten, der bisher zur Untersuchung kam — indem, wie gesagt, Weber’s Beobachtung, sowie ähnliche von Bischoff, Virchow und andern, in welchen kein Ei gefunden wurde, nicht mit Bestimmtheit hierher gezählt werden können — enthielt der Uterus ein Ei von höchstens fünfzehn Tagen. Die Vera war etwas gerunzelt und hatte das gewöhnliche siebför- mige Aussehen. Die engeren unter den Grübchen hatten den Cha- racter der schlauchförmigen Drüsen und von diesen sah man einen deutlichen Uebergang zu den weiteren Kanälen. Ganz dasselbe scheint auch Coste gesehen zu haben und ich habe mich noch in der vierten Woche von dem Vorkommen wenig veränderter Drüsen neben andern, die in weitere Kanäle umgewandelt waren, über- zeugt. Und wenn auch die Umwandlungen der gewöhnlichen Ute- rinschleimhaut in die des schwangeren Uterus noch nicht Schritt für Schritt verfolgt sind, so genügen doch diese Erfahrungen voll- kommen und können wir es jetzt als ganz ausgemacht betrachten, dass die Decidua vera nichts anderes als die hypertrophische, und an Gefässen reicher gewordene Schleimhaut des Uterus ist. Hinzu- fügen will ich noch, dass die Veränderungen, die die Uterinschleimhaut zur Zeit der Menstruation erleidet, wobei sie sehr blutreich wird, zu 3—6‴ sich verdickt, sich faltet und prachtvolle geschlängelte Drüsen zeigt, höchst wahrscheinlich auch in der ersten Woche der Schwangerschaft eintreten, auch ist es leicht möglich, dass in der That eine der von Weber, Bischoff, Sharpey, Virchow und Andern beschriebenen Fälle von hypertrophischer Uterinschleimhaut bei 12*

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/195>, abgerufen am 24.11.2024.