Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Entwicklung des Darmkanales.
den kann, wenn Sie bedenken wollen, dass die Scheide des Nabel-
stranges, wie ich Ihnen früher mitgetheilt habe (St. 100), die Fort-
setzung der Bauchhaut des Embryo ist.

Während die besagte Schleife des Mitteldarmes theilweise imDrehung der
Schleife des
Mitteldarmes.

Nabelstrange liegt, bleibt dieselbe nicht lange in ihren ursprüng-
lichen einfachen Verhältnissen bestehen, vielmehr erleidet dieselbe
bald einige wesentliche Veränderungen, die für die Auffassung der
späteren Zustände von grosser Wichtigkeit sind. Das erste ist das
Auftreten einer kleinen Anschwellung an dem hinteren Schenkel der
Schleife in geringer Entfernung von dem Scheitel derselben, die bald
einen kleinen stumpfen Anhang treibt, den Sie in der Fig. 177 dar-
gestellt finden, wo derselbe jedoch nicht weiter bezeichnet ist. Die-
ser Anhang ist die Anlage des Coecum mit dem Processus vermicularis
und ergibt sich mit dem Erscheinen desselben deutlich und klar,
dass auch vom hinteren Schenkel der Schleife noch ein Theil zur
Bildung des Dünndarmes verwendet wird, so wie dass der Dotter-
gang oder der Ductus omphalo-mesentericus, der, so lange er erhalten
ist, vom Scheitel der Schleife abgeht, mit dem Theile des Dünndar-
mes verbunden ist, der später als Ileum erscheint. Kurze Zeit nach-
dem diese Trennung von Dünndarm und Dickdarm deutlich geworden
ist, was in der sechsten Woche geschieht, beginnt eine Drehung der

[Abbildung] Fig. 179.
beiden Schenkel der Darmschleife
um einander, sodass der hintere
Schenkel erst nach rechts und dann
über den anderen zu liegen kommt,
von welchen Verhältnissen ihnen
die halbschematische Fig. 179 eine
Anschauung gibt. Zugleich mit die-
ser Drehung treten auch in der sie-
benten Woche die ersten Windungen am Dünndarme auf, welche,
am Ende desselben und der Höhe der Schleife beginnend, bald
soweit zunehmen, dass schon in der achten Woche ein kleiner,
rundlicher Knäuel von fünf bis sechs Windungen im Nabelstrange
darin liegt. Im dritten Monate bilden sich nun die besprochene Dre-
hung und die Windungen noch mehr aus, während zugleich der
Dickdarm sich verlängert und der Darm wieder in die Unterleibs-
[Abbildung]

Fig. 179. Drei halbschematische Abbildungen zur Darstellung der Drehung
des Dickdarmes um den Dünndarm. v Magen, d Duodenum, t Dünndarm,
c Dickdarm.

Entwicklung des Darmkanales.
den kann, wenn Sie bedenken wollen, dass die Scheide des Nabel-
stranges, wie ich Ihnen früher mitgetheilt habe (St. 100), die Fort-
setzung der Bauchhaut des Embryo ist.

Während die besagte Schleife des Mitteldarmes theilweise imDrehung der
Schleife des
Mitteldarmes.

Nabelstrange liegt, bleibt dieselbe nicht lange in ihren ursprüng-
lichen einfachen Verhältnissen bestehen, vielmehr erleidet dieselbe
bald einige wesentliche Veränderungen, die für die Auffassung der
späteren Zustände von grosser Wichtigkeit sind. Das erste ist das
Auftreten einer kleinen Anschwellung an dem hinteren Schenkel der
Schleife in geringer Entfernung von dem Scheitel derselben, die bald
einen kleinen stumpfen Anhang treibt, den Sie in der Fig. 177 dar-
gestellt finden, wo derselbe jedoch nicht weiter bezeichnet ist. Die-
ser Anhang ist die Anlage des Coecum mit dem Processus vermicularis
und ergibt sich mit dem Erscheinen desselben deutlich und klar,
dass auch vom hinteren Schenkel der Schleife noch ein Theil zur
Bildung des Dünndarmes verwendet wird, so wie dass der Dotter-
gang oder der Ductus omphalo-mesentericus, der, so lange er erhalten
ist, vom Scheitel der Schleife abgeht, mit dem Theile des Dünndar-
mes verbunden ist, der später als Ileum erscheint. Kurze Zeit nach-
dem diese Trennung von Dünndarm und Dickdarm deutlich geworden
ist, was in der sechsten Woche geschieht, beginnt eine Drehung der

[Abbildung] Fig. 179.
beiden Schenkel der Darmschleife
um einander, sodass der hintere
Schenkel erst nach rechts und dann
über den anderen zu liegen kommt,
von welchen Verhältnissen ihnen
die halbschematische Fig. 179 eine
Anschauung gibt. Zugleich mit die-
ser Drehung treten auch in der sie-
benten Woche die ersten Windungen am Dünndarme auf, welche,
am Ende desselben und der Höhe der Schleife beginnend, bald
soweit zunehmen, dass schon in der achten Woche ein kleiner,
rundlicher Knäuel von fünf bis sechs Windungen im Nabelstrange
darin liegt. Im dritten Monate bilden sich nun die besprochene Dre-
hung und die Windungen noch mehr aus, während zugleich der
Dickdarm sich verlängert und der Darm wieder in die Unterleibs-
[Abbildung]

Fig. 179. Drei halbschematische Abbildungen zur Darstellung der Drehung
des Dickdarmes um den Dünndarm. v Magen, d Duodenum, t Dünndarm,
c Dickdarm.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0379" n="363"/><fw place="top" type="header">Entwicklung des Darmkanales.</fw><lb/>
den kann, wenn Sie bedenken wollen, dass die Scheide des Nabel-<lb/>
stranges, wie ich Ihnen früher mitgetheilt habe (St. 100), die Fort-<lb/>
setzung der Bauchhaut des Embryo ist.</p><lb/>
            <p>Während die besagte Schleife des Mitteldarmes theilweise im<note place="right">Drehung der<lb/>
Schleife des<lb/>
Mitteldarmes.</note><lb/>
Nabelstrange liegt, bleibt dieselbe nicht lange in ihren ursprüng-<lb/>
lichen einfachen Verhältnissen bestehen, vielmehr erleidet dieselbe<lb/>
bald einige wesentliche Veränderungen, die für die Auffassung der<lb/>
späteren Zustände von grosser Wichtigkeit sind. Das erste ist das<lb/>
Auftreten einer kleinen Anschwellung an dem hinteren Schenkel der<lb/>
Schleife in geringer Entfernung von dem Scheitel derselben, die bald<lb/>
einen kleinen stumpfen Anhang treibt, den Sie in der Fig. 177 dar-<lb/>
gestellt finden, wo derselbe jedoch nicht weiter bezeichnet ist. Die-<lb/>
ser Anhang ist die Anlage des <hi rendition="#i">Coecum</hi> mit dem <hi rendition="#i">Processus vermicularis</hi><lb/>
und ergibt sich mit dem Erscheinen desselben deutlich und klar,<lb/>
dass auch vom hinteren Schenkel der Schleife noch ein Theil zur<lb/>
Bildung des Dünndarmes verwendet wird, so wie dass der Dotter-<lb/>
gang oder der <hi rendition="#i">Ductus omphalo-mesentericus</hi>, der, so lange er erhalten<lb/>
ist, vom Scheitel der Schleife abgeht, mit dem Theile des Dünndar-<lb/>
mes verbunden ist, der später als <hi rendition="#i">Ileum</hi> erscheint. Kurze Zeit nach-<lb/>
dem diese Trennung von Dünndarm und Dickdarm deutlich geworden<lb/>
ist, was in der sechsten Woche geschieht, beginnt eine Drehung der<lb/><figure><head>Fig. 179.</head></figure><lb/>
beiden Schenkel der Darmschleife<lb/>
um einander, sodass der hintere<lb/>
Schenkel erst nach rechts und dann<lb/>
über den anderen zu liegen kommt,<lb/>
von welchen Verhältnissen ihnen<lb/>
die halbschematische Fig. 179 eine<lb/>
Anschauung gibt. Zugleich mit die-<lb/>
ser Drehung treten auch in der sie-<lb/>
benten Woche die ersten Windungen am Dünndarme auf, welche,<lb/>
am Ende desselben und der Höhe der Schleife beginnend, bald<lb/>
soweit zunehmen, dass schon in der achten Woche ein kleiner,<lb/>
rundlicher Knäuel von fünf bis sechs Windungen im Nabelstrange<lb/>
darin liegt. Im dritten Monate bilden sich nun die besprochene Dre-<lb/>
hung und die Windungen noch mehr aus, während zugleich der<lb/>
Dickdarm sich verlängert und der Darm wieder in die Unterleibs-<lb/><figure><p>Fig. 179. Drei halbschematische Abbildungen zur Darstellung der Drehung<lb/>
des Dickdarmes um den Dünndarm. <hi rendition="#i">v</hi> Magen, <hi rendition="#i">d Duodenum, t</hi> Dünndarm,<lb/><hi rendition="#i">c</hi> Dickdarm.</p></figure><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[363/0379] Entwicklung des Darmkanales. den kann, wenn Sie bedenken wollen, dass die Scheide des Nabel- stranges, wie ich Ihnen früher mitgetheilt habe (St. 100), die Fort- setzung der Bauchhaut des Embryo ist. Während die besagte Schleife des Mitteldarmes theilweise im Nabelstrange liegt, bleibt dieselbe nicht lange in ihren ursprüng- lichen einfachen Verhältnissen bestehen, vielmehr erleidet dieselbe bald einige wesentliche Veränderungen, die für die Auffassung der späteren Zustände von grosser Wichtigkeit sind. Das erste ist das Auftreten einer kleinen Anschwellung an dem hinteren Schenkel der Schleife in geringer Entfernung von dem Scheitel derselben, die bald einen kleinen stumpfen Anhang treibt, den Sie in der Fig. 177 dar- gestellt finden, wo derselbe jedoch nicht weiter bezeichnet ist. Die- ser Anhang ist die Anlage des Coecum mit dem Processus vermicularis und ergibt sich mit dem Erscheinen desselben deutlich und klar, dass auch vom hinteren Schenkel der Schleife noch ein Theil zur Bildung des Dünndarmes verwendet wird, so wie dass der Dotter- gang oder der Ductus omphalo-mesentericus, der, so lange er erhalten ist, vom Scheitel der Schleife abgeht, mit dem Theile des Dünndar- mes verbunden ist, der später als Ileum erscheint. Kurze Zeit nach- dem diese Trennung von Dünndarm und Dickdarm deutlich geworden ist, was in der sechsten Woche geschieht, beginnt eine Drehung der [Abbildung Fig. 179.] beiden Schenkel der Darmschleife um einander, sodass der hintere Schenkel erst nach rechts und dann über den anderen zu liegen kommt, von welchen Verhältnissen ihnen die halbschematische Fig. 179 eine Anschauung gibt. Zugleich mit die- ser Drehung treten auch in der sie- benten Woche die ersten Windungen am Dünndarme auf, welche, am Ende desselben und der Höhe der Schleife beginnend, bald soweit zunehmen, dass schon in der achten Woche ein kleiner, rundlicher Knäuel von fünf bis sechs Windungen im Nabelstrange darin liegt. Im dritten Monate bilden sich nun die besprochene Dre- hung und die Windungen noch mehr aus, während zugleich der Dickdarm sich verlängert und der Darm wieder in die Unterleibs- [Abbildung Fig. 179. Drei halbschematische Abbildungen zur Darstellung der Drehung des Dickdarmes um den Dünndarm. v Magen, d Duodenum, t Dünndarm, c Dickdarm.] Drehung der Schleife des Mitteldarmes.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/379
Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/379>, abgerufen am 22.11.2024.