Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.Fünfunddreissigste Vorlesung. beginnt der Kehlkopf zu verknorpeln und seine vier Hauptknorpeldeutlich zu werden, in welcher Beziehung ich Ihnen bemerken will, dass ich die alte Angabe von Fleischmann, dass Schild- und Ring- knorpel aus zwei getrennten Hälften sich bilden, nicht unterstützen kann. Fleischmann, der noch im vierten Monate die genannten Knor- pel als aus paarigen Stücken bestehend schildert, hat sich offenbar durch eine Furche täuschen lassen, die im dritten und vierten Mo- nate an der vorderen Fläche des Kehlkopfes sich befindet; hätte er Querschnitte untersucht, so hätte er sich leicht überzeugt, dass die zwei grossen Knorpel von Anfang an einfache Stücke sind. Ring- knorpel und Giessbeckenknorpel sind übrigens in frühen Zeiten un- verhältnissmässig dick, während der Schildknorpel erst später mehr sich ausbildet. Der Kehldeckel ist noch im dritten Monate eine ein- fache Querleiste und erhebt sich erst später langsam zu seiner ihm eigenthümlichen Gestalt. Die Kehlkopfstaschen und Bänder im In- nern des Kehlkopfes sah ich schon im vierten Monate. LuftröhreDie Luftröhre erhält ihre Knorpelringe um dieselbe Zeit wie Leber.Wir wenden uns nun zur Entwicklungsgeschichte der zweiten Fünfunddreissigste Vorlesung. beginnt der Kehlkopf zu verknorpeln und seine vier Hauptknorpeldeutlich zu werden, in welcher Beziehung ich Ihnen bemerken will, dass ich die alte Angabe von Fleischmann, dass Schild- und Ring- knorpel aus zwei getrennten Hälften sich bilden, nicht unterstützen kann. Fleischmann, der noch im vierten Monate die genannten Knor- pel als aus paarigen Stücken bestehend schildert, hat sich offenbar durch eine Furche täuschen lassen, die im dritten und vierten Mo- nate an der vorderen Fläche des Kehlkopfes sich befindet; hätte er Querschnitte untersucht, so hätte er sich leicht überzeugt, dass die zwei grossen Knorpel von Anfang an einfache Stücke sind. Ring- knorpel und Giessbeckenknorpel sind übrigens in frühen Zeiten un- verhältnissmässig dick, während der Schildknorpel erst später mehr sich ausbildet. Der Kehldeckel ist noch im dritten Monate eine ein- fache Querleiste und erhebt sich erst später langsam zu seiner ihm eigenthümlichen Gestalt. Die Kehlkopfstaschen und Bänder im In- nern des Kehlkopfes sah ich schon im vierten Monate. LuftröhreDie Luftröhre erhält ihre Knorpelringe um dieselbe Zeit wie Leber.Wir wenden uns nun zur Entwicklungsgeschichte der zweiten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0396" n="380"/><fw place="top" type="header">Fünfunddreissigste Vorlesung.</fw><lb/> beginnt der Kehlkopf zu verknorpeln und seine vier Hauptknorpel<lb/> deutlich zu werden, in welcher Beziehung ich Ihnen bemerken will,<lb/> dass ich die alte Angabe von <hi rendition="#k">Fleischmann</hi>, dass Schild- und Ring-<lb/> knorpel aus zwei getrennten Hälften sich bilden, nicht unterstützen<lb/> kann. <hi rendition="#k">Fleischmann</hi>, der noch im vierten Monate die genannten Knor-<lb/> pel als aus paarigen Stücken bestehend schildert, hat sich offenbar<lb/> durch eine Furche täuschen lassen, die im dritten und vierten Mo-<lb/> nate an der vorderen Fläche des Kehlkopfes sich befindet; hätte er<lb/> Querschnitte untersucht, so hätte er sich leicht überzeugt, dass die<lb/> zwei grossen Knorpel von Anfang an einfache Stücke sind. Ring-<lb/> knorpel und Giessbeckenknorpel sind übrigens in frühen Zeiten un-<lb/> verhältnissmässig dick, während der Schildknorpel erst später mehr<lb/> sich ausbildet. Der Kehldeckel ist noch im dritten Monate eine ein-<lb/> fache Querleiste und erhebt sich erst später langsam zu seiner ihm<lb/> eigenthümlichen Gestalt. Die Kehlkopfstaschen und Bänder im In-<lb/> nern des Kehlkopfes sah ich schon im vierten Monate.</p><lb/> <p><note place="left">Luftröhre</note>Die <hi rendition="#g">Luftröhre</hi> erhält ihre Knorpelringe um dieselbe Zeit wie<lb/> der Kehlkopf seine Knorpel, und ist auch hier von einer Bildung der-<lb/> selben aus zwei Hälften, die <hi rendition="#k">Fleischmann</hi> angegeben hatte, nichts zu<lb/> sehen. Nach diesem Autor scheint von Anfang an nicht die volle<lb/> Zahl der Ringe da zu sein, wenigstens zählte er in der zehnten Woche<lb/> deren nur sechszehn, in der achtzehnten Woche dagegen zwanzig.</p><lb/> <p><note place="left">Leber.</note>Wir wenden uns nun zur Entwicklungsgeschichte der zweiten<lb/> grossen Darmdrüse, der <hi rendition="#g">Leber</hi>. Die Leber ist beim Säugethier-<lb/> embryo und beim Menschen das drüsige Organ, welches nach den<lb/><hi rendition="#k">Wolff</hi>’schen Körpern zuerst entsteht und fällt ihr Auftreten beim<lb/><note place="left">Erste Bildung<lb/> der Leber.</note>Menschen in die dritte Woche. Beim Hühnchen zeigt sich die Le-<lb/> beranlage in der ersten Hälfte des dritten Tages (in der 55.—58.<lb/> Brütstunde nach <hi rendition="#k">Remak</hi>), später als der Urnierengang, aber eher frü-<lb/> her als die ersten Drüsenkanälchen der Urniere. Den Untersuchun-<lb/> gen der Mehrzahl der älteren Embryologen zufolge, zu denen in<lb/> neuerer Zeit auch <hi rendition="#k">Remak</hi> sich gesellt hat, darf es als ausgemacht be-<lb/> trachtet werden, dass beim Hühnchen die Leber uranfänglich in<lb/> Form von zwei Blindsäcken auftritt, die unmittelbar hinter der An-<lb/> lage des Magens aus der vorderen Wand des <hi rendition="#i">Duodenum</hi> hervorspros-<lb/> sen. Jeder dieser Blindsäcke besteht aus den zwei Ihnen nun wohl<lb/> hinreichend bekannten Schichten, aus einer Fortsetzung des Darm-<lb/> faserblattes und einer Verlängerung des Darmdrüsenblattes, und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [380/0396]
Fünfunddreissigste Vorlesung.
beginnt der Kehlkopf zu verknorpeln und seine vier Hauptknorpel
deutlich zu werden, in welcher Beziehung ich Ihnen bemerken will,
dass ich die alte Angabe von Fleischmann, dass Schild- und Ring-
knorpel aus zwei getrennten Hälften sich bilden, nicht unterstützen
kann. Fleischmann, der noch im vierten Monate die genannten Knor-
pel als aus paarigen Stücken bestehend schildert, hat sich offenbar
durch eine Furche täuschen lassen, die im dritten und vierten Mo-
nate an der vorderen Fläche des Kehlkopfes sich befindet; hätte er
Querschnitte untersucht, so hätte er sich leicht überzeugt, dass die
zwei grossen Knorpel von Anfang an einfache Stücke sind. Ring-
knorpel und Giessbeckenknorpel sind übrigens in frühen Zeiten un-
verhältnissmässig dick, während der Schildknorpel erst später mehr
sich ausbildet. Der Kehldeckel ist noch im dritten Monate eine ein-
fache Querleiste und erhebt sich erst später langsam zu seiner ihm
eigenthümlichen Gestalt. Die Kehlkopfstaschen und Bänder im In-
nern des Kehlkopfes sah ich schon im vierten Monate.
Die Luftröhre erhält ihre Knorpelringe um dieselbe Zeit wie
der Kehlkopf seine Knorpel, und ist auch hier von einer Bildung der-
selben aus zwei Hälften, die Fleischmann angegeben hatte, nichts zu
sehen. Nach diesem Autor scheint von Anfang an nicht die volle
Zahl der Ringe da zu sein, wenigstens zählte er in der zehnten Woche
deren nur sechszehn, in der achtzehnten Woche dagegen zwanzig.
Luftröhre
Wir wenden uns nun zur Entwicklungsgeschichte der zweiten
grossen Darmdrüse, der Leber. Die Leber ist beim Säugethier-
embryo und beim Menschen das drüsige Organ, welches nach den
Wolff’schen Körpern zuerst entsteht und fällt ihr Auftreten beim
Menschen in die dritte Woche. Beim Hühnchen zeigt sich die Le-
beranlage in der ersten Hälfte des dritten Tages (in der 55.—58.
Brütstunde nach Remak), später als der Urnierengang, aber eher frü-
her als die ersten Drüsenkanälchen der Urniere. Den Untersuchun-
gen der Mehrzahl der älteren Embryologen zufolge, zu denen in
neuerer Zeit auch Remak sich gesellt hat, darf es als ausgemacht be-
trachtet werden, dass beim Hühnchen die Leber uranfänglich in
Form von zwei Blindsäcken auftritt, die unmittelbar hinter der An-
lage des Magens aus der vorderen Wand des Duodenum hervorspros-
sen. Jeder dieser Blindsäcke besteht aus den zwei Ihnen nun wohl
hinreichend bekannten Schichten, aus einer Fortsetzung des Darm-
faserblattes und einer Verlängerung des Darmdrüsenblattes, und
Leber.
Erste Bildung
der Leber.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |