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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Fünfte Vorlesung.
bilde auf (Fig. 3, 4), welche neben den Furchungskugeln liegen,
deren Ursprung und Bedeutung noch nicht aufgehellt ist, insofern als
man sie bald für Abkömmlinge des Keimfleckes, bald für Inhaltstheile
des Keimbläschens, bald für losgelöste Theile der mehr flüssigen
Substanz des Dotters gehalten hat und denen von der einen Seite
eine grosse, von der andern gar keine Wichtigkeit beigelegt wurde.
Wahrscheinlich, wenn auch nicht ganz sicher, ist, dass sie von der
Bindesubstanz der Dotterelemente herrühren, und sicher, dass sie
für die Furchung und die Bildung des Embryo von keinem weitern
Belange sind.

Erklärung
der Furchung.
Wie Sie sehen, ist das Morphologische des Furchungsprocesses
sehr einfach und leicht aufzufassen. Schwierigkeiten zeigen sich
erst, wenn wir uns fragen, was diesem Furchungsprocesse zu Grunde
liegt und welche Bedeutung die Dotterabschnitte in histologischer
Beziehung haben. Ohne Sie mit der Schilderung der langwierigen
Discussionen über diese Puncte zu behelligen, will ich mich kurz
dahin aussprechen, dass, meiner Meinung nach, wie ich es schon in
den Jahren 1843 und 1844 aufstellte, der ganze Vorgang eine Art
Zellenvermehrungsprocess ist, bedingt durch die Vermehrung der
Kerne der Furchungskugeln (Fig. 7). Nach dem Schwinden des

[Abbildung] Fig. 7.
Keimbläschens bildet sich im
ersten Stadium ein neuer Kern
mit einem Kernkörperchen im
Innern des Dotters, der sich
dann um denselben zusammen-
ballt. Im zweiten Stadium
theilt sich der Kern in zwei, von
denen jeder von einer Hälfte des Dotters umgeben wird. Im dritten
Stadium zerfallen diese zwei Kerne in vier und entstehen vier Ku-
geln. So geht es fort, bis zum Zerfallen des Dotters in viele und
kleine Theile. Die Bildung des ersten Kernes bedingt somit die Bil-
dung der ersten Kugel, die Theilung derselben die erste Theilung
des Dotters und so weiter. Nie theilt sich eine Kugel, bevor die-
selbe nicht zwei Kerne erhalten hat. -- Niemand wird leugnen kön-
nen, dass der ganze Vorgang der Zellenvermehrung durch Theilung
[Abbildung]

Fig. 7. Drei Eier von Ascaris nigrovenosa, 1. aus dem zweiten, 2. aus dem
dritten und 3. aus dem fünften Stadium der Furchung mit 2, 4 und 16 Fur-
chungskugeln, a. äussere Eihülle, b. Furchungskugeln. In 1 enthält der Kern
der untern Kugel zwei Nucleoli, in 2 die unterste Kugel zwei Nuclei.

Fünfte Vorlesung.
bilde auf (Fig. 3, 4), welche neben den Furchungskugeln liegen,
deren Ursprung und Bedeutung noch nicht aufgehellt ist, insofern als
man sie bald für Abkömmlinge des Keimfleckes, bald für Inhaltstheile
des Keimbläschens, bald für losgelöste Theile der mehr flüssigen
Substanz des Dotters gehalten hat und denen von der einen Seite
eine grosse, von der andern gar keine Wichtigkeit beigelegt wurde.
Wahrscheinlich, wenn auch nicht ganz sicher, ist, dass sie von der
Bindesubstanz der Dotterelemente herrühren, und sicher, dass sie
für die Furchung und die Bildung des Embryo von keinem weitern
Belange sind.

Erklärung
der Furchung.
Wie Sie sehen, ist das Morphologische des Furchungsprocesses
sehr einfach und leicht aufzufassen. Schwierigkeiten zeigen sich
erst, wenn wir uns fragen, was diesem Furchungsprocesse zu Grunde
liegt und welche Bedeutung die Dotterabschnitte in histologischer
Beziehung haben. Ohne Sie mit der Schilderung der langwierigen
Discussionen über diese Puncte zu behelligen, will ich mich kurz
dahin aussprechen, dass, meiner Meinung nach, wie ich es schon in
den Jahren 1843 und 1844 aufstellte, der ganze Vorgang eine Art
Zellenvermehrungsprocess ist, bedingt durch die Vermehrung der
Kerne der Furchungskugeln (Fig. 7). Nach dem Schwinden des

[Abbildung] Fig. 7.
Keimbläschens bildet sich im
ersten Stadium ein neuer Kern
mit einem Kernkörperchen im
Innern des Dotters, der sich
dann um denselben zusammen-
ballt. Im zweiten Stadium
theilt sich der Kern in zwei, von
denen jeder von einer Hälfte des Dotters umgeben wird. Im dritten
Stadium zerfallen diese zwei Kerne in vier und entstehen vier Ku-
geln. So geht es fort, bis zum Zerfallen des Dotters in viele und
kleine Theile. Die Bildung des ersten Kernes bedingt somit die Bil-
dung der ersten Kugel, die Theilung derselben die erste Theilung
des Dotters und so weiter. Nie theilt sich eine Kugel, bevor die-
selbe nicht zwei Kerne erhalten hat. — Niemand wird leugnen kön-
nen, dass der ganze Vorgang der Zellenvermehrung durch Theilung
[Abbildung]

Fig. 7. Drei Eier von Ascaris nigrovenosa, 1. aus dem zweiten, 2. aus dem
dritten und 3. aus dem fünften Stadium der Furchung mit 2, 4 und 16 Fur-
chungskugeln, a. äussere Eihülle, b. Furchungskugeln. In 1 enthält der Kern
der untern Kugel zwei Nucleoli, in 2 die unterste Kugel zwei Nuclei.

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[30/0046] Fünfte Vorlesung. bilde auf (Fig. 3, 4), welche neben den Furchungskugeln liegen, deren Ursprung und Bedeutung noch nicht aufgehellt ist, insofern als man sie bald für Abkömmlinge des Keimfleckes, bald für Inhaltstheile des Keimbläschens, bald für losgelöste Theile der mehr flüssigen Substanz des Dotters gehalten hat und denen von der einen Seite eine grosse, von der andern gar keine Wichtigkeit beigelegt wurde. Wahrscheinlich, wenn auch nicht ganz sicher, ist, dass sie von der Bindesubstanz der Dotterelemente herrühren, und sicher, dass sie für die Furchung und die Bildung des Embryo von keinem weitern Belange sind. Wie Sie sehen, ist das Morphologische des Furchungsprocesses sehr einfach und leicht aufzufassen. Schwierigkeiten zeigen sich erst, wenn wir uns fragen, was diesem Furchungsprocesse zu Grunde liegt und welche Bedeutung die Dotterabschnitte in histologischer Beziehung haben. Ohne Sie mit der Schilderung der langwierigen Discussionen über diese Puncte zu behelligen, will ich mich kurz dahin aussprechen, dass, meiner Meinung nach, wie ich es schon in den Jahren 1843 und 1844 aufstellte, der ganze Vorgang eine Art Zellenvermehrungsprocess ist, bedingt durch die Vermehrung der Kerne der Furchungskugeln (Fig. 7). Nach dem Schwinden des [Abbildung Fig. 7.] Keimbläschens bildet sich im ersten Stadium ein neuer Kern mit einem Kernkörperchen im Innern des Dotters, der sich dann um denselben zusammen- ballt. Im zweiten Stadium theilt sich der Kern in zwei, von denen jeder von einer Hälfte des Dotters umgeben wird. Im dritten Stadium zerfallen diese zwei Kerne in vier und entstehen vier Ku- geln. So geht es fort, bis zum Zerfallen des Dotters in viele und kleine Theile. Die Bildung des ersten Kernes bedingt somit die Bil- dung der ersten Kugel, die Theilung derselben die erste Theilung des Dotters und so weiter. Nie theilt sich eine Kugel, bevor die- selbe nicht zwei Kerne erhalten hat. — Niemand wird leugnen kön- nen, dass der ganze Vorgang der Zellenvermehrung durch Theilung [Abbildung Fig. 7. Drei Eier von Ascaris nigrovenosa, 1. aus dem zweiten, 2. aus dem dritten und 3. aus dem fünften Stadium der Furchung mit 2, 4 und 16 Fur- chungskugeln, a. äussere Eihülle, b. Furchungskugeln. In 1 enthält der Kern der untern Kugel zwei Nucleoli, in 2 die unterste Kugel zwei Nuclei.] Erklärung der Furchung.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/46>, abgerufen am 21.11.2024.