Körner, Josef: Einführung in die Poetik. Frankfurt (Main), 1949.pko_036.001 pko_036.009 2. Der Silben- oder Endreim besteht im Gleichklang einer oder pko_036.010 pko_036.026 pko_036.031 pko_036.032 1) pko_036.033 Heine (Walzel) II, S. 357 reimt, offenbar jüdelnd: Moschus -- Wohlfahrts ausschuß. 2) pko_036.035
Sie ist ein beliebtes Bindungsmittel in der romanischen Dichtung, bes. im spanischen pko_036.036 Drama und Romanzero, und wurde von dort im Zeitalter der Romantiker pko_036.037 auf deutsche Dichtung übertragen (Tieck, Brentano). pko_036.001 pko_036.009 2. Der Silben- oder Endreim besteht im Gleichklang einer oder pko_036.010 pko_036.026 pko_036.031 pko_036.032 1) pko_036.033 Heine (Walzel) II, S. 357 reimt, offenbar jüdelnd: Moschus — Wohlfahrts ausschuß. 2) pko_036.035
Sie ist ein beliebtes Bindungsmittel in der romanischen Dichtung, bes. im spanischen pko_036.036 Drama und Romanzero, und wurde von dort im Zeitalter der Romantiker pko_036.037 auf deutsche Dichtung übertragen (Tieck, Brentano). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0040" n="36"/><lb n="pko_036.001"/> noch ungeklärt. Es handelt sich dabei (s. o. S. 27) um den Gleichklang <lb n="pko_036.002"/> der Stamm-Anlaute betonter Worte (Anfangsreim), wie er auch in Redewendungen <lb n="pko_036.003"/> des Alltags vorkommt: Kind und Kegel, Haus und Hof, <lb n="pko_036.004"/> Wind und Wetter, gut und gern, bitter und böse, biegen oder brechen, <lb n="pko_036.005"/> gäng und gäbe. Die Alliteration ist ausschließlich Konsonantenreim, <lb n="pko_036.006"/> denn daß auch Vokale staben konnten, und zwar alle durcheinander <lb n="pko_036.007"/> (also a unterschiedslos mit e, i, o, u), erklärt sich daraus, daß man den <lb n="pko_036.008"/> Vokaleinsatz bei starkbetonter Silbe als Konsonant empfand.</p> </div> <div n="7"> <lb n="pko_036.009"/> <head>2.</head> <p>Der <hi rendition="#i">Silben-</hi> oder <hi rendition="#i">Endreim</hi> besteht im Gleichklang einer oder <lb n="pko_036.010"/> mehrerer Silben bei verschiedenem Anlaut der ersten Reimsilbe; stimmen <lb n="pko_036.011"/> die Reimsilben in Vokalen und Konsonanten genau überein, so heißt der <lb n="pko_036.012"/> Reim <hi rendition="#i">rein</hi> (Traum — Baum; Wunde — Kunde); ist Vokal oder Konsonant <lb n="pko_036.013"/> etwas verschieden, so heißt er <hi rendition="#i">unrein</hi> (sprießen — grüßen; Gruß — <lb n="pko_036.014"/> Kuß; reiten — meiden); erklärt sich die (graphische) Verschiedenheit aus <lb n="pko_036.015"/> mundartlicher Aussprache, so heißt er <hi rendition="#i">dialektisch:</hi> dergestalt reimte z. B. <lb n="pko_036.016"/> der Schwabe Schiller: Menschen — wünschen<note xml:id="PKO_036_1" place="foot" n="1)"><lb n="pko_036.033"/> Heine (Walzel) II, S. 357 reimt, offenbar jüdelnd: <hi rendition="#g">Moschus</hi> — Wohlfahrts <hi rendition="#g">ausschuß.</hi></note> <lb n="pko_036.034"/> . Reimt auch der Anlaut <lb n="pko_036.017"/> der Reimsilbe, so heißt der Reim <hi rendition="#i">rührend:</hi> du hast — die Hast; doch sind <lb n="pko_036.018"/> rührend reimende Wörter nur erlaubt, wenn sie verschiedene Bedeutung <lb n="pko_036.019"/> haben. Ist das konsonantische Element überhaupt nicht am Gleichklang <lb n="pko_036.020"/> beteiligt, so sprechen wir von <hi rendition="#i">Assonanz</hi><note xml:id="PKO_036_2" place="foot" n="2)"><lb n="pko_036.035"/> Sie ist ein beliebtes Bindungsmittel in der romanischen Dichtung, bes. im spanischen <lb n="pko_036.036"/> Drama und Romanzero, und wurde von dort im Zeitalter der Romantiker <lb n="pko_036.037"/> auf deutsche Dichtung übertragen (Tieck, Brentano).</note> (lat. „Anklang“): Stab — <lb n="pko_036.021"/> Macht; sehen — regen; loben — stoßen. Vollreim wie Assonanz erscheinen <lb n="pko_036.022"/> auch in ständigen Redensarten der Verkehrssprache: Knall und <lb n="pko_036.023"/> Fall, Saus und Braus, schlecht und recht, Sang und Klang, holterdipolter; <lb n="pko_036.024"/> kurz und gut, mit Wissen und Willen, von gutem Schrot und Korn, <lb n="pko_036.025"/> Leute von Rang und Stand.</p> <p><lb n="pko_036.026"/> Reim, Assonanz, Alliteration entspringen und entsprechen dem <lb n="pko_036.027"/> Wunsche, die Glieder einer rhythmisch gebundenen Rede klanglich wie <lb n="pko_036.028"/> inhaltlich in eine dem Ohr und Auge wahrnehmbare engere Beziehung <lb n="pko_036.029"/> zu setzen; der Reim kennzeichnet obendrein auch den Aufbau der <lb n="pko_036.030"/> Strophe.</p> <p><lb n="pko_036.031"/> Die <hi rendition="#i">Formen des Endreims</hi> werden unterschieden:</p> <p><lb n="pko_036.032"/> a) nach der Zahl der reimenden Silben</p> <p/> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [36/0040]
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noch ungeklärt. Es handelt sich dabei (s. o. S. 27) um den Gleichklang pko_036.002
der Stamm-Anlaute betonter Worte (Anfangsreim), wie er auch in Redewendungen pko_036.003
des Alltags vorkommt: Kind und Kegel, Haus und Hof, pko_036.004
Wind und Wetter, gut und gern, bitter und böse, biegen oder brechen, pko_036.005
gäng und gäbe. Die Alliteration ist ausschließlich Konsonantenreim, pko_036.006
denn daß auch Vokale staben konnten, und zwar alle durcheinander pko_036.007
(also a unterschiedslos mit e, i, o, u), erklärt sich daraus, daß man den pko_036.008
Vokaleinsatz bei starkbetonter Silbe als Konsonant empfand.
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2.Der Silben- oder Endreim besteht im Gleichklang einer oder pko_036.010
mehrerer Silben bei verschiedenem Anlaut der ersten Reimsilbe; stimmen pko_036.011
die Reimsilben in Vokalen und Konsonanten genau überein, so heißt der pko_036.012
Reim rein (Traum — Baum; Wunde — Kunde); ist Vokal oder Konsonant pko_036.013
etwas verschieden, so heißt er unrein (sprießen — grüßen; Gruß — pko_036.014
Kuß; reiten — meiden); erklärt sich die (graphische) Verschiedenheit aus pko_036.015
mundartlicher Aussprache, so heißt er dialektisch: dergestalt reimte z. B. pko_036.016
der Schwabe Schiller: Menschen — wünschen 1) pko_036.034
. Reimt auch der Anlaut pko_036.017
der Reimsilbe, so heißt der Reim rührend: du hast — die Hast; doch sind pko_036.018
rührend reimende Wörter nur erlaubt, wenn sie verschiedene Bedeutung pko_036.019
haben. Ist das konsonantische Element überhaupt nicht am Gleichklang pko_036.020
beteiligt, so sprechen wir von Assonanz 2) (lat. „Anklang“): Stab — pko_036.021
Macht; sehen — regen; loben — stoßen. Vollreim wie Assonanz erscheinen pko_036.022
auch in ständigen Redensarten der Verkehrssprache: Knall und pko_036.023
Fall, Saus und Braus, schlecht und recht, Sang und Klang, holterdipolter; pko_036.024
kurz und gut, mit Wissen und Willen, von gutem Schrot und Korn, pko_036.025
Leute von Rang und Stand.
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Reim, Assonanz, Alliteration entspringen und entsprechen dem pko_036.027
Wunsche, die Glieder einer rhythmisch gebundenen Rede klanglich wie pko_036.028
inhaltlich in eine dem Ohr und Auge wahrnehmbare engere Beziehung pko_036.029
zu setzen; der Reim kennzeichnet obendrein auch den Aufbau der pko_036.030
Strophe.
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Die Formen des Endreims werden unterschieden:
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a) nach der Zahl der reimenden Silben
1) pko_036.033
Heine (Walzel) II, S. 357 reimt, offenbar jüdelnd: Moschus — Wohlfahrts ausschuß.
2) pko_036.035
Sie ist ein beliebtes Bindungsmittel in der romanischen Dichtung, bes. im spanischen pko_036.036
Drama und Romanzero, und wurde von dort im Zeitalter der Romantiker pko_036.037
auf deutsche Dichtung übertragen (Tieck, Brentano).
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Zitationshilfe: | Körner, Josef: Einführung in die Poetik. Frankfurt (Main), 1949, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koerner_poetik_1949/40>, abgerufen am 27.07.2024. |