Körner, Josef: Einführung in die Poetik. Frankfurt (Main), 1949.pko_044.001 pko_044.005 pko_044.009 pko_044.016 pko_044.023 pko_044.027 b) Erzählung in ungebundener Rede (Prosaepik). pko_044.028 pko_044.001 pko_044.005 pko_044.009 pko_044.016 pko_044.023 pko_044.027 b) Erzählung in ungebundener Rede (Prosaepik). pko_044.028 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0048" n="44"/><lb n="pko_044.001"/> heil. Wladimir“). Vom komischen Epos unterscheidet sich das <hi rendition="#i">humoristische,</hi> <lb n="pko_044.002"/> das weniger durch formalen Scherz, als durch inhaltliche und <lb n="pko_044.003"/> gehaltliche Laune das Lachen erregen will (Heine, Busch, Watzliks <lb n="pko_044.004"/> „Stilzel“).</p> <p><lb n="pko_044.005"/> Eine Art Verbindung von komischem (parodirendem) und humoristischem <lb n="pko_044.006"/> (satirischem) Epos stellt das <hi rendition="#i">Tierepos</hi> dar, das im Bilde der <lb n="pko_044.007"/> Tierwelt die Schwächen und Torheiten des menschlichen Gesellschaftslebens <lb n="pko_044.008"/> bloßstellt (Goethe: „Reineke Fuchs“; Heine: „Atta Troll“).</p> <p><lb n="pko_044.009"/> Im 20. Jahrhundert hat das große Versepos eine Wiedergeburt erlebt, <lb n="pko_044.010"/> und zwar in nahezu allen seinen möglichen Formen; die großen Leistungen <lb n="pko_044.011"/> dieser Zeit sind die weltanschaulichen Epen von Spitteler („Olympischer <lb n="pko_044.012"/> Frühling“), Däubler („Nordlicht“) und Gerhart Hauptmann („Till <lb n="pko_044.013"/> Eulenspiegel“, „Der große Traum“); als Kuriosität sei „Der große <lb n="pko_044.014"/> Plan“ des Expressionisten Johannes R. Becher gebucht, ein Versepos auf <lb n="pko_044.015"/> den sowjetrussischen Fünfjahresplan.</p> <p><lb n="pko_044.016"/> 2. Das <hi rendition="#i">idyllische Epos</hi> ist die Mittelform des Versepos; es gestaltet <lb n="pko_044.017"/> im Stil und Metrum des großen Heldengedichts, aber ohne parodische <lb n="pko_044.018"/> Absicht, kleinbürgerliches Stilleben (Voß: „Luise“; Goethe: „Hermann <lb n="pko_044.019"/> und Dorothea“; Mörike: „Idylle vom Bodensee“; G. Hauptmann: <lb n="pko_044.020"/> „Anna“). Wird die gebundene Rede nur zur äußeren Einkleidung einer <lb n="pko_044.021"/> nicht alltäglichen Geschichte gebraucht, so spricht man von <hi rendition="#i">Versnovelle</hi> <lb n="pko_044.022"/> (Paul Heyse: „Novellen in Versen“).</p> <p><lb n="pko_044.023"/> 3. Die Kleinformen der Verserzählung stehen an der Grenze der <lb n="pko_044.024"/> Lyrik, die sie überschreiten, wenn das mitgeteilte Ereignis nur Symbol <lb n="pko_044.025"/> eines Gefühls- oder Denk-Erlebnisses sein will <hi rendition="#i">(poetische Erzählung;</hi> <lb n="pko_044.026"/> vgl. o. S. 40 über Ballade und Romanze).</p> </div> <div n="5"> <head> <hi rendition="#c"><lb n="pko_044.027"/> b) <hi rendition="#i">Erzählung in ungebundener Rede (Prosaepik).</hi></hi> </head> <p><lb n="pko_044.028"/> Die Versepik hat ihr eigentümliches Wesen, ihren besonderen Stil <lb n="pko_044.029"/> davon, daß sie ursprünglich auf akustische Wirkung angelegt, für den <lb n="pko_044.030"/> lauten Vortrag bestimmt war; ungebundene Erzählung ist von vornherein <lb n="pko_044.031"/> für stilles Lesen bestimmt, ja sie verdankt ihren Ursprung, d. i. <lb n="pko_044.032"/> den Übergang gebundener Epik in prosaische, dem umstürzenden Wandel <lb n="pko_044.033"/> des spätmittelalterlichen Publikums aus Zuhörern einer adeligen <lb n="pko_044.034"/> Gesellschaft in Leser einer einsamen bürgerlichen Stube; die Erfindung <lb n="pko_044.035"/> des Buchdrucks hat diesen Prozeß beschleunigt und besiegelt.</p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0048]
pko_044.001
heil. Wladimir“). Vom komischen Epos unterscheidet sich das humoristische, pko_044.002
das weniger durch formalen Scherz, als durch inhaltliche und pko_044.003
gehaltliche Laune das Lachen erregen will (Heine, Busch, Watzliks pko_044.004
„Stilzel“).
pko_044.005
Eine Art Verbindung von komischem (parodirendem) und humoristischem pko_044.006
(satirischem) Epos stellt das Tierepos dar, das im Bilde der pko_044.007
Tierwelt die Schwächen und Torheiten des menschlichen Gesellschaftslebens pko_044.008
bloßstellt (Goethe: „Reineke Fuchs“; Heine: „Atta Troll“).
pko_044.009
Im 20. Jahrhundert hat das große Versepos eine Wiedergeburt erlebt, pko_044.010
und zwar in nahezu allen seinen möglichen Formen; die großen Leistungen pko_044.011
dieser Zeit sind die weltanschaulichen Epen von Spitteler („Olympischer pko_044.012
Frühling“), Däubler („Nordlicht“) und Gerhart Hauptmann („Till pko_044.013
Eulenspiegel“, „Der große Traum“); als Kuriosität sei „Der große pko_044.014
Plan“ des Expressionisten Johannes R. Becher gebucht, ein Versepos auf pko_044.015
den sowjetrussischen Fünfjahresplan.
pko_044.016
2. Das idyllische Epos ist die Mittelform des Versepos; es gestaltet pko_044.017
im Stil und Metrum des großen Heldengedichts, aber ohne parodische pko_044.018
Absicht, kleinbürgerliches Stilleben (Voß: „Luise“; Goethe: „Hermann pko_044.019
und Dorothea“; Mörike: „Idylle vom Bodensee“; G. Hauptmann: pko_044.020
„Anna“). Wird die gebundene Rede nur zur äußeren Einkleidung einer pko_044.021
nicht alltäglichen Geschichte gebraucht, so spricht man von Versnovelle pko_044.022
(Paul Heyse: „Novellen in Versen“).
pko_044.023
3. Die Kleinformen der Verserzählung stehen an der Grenze der pko_044.024
Lyrik, die sie überschreiten, wenn das mitgeteilte Ereignis nur Symbol pko_044.025
eines Gefühls- oder Denk-Erlebnisses sein will (poetische Erzählung; pko_044.026
vgl. o. S. 40 über Ballade und Romanze).
pko_044.027
b) Erzählung in ungebundener Rede (Prosaepik). pko_044.028
Die Versepik hat ihr eigentümliches Wesen, ihren besonderen Stil pko_044.029
davon, daß sie ursprünglich auf akustische Wirkung angelegt, für den pko_044.030
lauten Vortrag bestimmt war; ungebundene Erzählung ist von vornherein pko_044.031
für stilles Lesen bestimmt, ja sie verdankt ihren Ursprung, d. i. pko_044.032
den Übergang gebundener Epik in prosaische, dem umstürzenden Wandel pko_044.033
des spätmittelalterlichen Publikums aus Zuhörern einer adeligen pko_044.034
Gesellschaft in Leser einer einsamen bürgerlichen Stube; die Erfindung pko_044.035
des Buchdrucks hat diesen Prozeß beschleunigt und besiegelt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |