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Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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und da ist auch der Krampf vorübergegangen. Wie ich mich wieder als Lebendigen gesehen habe, es hat mich selbst gewundert, da ist mir, ich weiß nicht wie, der Birnbaum draußen vor dem Fenster eingefallen, daß der heuer nicht blühen will. Was meint Ihr, was mir in jener Nacht für ein Gedanke auf und zugegangen ist? Der Baum will nicht blühen, weil er gut weiß, daß Waczlaw Smetana noch heuer in die Grube fahren wird, und dann ist kein Mensch da, außer Einem, und der wird sich freuen, daß ich gestorben bin. Da hab' ich mir vorgenommen: wie der Morgen kommt, da machst du dich auf den Weg und gehst zu deinem Sohn! So schlecht wird er nicht sein, daß er den alten Vater nicht ins Haus lassen wird, weil der ihn zehn Jahre nicht in sein Haus gelassen hat. Und endlich ist mir noch eingefallen, wie mein Pawel so gar schlecht nicht leben kann, wenn er mit der Judentochter schon zehn Jahre beisammen ist, und man hört nichts Besonderes von ihr. Es hat noch kein Mensch sagen können, was denn eigentlich mit meiner Schwiegertochter ist, nichts im Guten und nichts im Bösen.

Sie ist ja doch getauft, unterbrach ihn Josseph, forschend den Bauer anblickend.

Was hat mich denn vom ersten Augenblick an so aufgebracht, daß man Waczlaw Smetana auf zehn Meilen in der Runde es hat angesehen, daß sein Sohn eine Jüdin zum Weibe hat? Müssen denn die Leute

und da ist auch der Krampf vorübergegangen. Wie ich mich wieder als Lebendigen gesehen habe, es hat mich selbst gewundert, da ist mir, ich weiß nicht wie, der Birnbaum draußen vor dem Fenster eingefallen, daß der heuer nicht blühen will. Was meint Ihr, was mir in jener Nacht für ein Gedanke auf und zugegangen ist? Der Baum will nicht blühen, weil er gut weiß, daß Waczlaw Smetana noch heuer in die Grube fahren wird, und dann ist kein Mensch da, außer Einem, und der wird sich freuen, daß ich gestorben bin. Da hab' ich mir vorgenommen: wie der Morgen kommt, da machst du dich auf den Weg und gehst zu deinem Sohn! So schlecht wird er nicht sein, daß er den alten Vater nicht ins Haus lassen wird, weil der ihn zehn Jahre nicht in sein Haus gelassen hat. Und endlich ist mir noch eingefallen, wie mein Pawel so gar schlecht nicht leben kann, wenn er mit der Judentochter schon zehn Jahre beisammen ist, und man hört nichts Besonderes von ihr. Es hat noch kein Mensch sagen können, was denn eigentlich mit meiner Schwiegertochter ist, nichts im Guten und nichts im Bösen.

Sie ist ja doch getauft, unterbrach ihn Josseph, forschend den Bauer anblickend.

Was hat mich denn vom ersten Augenblick an so aufgebracht, daß man Waczlaw Smetana auf zehn Meilen in der Runde es hat angesehen, daß sein Sohn eine Jüdin zum Weibe hat? Müssen denn die Leute

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[0121] und da ist auch der Krampf vorübergegangen. Wie ich mich wieder als Lebendigen gesehen habe, es hat mich selbst gewundert, da ist mir, ich weiß nicht wie, der Birnbaum draußen vor dem Fenster eingefallen, daß der heuer nicht blühen will. Was meint Ihr, was mir in jener Nacht für ein Gedanke auf und zugegangen ist? Der Baum will nicht blühen, weil er gut weiß, daß Waczlaw Smetana noch heuer in die Grube fahren wird, und dann ist kein Mensch da, außer Einem, und der wird sich freuen, daß ich gestorben bin. Da hab' ich mir vorgenommen: wie der Morgen kommt, da machst du dich auf den Weg und gehst zu deinem Sohn! So schlecht wird er nicht sein, daß er den alten Vater nicht ins Haus lassen wird, weil der ihn zehn Jahre nicht in sein Haus gelassen hat. Und endlich ist mir noch eingefallen, wie mein Pawel so gar schlecht nicht leben kann, wenn er mit der Judentochter schon zehn Jahre beisammen ist, und man hört nichts Besonderes von ihr. Es hat noch kein Mensch sagen können, was denn eigentlich mit meiner Schwiegertochter ist, nichts im Guten und nichts im Bösen. Sie ist ja doch getauft, unterbrach ihn Josseph, forschend den Bauer anblickend. Was hat mich denn vom ersten Augenblick an so aufgebracht, daß man Waczlaw Smetana auf zehn Meilen in der Runde es hat angesehen, daß sein Sohn eine Jüdin zum Weibe hat? Müssen denn die Leute

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:25:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:25:39Z)

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Zitationshilfe: Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/121>, abgerufen am 30.11.2024.