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Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Der 16. Mai war gekommen -- das Fest des heiligen Johann von Nepomuk. Gleichzeitig mit dem achttägigen Bittgange zu dem böhmischen Landespatron war auch das holde Fest Sebuoth, die jüdischen Pfingsten, in das einzige Judenhaus des Dorfes eingekehrt. Während Fischele zur Ehre der zehn Gebote, was nur immer in der Stube stichhältig war, mit grünem Laubwerk und Blumen bekränzte, damit die Babe, meinte er, doch auch wisse, wie es an diesem Tage in der Synagoge aussehe, waren draußen auf der Brücke andere Hände geschäftig, den Heiligen zu schmücken, der alle Flüsse und Bäche dem Volke geheiligt hat, seitdem sie von der Prager Brücke in die stillen nächtlichen Fluten der Moldau jenen schweigsamen Priester geworfen haben.

Unter allen Heiligen der katholischen Kirche ist St. Johann von Nepomuk's Glorienschein der am weitesten hin leuchtende; aus den stillen Fluten der Moldau hat sich vor Jahrhunderten ein Lichtschimmer ergossen, der noch jetzt von den fünf Sternen, mit denen das Volk den Kopf des Heiligen umgiebt, in tausend Seelen sich ergießt. Der Strahlenglanz, der von feinem Haupte ausgeht, legte sich einst nicht prächtiger um die Krippe des bethlehemitischen Kindes -- das Volk selbst hat ihn zu seinem Heiligen gemacht. Die Menschennatur hat hier im dunkeln Drange den rechten Weg gefunden. Jener bleiche Priester, der selbst um den Preis eines grauenhaften Todes die

Der 16. Mai war gekommen — das Fest des heiligen Johann von Nepomuk. Gleichzeitig mit dem achttägigen Bittgange zu dem böhmischen Landespatron war auch das holde Fest Sebuoth, die jüdischen Pfingsten, in das einzige Judenhaus des Dorfes eingekehrt. Während Fischele zur Ehre der zehn Gebote, was nur immer in der Stube stichhältig war, mit grünem Laubwerk und Blumen bekränzte, damit die Babe, meinte er, doch auch wisse, wie es an diesem Tage in der Synagoge aussehe, waren draußen auf der Brücke andere Hände geschäftig, den Heiligen zu schmücken, der alle Flüsse und Bäche dem Volke geheiligt hat, seitdem sie von der Prager Brücke in die stillen nächtlichen Fluten der Moldau jenen schweigsamen Priester geworfen haben.

Unter allen Heiligen der katholischen Kirche ist St. Johann von Nepomuk's Glorienschein der am weitesten hin leuchtende; aus den stillen Fluten der Moldau hat sich vor Jahrhunderten ein Lichtschimmer ergossen, der noch jetzt von den fünf Sternen, mit denen das Volk den Kopf des Heiligen umgiebt, in tausend Seelen sich ergießt. Der Strahlenglanz, der von feinem Haupte ausgeht, legte sich einst nicht prächtiger um die Krippe des bethlehemitischen Kindes — das Volk selbst hat ihn zu seinem Heiligen gemacht. Die Menschennatur hat hier im dunkeln Drange den rechten Weg gefunden. Jener bleiche Priester, der selbst um den Preis eines grauenhaften Todes die

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:25:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:25:39Z)

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Zitationshilfe: Kompert, Leopold: Eine Verlorene. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 95–309. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kompert_verlorene_1910/139>, abgerufen am 28.11.2024.