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Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Ciccio mit einer schwachen Kerze immer anders und anders anleuchtete, so daß Alle, selbst der Richter, getäuscht wurden, um so mehr, weil Sacchetti unbemerkt nachschlich und in Eil immer mit Kreide das Datum an den Fässern veränderte. Als Granco nun kein Ende und immer anderes Datum sah, ging es ihm über den Spaß, und er dachte bei sich: Hier hat der Teufel sein Spiel; solch einen langen Keller hab' ich mein Lebtag nicht gesehen! -- Wie aber ward ihm zu Muthe, als sie auf den freien Platz kamen und hinter einem Zaun von Dornen die lustigen Gäste um die Käsetische, die Springbrunnen von Wein, den Bratofen mit Ochsen, die Teiche mit gebackenen Fischen, den Hof mit dem gebratenen Geflügel, die Maccaroni-Bäume und Alles sahen, wie Strintillo es geträumt hatte. Ciccio reichte den Herren zum Beweis von allem Einzelnen zu kosten. Da hätte Granco innerlich bersten mögen vor Aerger; aber noch hielt er sich tapfer. Endlich kamen sie um eine Ecke, als ihnen eine helle Sonne in Brillantfeuer entgegen leuchtete und Giovanni, Angiolinen an der Hand, Strintillo entgegentrat und um seinen Segen bat. Hinter ihnen die Muhme und eine Anzahl Gäste. Strintillo war vor Staunen außer sich: Mein Traum, mein Traum! rief er einmal über das andere und wollte eben die Hand Giovanni's in die seiner Tochter legen, da konnte sich Granco nicht mehr halten und schrie: Don Strintillo, Don Strintillo! haltet ein! Hier geht es

Ciccio mit einer schwachen Kerze immer anders und anders anleuchtete, so daß Alle, selbst der Richter, getäuscht wurden, um so mehr, weil Sacchetti unbemerkt nachschlich und in Eil immer mit Kreide das Datum an den Fässern veränderte. Als Granco nun kein Ende und immer anderes Datum sah, ging es ihm über den Spaß, und er dachte bei sich: Hier hat der Teufel sein Spiel; solch einen langen Keller hab' ich mein Lebtag nicht gesehen! — Wie aber ward ihm zu Muthe, als sie auf den freien Platz kamen und hinter einem Zaun von Dornen die lustigen Gäste um die Käsetische, die Springbrunnen von Wein, den Bratofen mit Ochsen, die Teiche mit gebackenen Fischen, den Hof mit dem gebratenen Geflügel, die Maccaroni-Bäume und Alles sahen, wie Strintillo es geträumt hatte. Ciccio reichte den Herren zum Beweis von allem Einzelnen zu kosten. Da hätte Granco innerlich bersten mögen vor Aerger; aber noch hielt er sich tapfer. Endlich kamen sie um eine Ecke, als ihnen eine helle Sonne in Brillantfeuer entgegen leuchtete und Giovanni, Angiolinen an der Hand, Strintillo entgegentrat und um seinen Segen bat. Hinter ihnen die Muhme und eine Anzahl Gäste. Strintillo war vor Staunen außer sich: Mein Traum, mein Traum! rief er einmal über das andere und wollte eben die Hand Giovanni's in die seiner Tochter legen, da konnte sich Granco nicht mehr halten und schrie: Don Strintillo, Don Strintillo! haltet ein! Hier geht es

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[0063] Ciccio mit einer schwachen Kerze immer anders und anders anleuchtete, so daß Alle, selbst der Richter, getäuscht wurden, um so mehr, weil Sacchetti unbemerkt nachschlich und in Eil immer mit Kreide das Datum an den Fässern veränderte. Als Granco nun kein Ende und immer anderes Datum sah, ging es ihm über den Spaß, und er dachte bei sich: Hier hat der Teufel sein Spiel; solch einen langen Keller hab' ich mein Lebtag nicht gesehen! — Wie aber ward ihm zu Muthe, als sie auf den freien Platz kamen und hinter einem Zaun von Dornen die lustigen Gäste um die Käsetische, die Springbrunnen von Wein, den Bratofen mit Ochsen, die Teiche mit gebackenen Fischen, den Hof mit dem gebratenen Geflügel, die Maccaroni-Bäume und Alles sahen, wie Strintillo es geträumt hatte. Ciccio reichte den Herren zum Beweis von allem Einzelnen zu kosten. Da hätte Granco innerlich bersten mögen vor Aerger; aber noch hielt er sich tapfer. Endlich kamen sie um eine Ecke, als ihnen eine helle Sonne in Brillantfeuer entgegen leuchtete und Giovanni, Angiolinen an der Hand, Strintillo entgegentrat und um seinen Segen bat. Hinter ihnen die Muhme und eine Anzahl Gäste. Strintillo war vor Staunen außer sich: Mein Traum, mein Traum! rief er einmal über das andere und wollte eben die Hand Giovanni's in die seiner Tochter legen, da konnte sich Granco nicht mehr halten und schrie: Don Strintillo, Don Strintillo! haltet ein! Hier geht es

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:35:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Kopisch, August: Der Träumer. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–67. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kopisch_traeumer_1910/63>, abgerufen am 06.05.2024.