Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 1. Dortmund, 1799.3. Und um nicht vor Kummer zu sterben, Sich um eine neue Versorgung bewerben, Und sich desfalls irgendwo nun In eine gute Bedienung thun. 4. Nun lebte auf einem einsamen Schlosse Eine verwittibte Dame, die eine große Also genannte Betschwester war, Sie war alt und hatte schon graues Haar. 5. Brachte darum mit Beten und Singen, Und lauter andern geistlichen Dingen, Als eine sehr große Heiligin Schon einige Jahre des Lebens hin. 6. Sie litte nicht die allermindeste Sünde An und bei ihrem sämmtlichen Gesinde, Und versammelte sie täglich zweimal, Zum Singen und Gebet, in ihrem Saal. 7. Sie bestrafte bei ihnen auf liebreiche Weise Das kleinste Vergehn mit Entziehung der Speise, Und hielte viel vom Fasten und Kastei'n Und von einem halben Nösel Branntewein. 8. Da nun, ohne Zweifel, zu zweien Sich besser läßt trinken und kasteien, Auch überhaupt in Gesellschaft Man singen kann mit größerer Kraft: 9. So
3. Und um nicht vor Kummer zu ſterben, Sich um eine neue Verſorgung bewerben, Und ſich desfalls irgendwo nun In eine gute Bedienung thun. 4. Nun lebte auf einem einſamen Schloſſe Eine verwittibte Dame, die eine große Alſo genannte Betſchweſter war, Sie war alt und hatte ſchon graues Haar. 5. Brachte darum mit Beten und Singen, Und lauter andern geiſtlichen Dingen, Als eine ſehr große Heiligin Schon einige Jahre des Lebens hin. 6. Sie litte nicht die allermindeſte Suͤnde An und bei ihrem ſaͤmmtlichen Geſinde, Und verſammelte ſie taͤglich zweimal, Zum Singen und Gebet, in ihrem Saal. 7. Sie beſtrafte bei ihnen auf liebreiche Weiſe Das kleinſte Vergehn mit Entziehung der Speiſe, Und hielte viel vom Faſten und Kaſtei’n Und von einem halben Noͤſel Branntewein. 8. Da nun, ohne Zweifel, zu zweien Sich beſſer laͤßt trinken und kaſteien, Auch uͤberhaupt in Geſellſchaft Man ſingen kann mit groͤßerer Kraft: 9. So
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3. Und um nicht vor Kummer zu ſterben,
Sich um eine neue Verſorgung bewerben,
Und ſich desfalls irgendwo nun
In eine gute Bedienung thun.
4. Nun lebte auf einem einſamen Schloſſe
Eine verwittibte Dame, die eine große
Alſo genannte Betſchweſter war,
Sie war alt und hatte ſchon graues Haar.
5. Brachte darum mit Beten und Singen,
Und lauter andern geiſtlichen Dingen,
Als eine ſehr große Heiligin
Schon einige Jahre des Lebens hin.
6. Sie litte nicht die allermindeſte Suͤnde
An und bei ihrem ſaͤmmtlichen Geſinde,
Und verſammelte ſie taͤglich zweimal,
Zum Singen und Gebet, in ihrem Saal.
7. Sie beſtrafte bei ihnen auf liebreiche Weiſe
Das kleinſte Vergehn mit Entziehung der
Speiſe,
Und hielte viel vom Faſten und Kaſtei’n
Und von einem halben Noͤſel Branntewein.
8. Da nun, ohne Zweifel, zu zweien
Sich beſſer laͤßt trinken und kaſteien,
Auch uͤberhaupt in Geſellſchaft
Man ſingen kann mit groͤßerer Kraft:
9. So
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Zitationshilfe: | Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 1. Dortmund, 1799, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade01_1799/141>, abgerufen am 16.02.2025. |