Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 1. Dortmund, 1799.9. So hatte sie schon längst sich umgesehen, Einen frommen Menschen auszuspähen, Welcher ihr, sowohl spät als früh, Möcht' leisten geistliche Kompagnie. 10. Es waren nun zwar viele frommen Müßiggänger zu ihr gekommen, Und hatten, wie sich's ziemt und gebührt, Die geistlichen Dienste geofferirt; 11. Aber bisher hatte keiner von allen Das Glücke gehabt, ihr zu gefallen, Denn bald schien ihr der eine zu alt, Bald der andre zu jung noch, und bald 12. War einer zu mager, bald einer zu schwäch- lich, Bald einer ein Krüppel, oder sonsten gebrech- lich, Bald einer stumm, taub, scheel oder blind, Oder ein häßliches Weltkind. 13. Hieronimus that es endlich wagen, Seine Dienste ihr anzutragen Als geistlicher Assistent, und, siehe da! Er gefiel ihr, sobald sie ihn sah. 14. Denn er war weder krank noch schwächlich, Weder stumm, taub, blind oder gebrechlich, Weder zu jung und weder zu alt, Auch eben nicht von magrer Gestalt. 15. Seine
9. So hatte ſie ſchon laͤngſt ſich umgeſehen, Einen frommen Menſchen auszuſpaͤhen, Welcher ihr, ſowohl ſpaͤt als fruͤh, Moͤcht’ leiſten geiſtliche Kompagnie. 10. Es waren nun zwar viele frommen Muͤßiggaͤnger zu ihr gekommen, Und hatten, wie ſich’s ziemt und gebuͤhrt, Die geiſtlichen Dienſte geofferirt; 11. Aber bisher hatte keiner von allen Das Gluͤcke gehabt, ihr zu gefallen, Denn bald ſchien ihr der eine zu alt, Bald der andre zu jung noch, und bald 12. War einer zu mager, bald einer zu ſchwaͤch- lich, Bald einer ein Kruͤppel, oder ſonſten gebrech- lich, Bald einer ſtumm, taub, ſcheel oder blind, Oder ein haͤßliches Weltkind. 13. Hieronimus that es endlich wagen, Seine Dienſte ihr anzutragen Als geiſtlicher Aſſiſtent, und, ſiehe da! Er gefiel ihr, ſobald ſie ihn ſah. 14. Denn er war weder krank noch ſchwaͤchlich, Weder ſtumm, taub, blind oder gebrechlich, Weder zu jung und weder zu alt, Auch eben nicht von magrer Geſtalt. 15. Seine
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0142" n="118"/> <lg n="9"> <l>9. So hatte ſie ſchon laͤngſt ſich umgeſehen,</l><lb/> <l>Einen frommen Menſchen auszuſpaͤhen,</l><lb/> <l>Welcher ihr, ſowohl ſpaͤt als fruͤh,</l><lb/> <l>Moͤcht’ leiſten geiſtliche Kompagnie.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>10. Es waren nun zwar viele frommen</l><lb/> <l>Muͤßiggaͤnger zu ihr gekommen,</l><lb/> <l>Und hatten, wie ſich’s ziemt und gebuͤhrt,</l><lb/> <l>Die geiſtlichen Dienſte geofferirt;</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>11. Aber bisher hatte keiner von allen</l><lb/> <l>Das Gluͤcke gehabt, ihr zu gefallen,</l><lb/> <l>Denn bald ſchien ihr der eine zu alt,</l><lb/> <l>Bald der andre zu jung noch, und bald</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>12. War einer zu mager, bald einer zu ſchwaͤch-</l><lb/> <l>lich,</l><lb/> <l>Bald einer ein Kruͤppel, oder ſonſten gebrech-</l><lb/> <l>lich,</l><lb/> <l>Bald einer ſtumm, taub, ſcheel oder blind,</l><lb/> <l>Oder ein haͤßliches Weltkind.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>13. Hieronimus that es endlich wagen,</l><lb/> <l>Seine Dienſte ihr anzutragen</l><lb/> <l>Als geiſtlicher Aſſiſtent, und, ſiehe da!</l><lb/> <l>Er gefiel ihr, ſobald ſie ihn ſah.</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>14. Denn er war weder krank noch ſchwaͤchlich,</l><lb/> <l>Weder ſtumm, taub, blind oder gebrechlich,</l><lb/> <l>Weder zu jung und weder zu alt,</l><lb/> <l>Auch eben nicht von magrer Geſtalt.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">15. Seine</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [118/0142]
9. So hatte ſie ſchon laͤngſt ſich umgeſehen,
Einen frommen Menſchen auszuſpaͤhen,
Welcher ihr, ſowohl ſpaͤt als fruͤh,
Moͤcht’ leiſten geiſtliche Kompagnie.
10. Es waren nun zwar viele frommen
Muͤßiggaͤnger zu ihr gekommen,
Und hatten, wie ſich’s ziemt und gebuͤhrt,
Die geiſtlichen Dienſte geofferirt;
11. Aber bisher hatte keiner von allen
Das Gluͤcke gehabt, ihr zu gefallen,
Denn bald ſchien ihr der eine zu alt,
Bald der andre zu jung noch, und bald
12. War einer zu mager, bald einer zu ſchwaͤch-
lich,
Bald einer ein Kruͤppel, oder ſonſten gebrech-
lich,
Bald einer ſtumm, taub, ſcheel oder blind,
Oder ein haͤßliches Weltkind.
13. Hieronimus that es endlich wagen,
Seine Dienſte ihr anzutragen
Als geiſtlicher Aſſiſtent, und, ſiehe da!
Er gefiel ihr, ſobald ſie ihn ſah.
14. Denn er war weder krank noch ſchwaͤchlich,
Weder ſtumm, taub, blind oder gebrechlich,
Weder zu jung und weder zu alt,
Auch eben nicht von magrer Geſtalt.
15. Seine
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |