Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 1. Dortmund, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite
20. Ob ichs nun gleich eben nicht will wagen,
Drauf zu schwören und als gewiß zu sagen,
Daß just gedachter Advokat
Mein Vater gewesen in der That;
21. So habe ich doch niemals es gehöret,
Daß sich derselbe hätte beschweret,
Als mich, nach ohngefähr einem Jahr,
Meine Mutter zur Welt gebahr.
22. Von meinen ersten Kinderjahren
Habe ich zwar nichts sonderliches erfahren,
Doch liebten mein Vater und Mutter mich
Als ihr einziges Töchterlein zärtelich.
23. Man sparte auch gar keine Bemühung
An meiner Bildung, Pflege und Erziehung,
Und schickte mich frühe, da ich noch klein,
Fleißig zu lernen, in die Schule hinein.
24. Jedoch schonte man an mir in alle Wege
Vorwürfe, herbe Verweise und Schläge,
Und richtete in jeder Kleinigkeit sich
Nach meinem Willen sorgfältiglich.
25. Als ich kaum zehn Jahr alt gewesen,
Fing ich schon an Romane zu lesen,
Und ward von der Liebe schon mehr gewahr,
Als andre Mädchen im achtzehnten Jahr.
26. Mit
20. Ob ichs nun gleich eben nicht will wagen,
Drauf zu ſchwoͤren und als gewiß zu ſagen,
Daß juſt gedachter Advokat
Mein Vater geweſen in der That;
21. So habe ich doch niemals es gehoͤret,
Daß ſich derſelbe haͤtte beſchweret,
Als mich, nach ohngefaͤhr einem Jahr,
Meine Mutter zur Welt gebahr.
22. Von meinen erſten Kinderjahren
Habe ich zwar nichts ſonderliches erfahren,
Doch liebten mein Vater und Mutter mich
Als ihr einziges Toͤchterlein zaͤrtelich.
23. Man ſparte auch gar keine Bemuͤhung
An meiner Bildung, Pflege und Erziehung,
Und ſchickte mich fruͤhe, da ich noch klein,
Fleißig zu lernen, in die Schule hinein.
24. Jedoch ſchonte man an mir in alle Wege
Vorwuͤrfe, herbe Verweiſe und Schlaͤge,
Und richtete in jeder Kleinigkeit ſich
Nach meinem Willen ſorgfaͤltiglich.
25. Als ich kaum zehn Jahr alt geweſen,
Fing ich ſchon an Romane zu leſen,
Und ward von der Liebe ſchon mehr gewahr,
Als andre Maͤdchen im achtzehnten Jahr.
26. Mit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0183" n="159"/>
          <lg n="20">
            <l>20. Ob ichs nun gleich eben nicht will wagen,</l><lb/>
            <l>Drauf zu &#x017F;chwo&#x0364;ren und als gewiß zu &#x017F;agen,</l><lb/>
            <l>Daß ju&#x017F;t gedachter Advokat</l><lb/>
            <l>Mein Vater gewe&#x017F;en in der That;</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="21">
            <l>21. So habe ich doch niemals es geho&#x0364;ret,</l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ich der&#x017F;elbe ha&#x0364;tte be&#x017F;chweret,</l><lb/>
            <l>Als mich, nach ohngefa&#x0364;hr einem Jahr,</l><lb/>
            <l>Meine Mutter zur Welt gebahr.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="22">
            <l>22. Von meinen er&#x017F;ten Kinderjahren</l><lb/>
            <l>Habe ich zwar nichts &#x017F;onderliches erfahren,</l><lb/>
            <l>Doch liebten mein Vater und Mutter mich</l><lb/>
            <l>Als ihr einziges To&#x0364;chterlein za&#x0364;rtelich.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="23">
            <l>23. Man &#x017F;parte auch gar keine Bemu&#x0364;hung</l><lb/>
            <l>An meiner Bildung, Pflege und Erziehung,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chickte mich fru&#x0364;he, da ich noch klein,</l><lb/>
            <l>Fleißig zu lernen, in die Schule hinein.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="24">
            <l>24. Jedoch &#x017F;chonte man an mir in alle Wege</l><lb/>
            <l>Vorwu&#x0364;rfe, herbe Verwei&#x017F;e und Schla&#x0364;ge,</l><lb/>
            <l>Und richtete in jeder Kleinigkeit &#x017F;ich</l><lb/>
            <l>Nach meinem Willen &#x017F;orgfa&#x0364;ltiglich.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="25">
            <l>25. Als ich kaum zehn Jahr alt gewe&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Fing ich &#x017F;chon an Romane zu le&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Und ward von der Liebe &#x017F;chon mehr gewahr,</l><lb/>
            <l>Als andre Ma&#x0364;dchen im achtzehnten Jahr.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">26. Mit</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0183] 20. Ob ichs nun gleich eben nicht will wagen, Drauf zu ſchwoͤren und als gewiß zu ſagen, Daß juſt gedachter Advokat Mein Vater geweſen in der That; 21. So habe ich doch niemals es gehoͤret, Daß ſich derſelbe haͤtte beſchweret, Als mich, nach ohngefaͤhr einem Jahr, Meine Mutter zur Welt gebahr. 22. Von meinen erſten Kinderjahren Habe ich zwar nichts ſonderliches erfahren, Doch liebten mein Vater und Mutter mich Als ihr einziges Toͤchterlein zaͤrtelich. 23. Man ſparte auch gar keine Bemuͤhung An meiner Bildung, Pflege und Erziehung, Und ſchickte mich fruͤhe, da ich noch klein, Fleißig zu lernen, in die Schule hinein. 24. Jedoch ſchonte man an mir in alle Wege Vorwuͤrfe, herbe Verweiſe und Schlaͤge, Und richtete in jeder Kleinigkeit ſich Nach meinem Willen ſorgfaͤltiglich. 25. Als ich kaum zehn Jahr alt geweſen, Fing ich ſchon an Romane zu leſen, Und ward von der Liebe ſchon mehr gewahr, Als andre Maͤdchen im achtzehnten Jahr. 26. Mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade01_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade01_1799/183
Zitationshilfe: Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 1. Dortmund, 1799, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade01_1799/183>, abgerufen am 22.11.2024.