Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.Lächle immer -- o weh! kennest, so jung! so zart! Kennest Sitte der Welt, weisst um ihr Elend nicht! Wetter werden dich geisseln, Regen stäupen vor Abendzeit! Warum neigst du dein Haupt? Bist ja so lieb! so hold? Dein jungfräulicher Schooss rosig! die Brust so weiss! Frevler werden dich schänden, Räuber lauern der Unschuld auf. O des perlenden Thau's, der dir im Antlitz bebt! Jammer kündet er an, bebt er im Menschenblick! Diese Perlen sind Thränen -- Weine, weine; der Mörder harrt. -- -- Als der Sänger noch sang, siehe! da streckte sich Eine gierige Hand, raffte die Holde weg, Und zerpflückte die Blätter, Dass sie stoben den Garten durch. Lächle immer — o weh! kennest, so jung! so zart! Kennest Sitte der Welt, weiſst um ihr Elend nicht! Wetter werden dich geiſseln, Regen stäupen vor Abendzeit! Warum neigst du dein Haupt? Bist ja so lieb! so hold? Dein jungfräulicher Schooſs rosig! die Brust so weiſs! Frevler werden dich schänden, Räuber lauern der Unschuld auf. O des perlenden Thau's, der dir im Antlitz bebt! Jammer kündet er an, bebt er im Menschenblick! Diese Perlen sind Thränen — Weine, weine; der Mörder harrt. — — Als der Sänger noch sang, siehe! da streckte sich Eine gierige Hand, raffte die Holde weg, Und zerpflückte die Blätter, Daſs sie stoben den Garten durch. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0200" n="158"/> <lg n="4"> <l>Lächle immer — o weh! kennest, so jung! so zart!</l><lb/> <l>Kennest Sitte der Welt, weiſst um ihr Elend nicht!</l><lb/> <l>Wetter werden dich geiſseln,</l><lb/> <l>Regen stäupen vor Abendzeit!</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Warum neigst du dein Haupt? Bist ja so lieb! so</l><lb/> <l>hold?</l><lb/> <l>Dein jungfräulicher Schooſs rosig! die Brust so weiſs!</l><lb/> <l>Frevler werden dich schänden,</l><lb/> <l>Räuber lauern der Unschuld auf.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>O des perlenden Thau's, der dir im Antlitz bebt!</l><lb/> <l>Jammer kündet er an, bebt er im Menschenblick!</l><lb/> <l>Diese Perlen sind Thränen —</l><lb/> <l>Weine, weine; der Mörder harrt. — —</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Als der Sänger noch sang, siehe! da streckte sich</l><lb/> <l>Eine gierige Hand, raffte die Holde weg,</l><lb/> <l>Und zerpflückte die Blätter,</l><lb/> <l>Daſs sie stoben den Garten durch.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [158/0200]
Lächle immer — o weh! kennest, so jung! so zart!
Kennest Sitte der Welt, weiſst um ihr Elend nicht!
Wetter werden dich geiſseln,
Regen stäupen vor Abendzeit!
Warum neigst du dein Haupt? Bist ja so lieb! so
hold?
Dein jungfräulicher Schooſs rosig! die Brust so weiſs!
Frevler werden dich schänden,
Räuber lauern der Unschuld auf.
O des perlenden Thau's, der dir im Antlitz bebt!
Jammer kündet er an, bebt er im Menschenblick!
Diese Perlen sind Thränen —
Weine, weine; der Mörder harrt. — —
Als der Sänger noch sang, siehe! da streckte sich
Eine gierige Hand, raffte die Holde weg,
Und zerpflückte die Blätter,
Daſs sie stoben den Garten durch.
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