Und hätte Mord auf mich mit jedem Schritt gelauert, Und hätte über mir der Himmel roth gebrannt, Und wäre unter mir der Abgrund aufgeschauert; Getrost wär' ich hindurch, getrost zu dir gerannt.
Zu dir! zu dir! Dein erstes Grussgeflister, Dein erster leiser Handdruck, ach! Dein volles feuriges Umfahn im Rabendüster Der Mitternacht tilgt' all mein Ungemach.
Zu süsse Nacht! Zu rasch verprasste Stunden! Zu schnell verrauschte Trunkenheit! Herz, Herz, wie dass du nicht vom Staube los- gewunden Mit ihr empor dich schwangst ins All der Seligkeit!
Auf ihrem Lager lieblich hingegossen, Wie duftete die junge Rose mir! Wie glühte sie! wie thaute sie! wie flossen Rings um sie Frisch' und Füll' und lechzende Be- gier!
Von ihren Armen sanft hinabgezogen, Hinabgesunken an ihr schlagend Herz, Itzt steigend, sinkend itzt mit ihres Busens Wogen, Wie kämpft' ich zwischen Lust und Schmerz!
Und hätte Mord auf mich mit jedem Schritt gelauert, Und hätte über mir der Himmel roth gebrannt, Und wäre unter mir der Abgrund aufgeschauert; Getrost wär' ich hindurch, getrost zu dir gerannt.
Zu dir! zu dir! Dein erstes Gruſsgeflister, Dein erster leiser Handdruck, ach! Dein volles feuriges Umfahn im Rabendüster Der Mitternacht tilgt' all mein Ungemach.
Zu süſse Nacht! Zu rasch verpraſste Stunden! Zu schnell verrauschte Trunkenheit! Herz, Herz, wie daſs du nicht vom Staube los- gewunden Mit ihr empor dich schwangst ins All der Seligkeit!
Auf ihrem Lager lieblich hingegossen, Wie duftete die junge Rose mir! Wie glühte sie! wie thaute sie! wie flossen Rings um sie Frisch' und Füll' und lechzende Be- gier!
Von ihren Armen sanft hinabgezogen, Hinabgesunken an ihr schlagend Herz, Itzt steigend, sinkend itzt mit ihres Busens Wogen, Wie kämpft' ich zwischen Lust und Schmerz!
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Und hätte Mord auf mich mit jedem Schritt
gelauert,
Und hätte über mir der Himmel roth gebrannt,
Und wäre unter mir der Abgrund aufgeschauert;
Getrost wär' ich hindurch, getrost zu dir gerannt.
Zu dir! zu dir! Dein erstes Gruſsgeflister,
Dein erster leiser Handdruck, ach!
Dein volles feuriges Umfahn im Rabendüster
Der Mitternacht tilgt' all mein Ungemach.
Zu süſse Nacht! Zu rasch verpraſste Stunden!
Zu schnell verrauschte Trunkenheit!
Herz, Herz, wie daſs du nicht vom Staube los-
gewunden
Mit ihr empor dich schwangst ins All der Seligkeit!
Auf ihrem Lager lieblich hingegossen,
Wie duftete die junge Rose mir!
Wie glühte sie! wie thaute sie! wie flossen
Rings um sie Frisch' und Füll' und lechzende Be-
gier!
Von ihren Armen sanft hinabgezogen,
Hinabgesunken an ihr schlagend Herz,
Itzt steigend, sinkend itzt mit ihres Busens Wogen,
Wie kämpft' ich zwischen Lust und Schmerz!
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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/231>, abgerufen am 16.02.2025.
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