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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Unsre Seelen erhöhten. -- Wie glänzte dein Antlitz
im Mondlicht,
Wie der Mond in der Thräne, die deinen Wimpern
entbebte!
Bruder, die Tage sind hin! Verloren die seligen
Nächte.
Nimmer kehren sie. Nimmer erschau' ich dich! Ein-
sam und schweigend
Wallst du im dumpfen Todtenreich, ein Schatten
mit Schatten.

Klagt, ihr Jüngling' am Nebelbach, um eurer
Gesellen
Edelsten, klagt! Ihn hat die Welle der Warne ver-
schlungen
Weinet, ihr Töchter der Stadt am Nebel, um
eurer Verehrer
Holdesten, weint! Er ist erstarrt im Eise der Warne.
Lange stand an der Thür der heimlichen Pforte
das Mädchen
Seines Herzens, und schauert' im nächtlichen Frost',
und rufte,
Stand und horcht' und schauert', und rufte: "Wo
bleibt mein Geliebter,
"Dass ich schütter' im Frost der Nacht, dass meine
Locken
Q 2

Unsre Seelen erhöhten. — Wie glänzte dein Antlitz
im Mondlicht,
Wie der Mond in der Thräne, die deinen Wimpern
entbebte!
Bruder, die Tage sind hin! Verloren die seligen
Nächte.
Nimmer kehren sie. Nimmer erschau' ich dich! Ein-
sam und schweigend
Wallst du im dumpfen Todtenreich, ein Schatten
mit Schatten.

Klagt, ihr Jüngling' am Nebelbach, um eurer
Gesellen
Edelsten, klagt! Ihn hat die Welle der Warne ver-
schlungen
Weinet, ihr Töchter der Stadt am Nebel, um
eurer Verehrer
Holdesten, weint! Er ist erstarrt im Eise der Warne.
Lange stand an der Thür der heimlichen Pforte
das Mädchen
Seines Herzens, und schauert' im nächtlichen Frost',
und rufte,
Stand und horcht' und schauert', und rufte: „Wo
bleibt mein Geliebter,
„Daſs ich schütter' im Frost der Nacht, daſs meine
Locken
Q 2
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[243/0285] Unsre Seelen erhöhten. — Wie glänzte dein Antlitz im Mondlicht, Wie der Mond in der Thräne, die deinen Wimpern entbebte! Bruder, die Tage sind hin! Verloren die seligen Nächte. Nimmer kehren sie. Nimmer erschau' ich dich! Ein- sam und schweigend Wallst du im dumpfen Todtenreich, ein Schatten mit Schatten. Klagt, ihr Jüngling' am Nebelbach, um eurer Gesellen Edelsten, klagt! Ihn hat die Welle der Warne ver- schlungen Weinet, ihr Töchter der Stadt am Nebel, um eurer Verehrer Holdesten, weint! Er ist erstarrt im Eise der Warne. Lange stand an der Thür der heimlichen Pforte das Mädchen Seines Herzens, und schauert' im nächtlichen Frost', und rufte, Stand und horcht' und schauert', und rufte: „Wo bleibt mein Geliebter, „Daſs ich schütter' im Frost der Nacht, daſs meine Locken Q 2

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/285>, abgerufen am 20.05.2024.