Lähmt' ihm die Faust. Auch sagen sie, hab' ihm der Schatten des Fräuleins, Fürchterlich glänzend, die Blicke geblendet. Er stürzte zu Boden Mit gespaltenem Haupt. Den Leichnam liessen die Rächer Liegen und modern, dem Wandrer ein Gräul, und Speise den Raben. Kein ihn liebender Freund ist, ihn zu bestatten, gekommen; Sänger haben um ihn kein Lied der Klage ge- dichtet; Keine mitleidige Thrän' hat ihm ein Auge ge- röthet.
Edallwinen, die Holde, begrub man mit trau- render Feyer. Grün ist ihr Grab, zu den Häupten ein Stein; zwo weinende Birken Rauschen Sommers darüber her, und werfen zur Herbstzeit Ihr gelbröthliches Laub hinab. Ein schneeweiss Täubchen, Sagen sie, sitzt oft, kläglich girrend, im Wipfel der Birken.
Fragst du mich, Tochter des alternden Sulvill: wie ward es mit Haining?
S 2
Lähmt' ihm die Faust. Auch sagen sie, hab' ihm der Schatten des Fräuleins, Fürchterlich glänzend, die Blicke geblendet. Er stürzte zu Boden Mit gespaltenem Haupt. Den Leichnam lieſsen die Rächer Liegen und modern, dem Wandrer ein Gräul, und Speise den Raben. Kein ihn liebender Freund ist, ihn zu bestatten, gekommen; Sänger haben um ihn kein Lied der Klage ge- dichtet; Keine mitleidige Thrän' hat ihm ein Auge ge- röthet.
Edallwinen, die Holde, begrub man mit trau- render Feyer. Grün ist ihr Grab, zu den Häupten ein Stein; zwo weinende Birken Rauschen Sommers darüber her, und werfen zur Herbstzeit Ihr gelbröthliches Laub hinab. Ein schneeweiſs Täubchen, Sagen sie, sitzt oft, kläglich girrend, im Wipfel der Birken.
Fragst du mich, Tochter des alternden Sulvill: wie ward es mit Haining?
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Lähmt' ihm die Faust. Auch sagen sie, hab' ihm
der Schatten des Fräuleins,
Fürchterlich glänzend, die Blicke geblendet. Er
stürzte zu Boden
Mit gespaltenem Haupt. Den Leichnam lieſsen die
Rächer
Liegen und modern, dem Wandrer ein Gräul, und
Speise den Raben.
Kein ihn liebender Freund ist, ihn zu bestatten,
gekommen;
Sänger haben um ihn kein Lied der Klage ge-
dichtet;
Keine mitleidige Thrän' hat ihm ein Auge ge-
röthet.
Edallwinen, die Holde, begrub man mit trau-
render Feyer.
Grün ist ihr Grab, zu den Häupten ein Stein; zwo
weinende Birken
Rauschen Sommers darüber her, und werfen zur
Herbstzeit
Ihr gelbröthliches Laub hinab. Ein schneeweiſs
Täubchen,
Sagen sie, sitzt oft, kläglich girrend, im Wipfel
der Birken.
Fragst du mich, Tochter des alternden Sulvill:
wie ward es mit Haining?
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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/321>, abgerufen am 24.11.2024.
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