Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.Entblättert bebt der Espen Haupt. Der Liebe Laube steht entlaubt. Es tummeln gelb und roth und bunt Die Blätter auf dem schwarzen Grund. Ach, alles, was dem Staub' entspriesst, Was blüht und reift, und Samen schiesst, Was einer Mutter Schooss gebar, Das welkt und kränkelt immerdar. Noch steh' ich da in meiner Kraft, Das Herz entflammt von Leidenschaft. Mein Auge blitzt, mein Busen schwillt Von Hochgefühlen mild und wild. Des Geistes rege Fantasie Schafft Welten und zertrümmert sie. Es schüttelt mein unruhig Herz Entzückung itzt, itzt Folterschmerz. Mein schmelzend Lied, mein Hochgesang Weckt leises Weh und heissen Drang. Es klingt mein goldnes Saitenspiel Und um mich girrt und ächzt Gefühl. Entblättert bebt der Espen Haupt. Der Liebe Laube steht entlaubt. Es tummeln gelb und roth und bunt Die Blätter auf dem schwarzen Grund. Ach, alles, was dem Staub' entsprieſst, Was blüht und reift, und Samen schieſst, Was einer Mutter Schooſs gebar, Das welkt und kränkelt immerdar. Noch steh' ich da in meiner Kraft, Das Herz entflammt von Leidenschaft. Mein Auge blitzt, mein Busen schwillt Von Hochgefühlen mild und wild. Des Geistes rege Fantasie Schafft Welten und zertrümmert sie. Es schüttelt mein unruhig Herz Entzückung itzt, itzt Folterschmerz. Mein schmelzend Lied, mein Hochgesang Weckt leises Weh und heiſsen Drang. Es klingt mein goldnes Saitenspiel Und um mich girrt und ächzt Gefühl. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0374" n="328"/> <lg n="4"> <l>Entblättert bebt der Espen Haupt.</l><lb/> <l>Der Liebe Laube steht entlaubt.</l><lb/> <l>Es tummeln gelb und roth und bunt</l><lb/> <l>Die Blätter auf dem schwarzen Grund.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Ach, alles, was dem Staub' entsprieſst,</l><lb/> <l>Was blüht und reift, und Samen schieſst,</l><lb/> <l>Was einer Mutter Schooſs gebar,</l><lb/> <l>Das welkt und kränkelt immerdar.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Noch steh' ich da in meiner Kraft,</l><lb/> <l>Das Herz entflammt von Leidenschaft.</l><lb/> <l>Mein Auge blitzt, mein Busen schwillt</l><lb/> <l>Von Hochgefühlen mild und wild.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Des Geistes rege Fantasie</l><lb/> <l>Schafft Welten und zertrümmert sie.</l><lb/> <l>Es schüttelt mein unruhig Herz</l><lb/> <l>Entzückung itzt, itzt Folterschmerz.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Mein schmelzend Lied, mein Hochgesang</l><lb/> <l>Weckt leises Weh und heiſsen Drang.</l><lb/> <l>Es klingt mein goldnes Saitenspiel</l><lb/> <l>Und um mich girrt und ächzt Gefühl.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [328/0374]
Entblättert bebt der Espen Haupt.
Der Liebe Laube steht entlaubt.
Es tummeln gelb und roth und bunt
Die Blätter auf dem schwarzen Grund.
Ach, alles, was dem Staub' entsprieſst,
Was blüht und reift, und Samen schieſst,
Was einer Mutter Schooſs gebar,
Das welkt und kränkelt immerdar.
Noch steh' ich da in meiner Kraft,
Das Herz entflammt von Leidenschaft.
Mein Auge blitzt, mein Busen schwillt
Von Hochgefühlen mild und wild.
Des Geistes rege Fantasie
Schafft Welten und zertrümmert sie.
Es schüttelt mein unruhig Herz
Entzückung itzt, itzt Folterschmerz.
Mein schmelzend Lied, mein Hochgesang
Weckt leises Weh und heiſsen Drang.
Es klingt mein goldnes Saitenspiel
Und um mich girrt und ächzt Gefühl.
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