Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.Ist euer Loos nicht auch mein Loos? Seyd ihr nicht, was ich werde? Entkeimt' ich nicht, wie ihr, dem Schooss Der mütterlichen Erde? Ist nicht mein Halm, so jugendlich, So schlank emporgeschossen? Hat meiner Blüthen Knospe sich Nicht drängend aufgeschlossen? Weckt meiner Augen blaues Licht, Die Rose meiner Wangen, Die Frische meiner Lippen nicht Der Jünglinge Verlangen? Ach klagt um eure Schwester, klagt Ihr Rosen und ihr Nelken! Wie bald, und hin ist meine Pracht, Und meine Blüthen welken! Verstreut ist all mein grünes Laub, Geknickt mein schlanker Stengel, Mein Staub gebettet in den Staub, Mein Geist gereift zum Engel! Ist euer Loos nicht auch mein Loos? Seyd ihr nicht, was ich werde? Entkeimt' ich nicht, wie ihr, dem Schooſs Der mütterlichen Erde? Ist nicht mein Halm, so jugendlich, So schlank emporgeschossen? Hat meiner Blüthen Knospe sich Nicht drängend aufgeschlossen? Weckt meiner Augen blaues Licht, Die Rose meiner Wangen, Die Frische meiner Lippen nicht Der Jünglinge Verlangen? Ach klagt um eure Schwester, klagt Ihr Rosen und ihr Nelken! Wie bald, und hin ist meine Pracht, Und meine Blüthen welken! Verstreut ist all mein grünes Laub, Geknickt mein schlanker Stengel, Mein Staub gebettet in den Staub, Mein Geist gereift zum Engel! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0379" n="333"/> <lg n="10"> <l>Ist euer Loos nicht auch mein Loos?</l><lb/> <l>Seyd ihr nicht, was ich werde?</l><lb/> <l>Entkeimt' ich nicht, wie ihr, dem Schooſs</l><lb/> <l>Der mütterlichen Erde?</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Ist nicht mein Halm, so jugendlich,</l><lb/> <l>So schlank emporgeschossen?</l><lb/> <l>Hat meiner Blüthen Knospe sich</l><lb/> <l>Nicht drängend aufgeschlossen?</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Weckt meiner Augen blaues Licht,</l><lb/> <l>Die Rose meiner Wangen,</l><lb/> <l>Die Frische meiner Lippen nicht</l><lb/> <l>Der Jünglinge Verlangen?</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Ach klagt um eure Schwester, klagt</l><lb/> <l>Ihr Rosen und ihr Nelken!</l><lb/> <l>Wie bald, und hin ist meine Pracht,</l><lb/> <l>Und meine Blüthen welken!</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>Verstreut ist all mein grünes Laub,</l><lb/> <l>Geknickt mein schlanker Stengel,</l><lb/> <l>Mein Staub gebettet in den Staub,</l><lb/> <l>Mein Geist gereift zum Engel!</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [333/0379]
Ist euer Loos nicht auch mein Loos?
Seyd ihr nicht, was ich werde?
Entkeimt' ich nicht, wie ihr, dem Schooſs
Der mütterlichen Erde?
Ist nicht mein Halm, so jugendlich,
So schlank emporgeschossen?
Hat meiner Blüthen Knospe sich
Nicht drängend aufgeschlossen?
Weckt meiner Augen blaues Licht,
Die Rose meiner Wangen,
Die Frische meiner Lippen nicht
Der Jünglinge Verlangen?
Ach klagt um eure Schwester, klagt
Ihr Rosen und ihr Nelken!
Wie bald, und hin ist meine Pracht,
Und meine Blüthen welken!
Verstreut ist all mein grünes Laub,
Geknickt mein schlanker Stengel,
Mein Staub gebettet in den Staub,
Mein Geist gereift zum Engel!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |