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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Bescheiden rieselt. -- Majestätisch Meer,
Du Welt verborgner Wunder in dir selbst,
Lobsing, lobsing' ihm laut! Er ruft: "Erbrüll!"
Und du erbrüllst! "Erstumm!" und du erstummst!

Ihr Kräuter, Pflanzen, Bäume! Duftgewölk
Entwall' euch, süsser Weihrauch vor dem Herrn!
Denn seine Sonne kräftigt euch. Sein Hauch
Entsäuselt euch. Sein Pinsel mahlet euch!
Beugt euch, ihr Wälder! Saaten, neigt euch ihm,
Und haucht Entzücken in des Schnitters Herz,
Indem er heim zur lieben Hütte wallt,
Indem ihn heimgeleitet Gottes Mond.
Die ihr am hohen Himmel wacht, dieweil
Die Erde sorglos schlummert, funkelt schön
Ihr Sterne! Überstrahlt der Sterne Glanz,
Und rührt die goldnen Harfen, Seraphim!
Quell alles Lichts, des Schöpfers schönstes Bild
Hienieden, Born der Leben überall,
O Sonne, Buchstab sey dein bleichster Strahl
Im grossen Buche der Natur! Es sey
Des Buches Thema Eines: Herr, dein Lob!
Der Donner rollt. Knie nieder, Welt, und horch!
Von Wolk zu Wolke rollt der hohe Psalm.

Bescheiden rieselt. — Majestätisch Meer,
Du Welt verborgner Wunder in dir selbst,
Lobsing, lobsing' ihm laut! Er ruft: „Erbrüll!“
Und du erbrüllst! „Erstumm!“ und du erstummst!

Ihr Kräuter, Pflanzen, Bäume! Duftgewölk
Entwall' euch, süſser Weihrauch vor dem Herrn!
Denn seine Sonne kräftigt euch. Sein Hauch
Entsäuselt euch. Sein Pinsel mahlet euch!
Beugt euch, ihr Wälder! Saaten, neigt euch ihm,
Und haucht Entzücken in des Schnitters Herz,
Indem er heim zur lieben Hütte wallt,
Indem ihn heimgeleitet Gottes Mond.
Die ihr am hohen Himmel wacht, dieweil
Die Erde sorglos schlummert, funkelt schön
Ihr Sterne! Überstrahlt der Sterne Glanz,
Und rührt die goldnen Harfen, Seraphim!
Quell alles Lichts, des Schöpfers schönstes Bild
Hienieden, Born der Leben überall,
O Sonne, Buchstab sey dein bleichster Strahl
Im groſsen Buche der Natur! Es sey
Des Buches Thema Eines: Herr, dein Lob!
Der Donner rollt. Knie nieder, Welt, und horch!
Von Wolk zu Wolke rollt der hohe Psalm.
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[47/0087] Bescheiden rieselt. — Majestätisch Meer, Du Welt verborgner Wunder in dir selbst, Lobsing, lobsing' ihm laut! Er ruft: „Erbrüll!“ Und du erbrüllst! „Erstumm!“ und du erstummst! Ihr Kräuter, Pflanzen, Bäume! Duftgewölk Entwall' euch, süſser Weihrauch vor dem Herrn! Denn seine Sonne kräftigt euch. Sein Hauch Entsäuselt euch. Sein Pinsel mahlet euch! Beugt euch, ihr Wälder! Saaten, neigt euch ihm, Und haucht Entzücken in des Schnitters Herz, Indem er heim zur lieben Hütte wallt, Indem ihn heimgeleitet Gottes Mond. Die ihr am hohen Himmel wacht, dieweil Die Erde sorglos schlummert, funkelt schön Ihr Sterne! Überstrahlt der Sterne Glanz, Und rührt die goldnen Harfen, Seraphim! Quell alles Lichts, des Schöpfers schönstes Bild Hienieden, Born der Leben überall, O Sonne, Buchstab sey dein bleichster Strahl Im groſsen Buche der Natur! Es sey Des Buches Thema Eines: Herr, dein Lob! Der Donner rollt. Knie nieder, Welt, und horch! Von Wolk zu Wolke rollt der hohe Psalm.

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen01_1798/87>, abgerufen am 12.05.2024.