Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Warum sträubt sich mein Haar? Warum schüttelt mich Grauen? Ists nur Blättergeflister, Was die Haseln durchschwirrt? Ists nur Säuseln der Tangeln, Was die Tannen durchschwirrt? Schau! Am fernen Hügel Hebt sichs, wie Flamme, Flattert über die Hayde; Wandelt näher im Nachthauch -- Nachtsohn, wer bist du? Bist du Mondengeflitter? Bist du streifender Schatten? Bist du täuschender Irrschein? Rede, Nachtsohn, wer bist du? "Und kennet Telynhard, des Liedes Sohn, Nicht Elwill mehr, den frühgewelkten Jüngling? Der Neumond sah mich blühn in meiner Kraft, Der Halbmond flimmert' auf mein Sterbelager, Noch weint der Vollmond auf mein frisches Grab -- Und Telynhard, des Thränenliedes Sohn, Der Gräber Freund, der Geister Liebling, kennet Nicht Elwill mehr, den frühgewelkten Jüngling?" Warum sträubt sich mein Haar? Warum schüttelt mich Grauen? Ists nur Blättergeflister, Was die Haseln durchschwirrt? Ists nur Säuseln der Tangeln, Was die Tannen durchschwirrt? Schau! Am fernen Hügel Hebt sichs, wie Flamme, Flattert über die Hayde; Wandelt näher im Nachthauch — Nachtsohn, wer bist du? Bist du Mondengeflitter? Bist du streifender Schatten? Bist du täuschender Irrschein? Rede, Nachtsohn, wer bist du? „Und kennet Telynhard, des Liedes Sohn, Nicht Elwill mehr, den frühgewelkten Jüngling? Der Neumond sah mich blühn in meiner Kraft, Der Halbmond flimmert' auf mein Sterbelager, Noch weint der Vollmond auf mein frisches Grab — Und Telynhard, des Thränenliedes Sohn, Der Gräber Freund, der Geister Liebling, kennet Nicht Elwill mehr, den frühgewelkten Jüngling?“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0134" n="118"/> </l> <lg n="3"> <l>Warum sträubt sich mein Haar?</l><lb/> <l>Warum schüttelt mich Grauen?</l><lb/> <l>Ists nur Blättergeflister,</l><lb/> <l>Was die Haseln durchschwirrt?</l><lb/> <l>Ists nur Säuseln der Tangeln,</l><lb/> <l>Was die Tannen durchschwirrt?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Schau!</l><lb/> <l>Am fernen Hügel</l><lb/> <l>Hebt sichs, wie Flamme,</l><lb/> <l>Flattert über die Hayde;</l><lb/> <l>Wandelt näher im Nachthauch —</l><lb/> <l>Nachtsohn, wer bist du?</l><lb/> <l>Bist du Mondengeflitter?</l><lb/> <l>Bist du streifender Schatten?</l><lb/> <l>Bist du täuschender Irrschein?</l><lb/> <l>Rede, Nachtsohn, wer bist du?</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>„Und kennet Telynhard, des Liedes Sohn,</l><lb/> <l>Nicht Elwill mehr, den frühgewelkten Jüngling?</l><lb/> <l>Der Neumond sah mich blühn in meiner Kraft,</l><lb/> <l>Der Halbmond flimmert' auf mein Sterbelager,</l><lb/> <l>Noch weint der Vollmond auf mein frisches Grab —</l><lb/> <l>Und Telynhard, des Thränenliedes Sohn,</l><lb/> <l>Der Gräber Freund, der Geister Liebling, kennet</l><lb/> <l>Nicht Elwill mehr, den frühgewelkten Jüngling?“</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [118/0134]
Warum sträubt sich mein Haar?
Warum schüttelt mich Grauen?
Ists nur Blättergeflister,
Was die Haseln durchschwirrt?
Ists nur Säuseln der Tangeln,
Was die Tannen durchschwirrt?
Schau!
Am fernen Hügel
Hebt sichs, wie Flamme,
Flattert über die Hayde;
Wandelt näher im Nachthauch —
Nachtsohn, wer bist du?
Bist du Mondengeflitter?
Bist du streifender Schatten?
Bist du täuschender Irrschein?
Rede, Nachtsohn, wer bist du?
„Und kennet Telynhard, des Liedes Sohn,
Nicht Elwill mehr, den frühgewelkten Jüngling?
Der Neumond sah mich blühn in meiner Kraft,
Der Halbmond flimmert' auf mein Sterbelager,
Noch weint der Vollmond auf mein frisches Grab —
Und Telynhard, des Thränenliedes Sohn,
Der Gräber Freund, der Geister Liebling, kennet
Nicht Elwill mehr, den frühgewelkten Jüngling?“
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