Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Elwill, Elwill, bist du's? Frühgewelkter, woher Rauscht dein einsamer Flug? Rede, Elwill, woher? "Von jenem Lande komm' ich hergeschwebet, Von welchem Kunde nie dem Staube scholl, Von welchem Antwort nie den kühnen Frager Rechtfertigte -- drum frage, Telynhard, Nicht nach dem Lande mich, dem ich entschwebe." Elwill, ist dir wohl In deinem fernen Lande? Deiner Trümmer wohl In ihrer engen Klause? "Ob nah, ob fern, ob hier, ob da, ob dort? Mag gleich dir gelten, Harfensohn -- Doch wohl, Wohl ist der Trümmer in der engen Klause, Viel wohler noch dem Fremdling, der verwiesen Aus seiner Heimath in der Trümmer hauste, Viel wohler, Dichter, als es dein Gesang, Als deiner Fantasieen Adlerschwung, Als deines Flammenliedes Schwanenflug Erfliegen mag. Viel wohler, Freund, ist mir." Elwill, ist dir helle, Wo uns Dunkel hüllt? Elwill, Elwill, bist du's? Frühgewelkter, woher Rauscht dein einsamer Flug? Rede, Elwill, woher? „Von jenem Lande komm' ich hergeschwebet, Von welchem Kunde nie dem Staube scholl, Von welchem Antwort nie den kühnen Frager Rechtfertigte — drum frage, Telynhard, Nicht nach dem Lande mich, dem ich entschwebe.“ Elwill, ist dir wohl In deinem fernen Lande? Deiner Trümmer wohl In ihrer engen Klause? „Ob nah, ob fern, ob hier, ob da, ob dort? Mag gleich dir gelten, Harfensohn — Doch wohl, Wohl ist der Trümmer in der engen Klause, Viel wohler noch dem Fremdling, der verwiesen Aus seiner Heimath in der Trümmer hauste, Viel wohler, Dichter, als es dein Gesang, Als deiner Fantasieen Adlerschwung, Als deines Flammenliedes Schwanenflug Erfliegen mag. Viel wohler, Freund, ist mir.“ Elwill, ist dir helle, Wo uns Dunkel hüllt? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0135" n="119"/> </l> <lg n="6"> <l>Elwill, Elwill, bist du's?</l><lb/> <l>Frühgewelkter, woher</l><lb/> <l>Rauscht dein einsamer Flug?</l><lb/> <l>Rede, Elwill, woher?</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>„Von jenem Lande komm' ich hergeschwebet,</l><lb/> <l>Von welchem Kunde nie dem Staube scholl,</l><lb/> <l>Von welchem Antwort nie den kühnen Frager</l><lb/> <l>Rechtfertigte — drum frage, Telynhard,</l><lb/> <l>Nicht nach dem Lande mich, dem ich entschwebe.“</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Elwill, ist dir wohl</l><lb/> <l>In deinem fernen Lande?</l><lb/> <l>Deiner Trümmer wohl</l><lb/> <l>In ihrer engen Klause?</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>„Ob nah, ob fern, ob hier, ob da, ob dort?</l><lb/> <l>Mag gleich dir gelten, Harfensohn — Doch wohl,</l><lb/> <l>Wohl ist der Trümmer in der engen Klause,</l><lb/> <l>Viel wohler noch dem Fremdling, der verwiesen</l><lb/> <l>Aus seiner Heimath in der Trümmer hauste,</l><lb/> <l>Viel wohler, Dichter, als es dein Gesang,</l><lb/> <l>Als deiner Fantasieen Adlerschwung,</l><lb/> <l>Als deines Flammenliedes Schwanenflug</l><lb/> <l>Erfliegen mag. Viel wohler, Freund, ist mir.“</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Elwill, ist dir helle,</l><lb/> <l>Wo uns Dunkel hüllt?</l><lb/> <l> </l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119/0135]
Elwill, Elwill, bist du's?
Frühgewelkter, woher
Rauscht dein einsamer Flug?
Rede, Elwill, woher?
„Von jenem Lande komm' ich hergeschwebet,
Von welchem Kunde nie dem Staube scholl,
Von welchem Antwort nie den kühnen Frager
Rechtfertigte — drum frage, Telynhard,
Nicht nach dem Lande mich, dem ich entschwebe.“
Elwill, ist dir wohl
In deinem fernen Lande?
Deiner Trümmer wohl
In ihrer engen Klause?
„Ob nah, ob fern, ob hier, ob da, ob dort?
Mag gleich dir gelten, Harfensohn — Doch wohl,
Wohl ist der Trümmer in der engen Klause,
Viel wohler noch dem Fremdling, der verwiesen
Aus seiner Heimath in der Trümmer hauste,
Viel wohler, Dichter, als es dein Gesang,
Als deiner Fantasieen Adlerschwung,
Als deines Flammenliedes Schwanenflug
Erfliegen mag. Viel wohler, Freund, ist mir.“
Elwill, ist dir helle,
Wo uns Dunkel hüllt?
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