Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Barmherzigkeit, du träufst in Todeswunden Des Mitleids Öl, der Hoffnung Labewein. Die schauerliche Nacht der letzten bangen Stunden Erhellt dein sanfter Mondenschein. Barmherzigkeit, du führst uns stracks und grade Zum Vater der Barmherzigkeit empor, Knie'st an des Richters Stuhl, und flehest Gnade! Gnade! Und sprengst des Paradieses Thor -- Barmherzigkeit, du flichst in stiller Schwermuth Um unsern Todten diesen Rosmarin, Der blühn und duften soll, bis Rosmarin und Wer- muth Nicht mehr auf Leichenhügeln blühn! Barmherzigkeit, du träufst in Todeswunden Des Mitleids Öl, der Hoffnung Labewein. Die schauerliche Nacht der letzten bangen Stunden Erhellt dein sanfter Mondenschein. Barmherzigkeit, du führst uns stracks und grade Zum Vater der Barmherzigkeit empor, Knie'st an des Richters Stuhl, und flehest Gnade! Gnade! Und sprengst des Paradieses Thor — Barmherzigkeit, du flichst in stiller Schwermuth Um unsern Todten diesen Rosmarin, Der blühn und duften soll, bis Rosmarin und Wer- muth Nicht mehr auf Leichenhügeln blühn! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0172" n="156"/> </l> <lg n="29"> <l>Barmherzigkeit, du träufst in Todeswunden</l><lb/> <l>Des Mitleids Öl, der Hoffnung Labewein.</l><lb/> <l>Die schauerliche Nacht der letzten bangen Stunden</l><lb/> <l>Erhellt dein sanfter Mondenschein.</l> </lg><lb/> <lg n="30"> <l>Barmherzigkeit, du führst uns stracks und grade</l><lb/> <l>Zum Vater der Barmherzigkeit empor,</l><lb/> <l>Knie'st an des Richters Stuhl, und flehest Gnade!</l><lb/> <l>Gnade!</l><lb/> <l>Und sprengst des Paradieses Thor —</l> </lg><lb/> <lg n="31"> <l>Barmherzigkeit, du flichst in stiller Schwermuth</l><lb/> <l>Um unsern Todten diesen Rosmarin,</l><lb/> <l>Der blühn und duften soll, bis Rosmarin und Wer-</l><lb/> <l>muth</l><lb/> <l>Nicht mehr auf Leichenhügeln blühn!</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [156/0172]
Barmherzigkeit, du träufst in Todeswunden
Des Mitleids Öl, der Hoffnung Labewein.
Die schauerliche Nacht der letzten bangen Stunden
Erhellt dein sanfter Mondenschein.
Barmherzigkeit, du führst uns stracks und grade
Zum Vater der Barmherzigkeit empor,
Knie'st an des Richters Stuhl, und flehest Gnade!
Gnade!
Und sprengst des Paradieses Thor —
Barmherzigkeit, du flichst in stiller Schwermuth
Um unsern Todten diesen Rosmarin,
Der blühn und duften soll, bis Rosmarin und Wer-
muth
Nicht mehr auf Leichenhügeln blühn!
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