Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Doch, wenn du schonend deine Macht ge- brauchest, Mir mild und gütig in das Auge blickst, Ein leises "Denke mein!" mir in die Seele hau- chest, Und scheidend mir die Hände drückst: Wie selig fühl' ich dann mich, überselig; Ein Heros, wähn' ich, sey ich, sey ein Gott! Und blutete für dich mit Freuden, sänke fröhlich Für dich, Geliebte, in den Tod! Dann könnt' ich alles dulden, alles tragen, Der Bande Schmach, der Kerker Finsterniss; Ich trotzet', um für dich mein Alles hinzuwagen, Den Parzen und der Nemesis. Dann möcht' ich gern die ganze Welt be- glücken, Den Todfeind möcht' ich brüderlich umfahn, Die starre Hölle selbst an meinen Busen drücken, Und rettend mich dem Orkus nahn. Das Sieb der Danaiden möcht' ich füllen, Dem müdgequälten Sisyph Kühlung wehn, Prometheus Fessel brechen, Tantals Hunger stillen, Ixions Rad mitleidig drehn. Doch, wenn du schonend deine Macht ge- brauchest, Mir mild und gütig in das Auge blickst, Ein leises „Denke mein!“ mir in die Seele hau- chest, Und scheidend mir die Hände drückst: Wie selig fühl' ich dann mich, überselig; Ein Heros, wähn' ich, sey ich, sey ein Gott! Und blutete für dich mit Freuden, sänke fröhlich Für dich, Geliebte, in den Tod! Dann könnt' ich alles dulden, alles tragen, Der Bande Schmach, der Kerker Finsterniss; Ich trotzet', um für dich mein Alles hinzuwagen, Den Parzen und der Nemesis. Dann möcht' ich gern die ganze Welt be- glücken, Den Todfeind möcht' ich brüderlich umfahn, Die starre Hölle selbst an meinen Busen drücken, Und rettend mich dem Orkus nahn. Das Sieb der Danaiden möcht' ich füllen, Dem müdgequälten Sisyph Kühlung wehn, Prometheus Fessel brechen, Tantals Hunger stillen, Ixions Rad mitleidig drehn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0216" n="198"/> </l> <lg n="8"> <l>Doch, wenn du schonend deine Macht ge-</l><lb/> <l>brauchest,</l><lb/> <l>Mir mild und gütig in das Auge blickst,</l><lb/> <l>Ein leises „Denke mein!“ mir in die Seele hau-</l><lb/> <l>chest,</l><lb/> <l>Und scheidend mir die Hände drückst:</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Wie selig fühl' ich dann mich, überselig;</l><lb/> <l>Ein Heros, wähn' ich, sey ich, sey ein Gott!</l><lb/> <l>Und blutete für dich mit Freuden, sänke fröhlich</l><lb/> <l>Für dich, Geliebte, in den Tod!</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Dann könnt' ich alles dulden, alles tragen,</l><lb/> <l>Der Bande Schmach, der Kerker Finsterniss;</l><lb/> <l>Ich trotzet', um für dich mein Alles hinzuwagen,</l><lb/> <l>Den Parzen und der Nemesis.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Dann möcht' ich gern die ganze Welt be-</l><lb/> <l>glücken,</l><lb/> <l>Den Todfeind möcht' ich brüderlich umfahn,</l><lb/> <l>Die starre Hölle selbst an meinen Busen drücken,</l><lb/> <l>Und rettend mich dem Orkus nahn.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Das Sieb der Danaiden möcht' ich füllen,</l><lb/> <l>Dem müdgequälten Sisyph Kühlung wehn,</l><lb/> <l>Prometheus Fessel brechen, Tantals Hunger stillen,</l><lb/> <l>Ixions Rad mitleidig drehn.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [198/0216]
Doch, wenn du schonend deine Macht ge-
brauchest,
Mir mild und gütig in das Auge blickst,
Ein leises „Denke mein!“ mir in die Seele hau-
chest,
Und scheidend mir die Hände drückst:
Wie selig fühl' ich dann mich, überselig;
Ein Heros, wähn' ich, sey ich, sey ein Gott!
Und blutete für dich mit Freuden, sänke fröhlich
Für dich, Geliebte, in den Tod!
Dann könnt' ich alles dulden, alles tragen,
Der Bande Schmach, der Kerker Finsterniss;
Ich trotzet', um für dich mein Alles hinzuwagen,
Den Parzen und der Nemesis.
Dann möcht' ich gern die ganze Welt be-
glücken,
Den Todfeind möcht' ich brüderlich umfahn,
Die starre Hölle selbst an meinen Busen drücken,
Und rettend mich dem Orkus nahn.
Das Sieb der Danaiden möcht' ich füllen,
Dem müdgequälten Sisyph Kühlung wehn,
Prometheus Fessel brechen, Tantals Hunger stillen,
Ixions Rad mitleidig drehn.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |