In den ergrauenden Locken dir wühlt, auf den Gipfeln der Graniz Schweigend der Vollmond ruht und deine Wangen beglänzet -- Welche Wonne sodann, im Rauschen der Eich', in des Vollmonds Dämmerscheine zu sitzen im Ringe des alternden Maales! Welche Wonn', im Rauschen des Waldes, im däm- mernden Mondlicht, Eingewiegt auf duftendem Moos' in luftigen Schlum- mer, Unterzutauchen in lieblichen Traum und in trunkne Gesichte! Steigen seh' ich die Heldenschatten aus schlummern- den Maalen, Sehe sie zucken das Schwert, und den Schild em- pören, und höre Tosen die Berg' und den Wald von der Kämpfer Geschrey, von der Sieger Wildem Frohlocken, der Sinkenden Ächzen, dem Jammer der Mädchen. Plötzlich erwach' ich. Ich raffe mich auf. Die nichtigen Schatten Schwinden in Luft. Es rauscht und stöhnt im Wipfel der Eichen, Dass das Haar sich leise mir hebt, und Schauder mich schütteln.
In den ergrauenden Locken dir wühlt, auf den Gipfeln der Graniz Schweigend der Vollmond ruht und deine Wangen beglänzet — Welche Wonne sodann, im Rauschen der Eich', in des Vollmonds Dämmerscheine zu sitzen im Ringe des alternden Maales! Welche Wonn', im Rauschen des Waldes, im däm- mernden Mondlicht, Eingewiegt auf duftendem Moos' in luftigen Schlum- mer, Unterzutauchen in lieblichen Traum und in trunkne Gesichte! Steigen seh' ich die Heldenschatten aus schlummern- den Maalen, Sehe sie zucken das Schwert, und den Schild em- pören, und höre Tosen die Berg' und den Wald von der Kämpfer Geschrey, von der Sieger Wildem Frohlocken, der Sinkenden Ächzen, dem Jammer der Mädchen. Plötzlich erwach' ich. Ich raffe mich auf. Die nichtigen Schatten Schwinden in Luft. Es rauscht und stöhnt im Wipfel der Eichen, Dass das Haar sich leise mir hebt, und Schauder mich schütteln.
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In den ergrauenden Locken dir wühlt, auf den
Gipfeln der Graniz
Schweigend der Vollmond ruht und deine Wangen
beglänzet —
Welche Wonne sodann, im Rauschen der Eich',
in des Vollmonds
Dämmerscheine zu sitzen im Ringe des alternden
Maales!
Welche Wonn', im Rauschen des Waldes, im däm-
mernden Mondlicht,
Eingewiegt auf duftendem Moos' in luftigen Schlum-
mer,
Unterzutauchen in lieblichen Traum und in trunkne
Gesichte!
Steigen seh' ich die Heldenschatten aus schlummern-
den Maalen,
Sehe sie zucken das Schwert, und den Schild em-
pören, und höre
Tosen die Berg' und den Wald von der Kämpfer
Geschrey, von der Sieger
Wildem Frohlocken, der Sinkenden Ächzen, dem
Jammer der Mädchen.
Plötzlich erwach' ich. Ich raffe mich auf. Die
nichtigen Schatten
Schwinden in Luft. Es rauscht und stöhnt im
Wipfel der Eichen,
Dass das Haar sich leise mir hebt, und Schauder
mich schütteln.
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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/22>, abgerufen am 21.11.2024.
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