Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Trauert immer, holde Auen, Traute Fluren, trauert nur! Hüllet euch in Nacht und Grauen! Traure, traure nur, Natur. Auch dein Freund und Liebling trauert, Seines Geistes Licht ist hin; Schimmerlose Nacht umschauert Seinen gramumwölkten Sinn. Leer ist seiner Pfeile Köcher, Seines Bogens Sehn' erschlafft, Ausgeschöpft der goldne Becher, Ausgelöscht des Herzens Kraft. Und mit Recht wohl mag ich trauern. Fern von ihrer Mutterflur, Im Bezirke dumpfer Mauern, Im Gebiet der Unnatur, Wandelt, die ich einzig meine, Die mir Sinn und Seele füllt, Sie, die Klare, sie die Reine, Deren glanzumstrahltes Bild Jenes Schön mir widerspiegelt, Das aus höhern Sphären stammt, Die zum Heros mich beflügelt, Und zum Halbgott mich entflammt. Trauert immer, holde Auen, Traute Fluren, trauert nur! Hüllet euch in Nacht und Grauen! Traure, traure nur, Natur. Auch dein Freund und Liebling trauert, Seines Geistes Licht ist hin; Schimmerlose Nacht umschauert Seinen gramumwölkten Sinn. Leer ist seiner Pfeile Köcher, Seines Bogens Sehn' erschlafft, Ausgeschöpft der goldne Becher, Ausgelöscht des Herzens Kraft. Und mit Recht wohl mag ich trauern. Fern von ihrer Mutterflur, Im Bezirke dumpfer Mauern, Im Gebiet der Unnatur, Wandelt, die ich einzig meine, Die mir Sinn und Seele füllt, Sie, die Klare, sie die Reine, Deren glanzumstrahltes Bild Jenes Schön mir widerspiegelt, Das aus höhern Sphären stammt, Die zum Heros mich beflügelt, Und zum Halbgott mich entflammt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0235" n="217"/> </l> <lg n="2"> <l>Trauert immer, holde Auen,</l><lb/> <l>Traute Fluren, trauert nur!</l><lb/> <l>Hüllet euch in Nacht und Grauen!</l><lb/> <l>Traure, traure nur, Natur.</l><lb/> <l>Auch dein Freund und Liebling trauert,</l><lb/> <l>Seines Geistes Licht ist hin;</l><lb/> <l>Schimmerlose Nacht umschauert</l><lb/> <l>Seinen gramumwölkten Sinn.</l><lb/> <l>Leer ist seiner Pfeile Köcher,</l><lb/> <l>Seines Bogens Sehn' erschlafft,</l><lb/> <l>Ausgeschöpft der goldne Becher,</l><lb/> <l>Ausgelöscht des Herzens Kraft.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Und mit Recht wohl mag ich trauern.</l><lb/> <l>Fern von ihrer Mutterflur,</l><lb/> <l>Im Bezirke dumpfer Mauern,</l><lb/> <l>Im Gebiet der Unnatur,</l><lb/> <l>Wandelt, die ich einzig meine,</l><lb/> <l>Die mir Sinn und Seele füllt,</l><lb/> <l>Sie, die Klare, sie die Reine,</l><lb/> <l>Deren glanzumstrahltes Bild</l><lb/> <l>Jenes Schön mir widerspiegelt,</l><lb/> <l>Das aus höhern Sphären stammt,</l><lb/> <l>Die zum Heros mich beflügelt,</l><lb/> <l>Und zum Halbgott mich entflammt.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [217/0235]
Trauert immer, holde Auen,
Traute Fluren, trauert nur!
Hüllet euch in Nacht und Grauen!
Traure, traure nur, Natur.
Auch dein Freund und Liebling trauert,
Seines Geistes Licht ist hin;
Schimmerlose Nacht umschauert
Seinen gramumwölkten Sinn.
Leer ist seiner Pfeile Köcher,
Seines Bogens Sehn' erschlafft,
Ausgeschöpft der goldne Becher,
Ausgelöscht des Herzens Kraft.
Und mit Recht wohl mag ich trauern.
Fern von ihrer Mutterflur,
Im Bezirke dumpfer Mauern,
Im Gebiet der Unnatur,
Wandelt, die ich einzig meine,
Die mir Sinn und Seele füllt,
Sie, die Klare, sie die Reine,
Deren glanzumstrahltes Bild
Jenes Schön mir widerspiegelt,
Das aus höhern Sphären stammt,
Die zum Heros mich beflügelt,
Und zum Halbgott mich entflammt.
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