Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Spannt deinen Bogen nicht noch ungeschwächte Kraft? Schwellt deine Adern nicht die Woge Leidenschaft? Giebt dem Begeisterten der Schönheit Genius Nicht manchen Liebeskuss? Ist nicht die Wahrheit dir, bist du nicht ihr vertraut? Drückt dich nicht an ihr Herz Natur, wie eine Braut? Schlingt nicht um deinen Hals die Tugend liebe- warm Den himmelhellen Arm? Strömt nicht, wie Schlossen wild, wie Gottes Donner stark, Dein Hochgesang daher, und schüttert Nerv' und Mark? Schmelzt nicht dein sanftres Lied des Edlern fühlend Herz In wollustvollen Schmerz? Gelang im Dunkeln dir nicht manche bessre That, Die keine Zeugen hier, die Zeugen droben hat? Hast du die Thräne nicht der Inbrunst, ernst und schön, Dir dankbar fliessen sehn? Spannt deinen Bogen nicht noch ungeschwächte Kraft? Schwellt deine Adern nicht die Woge Leidenschaft? Giebt dem Begeisterten der Schönheit Genius Nicht manchen Liebeskuss? Ist nicht die Wahrheit dir, bist du nicht ihr vertraut? Drückt dich nicht an ihr Herz Natur, wie eine Braut? Schlingt nicht um deinen Hals die Tugend liebe- warm Den himmelhellen Arm? Strömt nicht, wie Schlossen wild, wie Gottes Donner stark, Dein Hochgesang daher, und schüttert Nerv' und Mark? Schmelzt nicht dein sanftres Lied des Edlern fühlend Herz In wollustvollen Schmerz? Gelang im Dunkeln dir nicht manche bessre That, Die keine Zeugen hier, die Zeugen droben hat? Hast du die Thräne nicht der Inbrunst, ernst und schön, Dir dankbar fliessen sehn? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0336" n="316"/> </l> <lg n="3"> <l>Spannt deinen Bogen nicht noch ungeschwächte</l><lb/> <l>Kraft?</l><lb/> <l>Schwellt deine Adern nicht die Woge Leidenschaft?</l><lb/> <l>Giebt dem Begeisterten der Schönheit Genius</l><lb/> <l>Nicht manchen Liebeskuss?</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Ist nicht die Wahrheit dir, bist du nicht ihr</l><lb/> <l>vertraut?</l><lb/> <l>Drückt dich nicht an ihr Herz Natur, wie eine</l><lb/> <l>Braut?</l><lb/> <l>Schlingt nicht um deinen Hals die Tugend liebe-</l><lb/> <l>warm</l><lb/> <l>Den himmelhellen Arm?</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Strömt nicht, wie Schlossen wild, wie Gottes</l><lb/> <l>Donner stark,</l><lb/> <l>Dein Hochgesang daher, und schüttert Nerv' und</l><lb/> <l>Mark?</l><lb/> <l>Schmelzt nicht dein sanftres Lied des Edlern fühlend</l><lb/> <l>Herz</l><lb/> <l>In wollustvollen Schmerz?</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Gelang im Dunkeln dir nicht manche bessre</l><lb/> <l>That,</l><lb/> <l>Die keine Zeugen hier, die Zeugen droben hat?</l><lb/> <l>Hast du die Thräne nicht der Inbrunst, ernst</l><lb/> <l>und schön,</l><lb/> <l>Dir dankbar fliessen sehn?</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [316/0336]
Spannt deinen Bogen nicht noch ungeschwächte
Kraft?
Schwellt deine Adern nicht die Woge Leidenschaft?
Giebt dem Begeisterten der Schönheit Genius
Nicht manchen Liebeskuss?
Ist nicht die Wahrheit dir, bist du nicht ihr
vertraut?
Drückt dich nicht an ihr Herz Natur, wie eine
Braut?
Schlingt nicht um deinen Hals die Tugend liebe-
warm
Den himmelhellen Arm?
Strömt nicht, wie Schlossen wild, wie Gottes
Donner stark,
Dein Hochgesang daher, und schüttert Nerv' und
Mark?
Schmelzt nicht dein sanftres Lied des Edlern fühlend
Herz
In wollustvollen Schmerz?
Gelang im Dunkeln dir nicht manche bessre
That,
Die keine Zeugen hier, die Zeugen droben hat?
Hast du die Thräne nicht der Inbrunst, ernst
und schön,
Dir dankbar fliessen sehn?
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