Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Der Erde Ruhm ist Hauch, der durch die Luft verwallt; Der Erde Freundschaft Schall, der hohlem Fass' ent- hallt; Der Erde Ewigkeit währt Wendung einer Hand; Ihr Glaub' ist Ufersand. Die Sonne sinkt und steigt; einst wird ihr Bett ihr Grab. Der Himmel wirft sein Heer, wie dürre Blätter ab. Vergänglichkeit vergeht. Das Staubgebäu zer- stäubt; Die ewge Seele bleibt. Die ewge Seele schwingt hoch über Wahn und Trug Der Erde sich empor, erfleugt mit Adlerflug Der Wahrheit Flammenborn, der jeden Durst er- löscht, Und jede Makel wäscht; Wo keine Täuschung irrt, und keine Gier uns plagt, Wo keine Sehnsucht lechzt, und keine Reue nagt, Wo leise Wonne Schmerz, Entzücken Wehmuth heisst -- Ermanne dich, mein Geist! Der Erde Ruhm ist Hauch, der durch die Luft verwallt; Der Erde Freundschaft Schall, der hohlem Fass' ent- hallt; Der Erde Ewigkeit währt Wendung einer Hand; Ihr Glaub' ist Ufersand. Die Sonne sinkt und steigt; einst wird ihr Bett ihr Grab. Der Himmel wirft sein Heer, wie dürre Blätter ab. Vergänglichkeit vergeht. Das Staubgebäu zer- stäubt; Die ewge Seele bleibt. Die ewge Seele schwingt hoch über Wahn und Trug Der Erde sich empor, erfleugt mit Adlerflug Der Wahrheit Flammenborn, der jeden Durst er- löscht, Und jede Makel wäscht; Wo keine Täuschung irrt, und keine Gier uns plagt, Wo keine Sehnsucht lechzt, und keine Reue nagt, Wo leise Wonne Schmerz, Entzücken Wehmuth heisst — Ermanne dich, mein Geist! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0338" n="318"/> </l> <lg n="11"> <l>Der Erde Ruhm ist Hauch, der durch die Luft</l><lb/> <l>verwallt;</l><lb/> <l>Der Erde Freundschaft Schall, der hohlem Fass' ent-</l><lb/> <l>hallt;</l><lb/> <l>Der Erde Ewigkeit währt Wendung einer Hand;</l><lb/> <l>Ihr Glaub' ist Ufersand.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Die Sonne sinkt und steigt; einst wird ihr Bett</l><lb/> <l>ihr Grab.</l><lb/> <l>Der Himmel wirft sein Heer, wie dürre Blätter ab.</l><lb/> <l>Vergänglichkeit vergeht. Das Staubgebäu zer-</l><lb/> <l>stäubt;</l><lb/> <l>Die ewge Seele bleibt.</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>Die ewge Seele schwingt hoch über Wahn und</l><lb/> <l>Trug</l><lb/> <l>Der Erde sich empor, erfleugt mit Adlerflug</l><lb/> <l>Der Wahrheit Flammenborn, der jeden Durst er-</l><lb/> <l>löscht,</l><lb/> <l>Und jede Makel wäscht;</l> </lg><lb/> <lg n="14"> <l>Wo keine Täuschung irrt, und keine Gier uns</l><lb/> <l>plagt,</l><lb/> <l>Wo keine Sehnsucht lechzt, und keine Reue</l><lb/> <l>nagt,</l><lb/> <l>Wo leise Wonne Schmerz, Entzücken Wehmuth</l><lb/> <l>heisst —</l><lb/> <l>Ermanne dich, mein Geist!</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [318/0338]
Der Erde Ruhm ist Hauch, der durch die Luft
verwallt;
Der Erde Freundschaft Schall, der hohlem Fass' ent-
hallt;
Der Erde Ewigkeit währt Wendung einer Hand;
Ihr Glaub' ist Ufersand.
Die Sonne sinkt und steigt; einst wird ihr Bett
ihr Grab.
Der Himmel wirft sein Heer, wie dürre Blätter ab.
Vergänglichkeit vergeht. Das Staubgebäu zer-
stäubt;
Die ewge Seele bleibt.
Die ewge Seele schwingt hoch über Wahn und
Trug
Der Erde sich empor, erfleugt mit Adlerflug
Der Wahrheit Flammenborn, der jeden Durst er-
löscht,
Und jede Makel wäscht;
Wo keine Täuschung irrt, und keine Gier uns
plagt,
Wo keine Sehnsucht lechzt, und keine Reue
nagt,
Wo leise Wonne Schmerz, Entzücken Wehmuth
heisst —
Ermanne dich, mein Geist!
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