Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Nun, so zeuch denn hin zum rechten Vater! Zeuch in Frieden, herzgeliebtes Kind! Ich befehle dich dem grossen Vater, Ohne Den wir alle Waisen sind! Einmal nur noch lass dich Tochter grüssen, Einmal noch dein liebes Antlitz sehn! Einmal noch mich diese Stirne küssen! Und nun Lebewohl auf Wiedersehn! Also sprach ich und nach letzter bittrer Letze Senkten sie ins ernste Dunkel sie hinab; Und den edelsten, den schönsten meiner Schätze, Ach, verschlang das öde Grab. Julie, Julie, du des Tags mein Träumen, Und des Nachts mein Gram, wo weilst du itzt? Weilst du droben in den lichten Räumen, Wo das schöne Schnittermägdlein blitzt? Wandelst du in grünen Paradiesen, Musterst deines Vaters Blumenflor, Tanzest auf den amaranthnen Wiesen Unter leuchtender Gespielen Chor? Welche Glanzgestalt hiess freundlich dich will- kommen? Welche Huldin wurde deine Führerin? Süsse Tochter, bist du etwa meiner frommen Weisen Mutter Zöglingin? Nun, so zeuch denn hin zum rechten Vater! Zeuch in Frieden, herzgeliebtes Kind! Ich befehle dich dem grossen Vater, Ohne Den wir alle Waisen sind! Einmal nur noch lass dich Tochter grüssen, Einmal noch dein liebes Antlitz sehn! Einmal noch mich diese Stirne küssen! Und nun Lebewohl auf Wiedersehn! Also sprach ich und nach letzter bittrer Letze Senkten sie ins ernste Dunkel sie hinab; Und den edelsten, den schönsten meiner Schätze, Ach, verschlang das öde Grab. Julie, Julie, du des Tags mein Träumen, Und des Nachts mein Gram, wo weilst du itzt? Weilst du droben in den lichten Räumen, Wo das schöne Schnittermägdlein blitzt? Wandelst du in grünen Paradiesen, Musterst deines Vaters Blumenflor, Tanzest auf den amaranthnen Wiesen Unter leuchtender Gespielen Chor? Welche Glanzgestalt hiess freundlich dich will- kommen? Welche Huldin wurde deine Führerin? Süsse Tochter, bist du etwa meiner frommen Weisen Mutter Zöglingin? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0363" n="341"/> </l> <lg n="8"> <l>Nun, so zeuch denn hin zum rechten Vater!</l><lb/> <l>Zeuch in Frieden, herzgeliebtes Kind!</l><lb/> <l>Ich befehle dich dem grossen Vater,</l><lb/> <l>Ohne Den wir alle Waisen sind!</l><lb/> <l>Einmal nur noch lass dich Tochter grüssen,</l><lb/> <l>Einmal noch dein liebes Antlitz sehn!</l><lb/> <l>Einmal noch mich diese Stirne küssen!</l><lb/> <l>Und nun Lebewohl auf Wiedersehn!</l><lb/> <l>Also sprach ich und nach letzter bittrer Letze</l><lb/> <l>Senkten sie ins ernste Dunkel sie hinab;</l><lb/> <l>Und den edelsten, den schönsten meiner Schätze,</l><lb/> <l>Ach, verschlang das öde Grab.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Julie, Julie, du des Tags mein Träumen,</l><lb/> <l>Und des Nachts mein Gram, wo weilst du</l><lb/> <l>itzt?</l><lb/> <l>Weilst du droben in den lichten Räumen,</l><lb/> <l>Wo das schöne Schnittermägdlein blitzt?</l><lb/> <l>Wandelst du in grünen Paradiesen,</l><lb/> <l>Musterst deines Vaters Blumenflor,</l><lb/> <l>Tanzest auf den amaranthnen Wiesen</l><lb/> <l>Unter leuchtender Gespielen Chor?</l><lb/> <l>Welche Glanzgestalt hiess freundlich dich will-</l><lb/> <l>kommen?</l><lb/> <l>Welche Huldin wurde deine Führerin?</l><lb/> <l>Süsse Tochter, bist du etwa meiner frommen</l><lb/> <l>Weisen Mutter Zöglingin?</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [341/0363]
Nun, so zeuch denn hin zum rechten Vater!
Zeuch in Frieden, herzgeliebtes Kind!
Ich befehle dich dem grossen Vater,
Ohne Den wir alle Waisen sind!
Einmal nur noch lass dich Tochter grüssen,
Einmal noch dein liebes Antlitz sehn!
Einmal noch mich diese Stirne küssen!
Und nun Lebewohl auf Wiedersehn!
Also sprach ich und nach letzter bittrer Letze
Senkten sie ins ernste Dunkel sie hinab;
Und den edelsten, den schönsten meiner Schätze,
Ach, verschlang das öde Grab.
Julie, Julie, du des Tags mein Träumen,
Und des Nachts mein Gram, wo weilst du
itzt?
Weilst du droben in den lichten Räumen,
Wo das schöne Schnittermägdlein blitzt?
Wandelst du in grünen Paradiesen,
Musterst deines Vaters Blumenflor,
Tanzest auf den amaranthnen Wiesen
Unter leuchtender Gespielen Chor?
Welche Glanzgestalt hiess freundlich dich will-
kommen?
Welche Huldin wurde deine Führerin?
Süsse Tochter, bist du etwa meiner frommen
Weisen Mutter Zöglingin?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |