Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Schluchzend des Schläfers Hügel besucht, wo meine
Allwine
Jammernd den Vater ruft, den nie erwachenden
Vater,
Während bestürzt die Unmündigen dastehn, wenig
es ahnend,
Was dem Schwesterchen sey und der händeringen-
den Mutter.
Dieses bedenkend durchwandl' ich des Gartens schat-
tende Gänge.
Dunkler werden die Schatten um mich. Wie Grä-
bergedüfte
Wehen mich an die Gerüche des blühenden Flieders.
Des Rohrspaz
Dumpfes Rufen gemahnt mich wie Todtengeläute,
bis etwa
Sich der thränende Blick erhebt zum ewigen Him-
mel,
Bis mit der Nacht entschleyertem Glanz, mit dem
Schimmer der Sterne,
Mit des Arkturus röthlichem Licht, mit dem Fun-
keln der Wega
Strahlend in mir der Gedank' erwacht, das hohe
Bewusstseyn:
Dass wir sind, um ewig zu seyn! -- Gestärkt und
getröstet
Wandl' ich nun heim auf mein stilles Gemach. Die
Wolke des Schlummers

Schluchzend des Schläfers Hügel besucht, wo meine
Allwine
Jammernd den Vater ruft, den nie erwachenden
Vater,
Während bestürzt die Unmündigen dastehn, wenig
es ahnend,
Was dem Schwesterchen sey und der händeringen-
den Mutter.
Dieses bedenkend durchwandl' ich des Gartens schat-
tende Gänge.
Dunkler werden die Schatten um mich. Wie Grä-
bergedüfte
Wehen mich an die Gerüche des blühenden Flieders.
Des Rohrspaz
Dumpfes Rufen gemahnt mich wie Todtengeläute,
bis etwa
Sich der thränende Blick erhebt zum ewigen Him-
mel,
Bis mit der Nacht entschleyertem Glanz, mit dem
Schimmer der Sterne,
Mit des Arkturus röthlichem Licht, mit dem Fun-
keln der Wega
Strahlend in mir der Gedank' erwacht, das hohe
Bewusstseyn:
Dass wir sind, um ewig zu seyn! — Gestärkt und
getröstet
Wandl' ich nun heim auf mein stilles Gemach. Die
Wolke des Schlummers

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="30">
              <l>
                <pb facs="#f0417" n="393"/>
              </l>
              <l>Schluchzend des Schläfers Hügel besucht, wo meine</l><lb/>
              <l>Allwine</l><lb/>
              <l>Jammernd den Vater ruft, den nie erwachenden</l><lb/>
              <l>Vater,</l><lb/>
              <l>Während bestürzt die Unmündigen dastehn, wenig</l><lb/>
              <l>es ahnend,</l><lb/>
              <l>Was dem Schwesterchen sey und der händeringen-</l><lb/>
              <l>den Mutter.</l><lb/>
              <l>Dieses bedenkend durchwandl' ich des Gartens schat-</l><lb/>
              <l>tende Gänge.</l><lb/>
              <l>Dunkler werden die Schatten um mich. Wie Grä-</l><lb/>
              <l>bergedüfte</l><lb/>
              <l>Wehen mich an die Gerüche des blühenden Flieders.</l><lb/>
              <l>Des Rohrspaz</l><lb/>
              <l>Dumpfes Rufen gemahnt mich wie Todtengeläute,</l><lb/>
              <l>bis etwa</l><lb/>
              <l>Sich der thränende Blick erhebt zum ewigen Him-</l><lb/>
              <l>mel,</l><lb/>
              <l>Bis mit der Nacht entschleyertem Glanz, mit dem</l><lb/>
              <l>Schimmer der Sterne,</l><lb/>
              <l>Mit des Arkturus röthlichem Licht, mit dem Fun-</l><lb/>
              <l>keln der Wega</l><lb/>
              <l>Strahlend in mir der Gedank' erwacht, das hohe</l><lb/>
              <l>Bewusstseyn:</l><lb/>
              <l>Dass wir sind, um ewig zu seyn! &#x2014; Gestärkt und</l><lb/>
              <l>getröstet</l><lb/>
              <l>Wandl' ich nun heim auf mein stilles Gemach. Die</l><lb/>
              <l>Wolke des Schlummers</l><lb/>
              <l>
</l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[393/0417] Schluchzend des Schläfers Hügel besucht, wo meine Allwine Jammernd den Vater ruft, den nie erwachenden Vater, Während bestürzt die Unmündigen dastehn, wenig es ahnend, Was dem Schwesterchen sey und der händeringen- den Mutter. Dieses bedenkend durchwandl' ich des Gartens schat- tende Gänge. Dunkler werden die Schatten um mich. Wie Grä- bergedüfte Wehen mich an die Gerüche des blühenden Flieders. Des Rohrspaz Dumpfes Rufen gemahnt mich wie Todtengeläute, bis etwa Sich der thränende Blick erhebt zum ewigen Him- mel, Bis mit der Nacht entschleyertem Glanz, mit dem Schimmer der Sterne, Mit des Arkturus röthlichem Licht, mit dem Fun- keln der Wega Strahlend in mir der Gedank' erwacht, das hohe Bewusstseyn: Dass wir sind, um ewig zu seyn! — Gestärkt und getröstet Wandl' ich nun heim auf mein stilles Gemach. Die Wolke des Schlummers

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/417
Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen02_1798/417>, abgerufen am 27.11.2024.