Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.Oda, Oda erwach! Hört sie des Sängers Ruf? Leise regt sich ihr Mund; leiser ihr Arm. Sie schlägt, Schau, die leuchtenden Augen Gleich zwei schwellenden Himmeln auf. Höher schwillt ihr die Brust; lauter erklopft ihr Herz. Wem erklopft es? Es klopft, Vater der Leben, dir, Der den Morgen mit Rosen, Der mit Strahlen den Mittag lockt. Leise Wehmuth bewölkt ihren gesunknen Blick. Sehnsuchtseufzer entwehn ihrer gehobnen Brust. Ach, sie wehn dem Beglückten, Den ihr schweigendes Lieben meint. Oda, Oda! und Ihm steiget' dein Busen nicht, Oder steigt ihm so spät, der von dem Dämmerstrahl Des ergrauenden Morgens Bis zur schattenden Nacht dein denkt? Dieses spätere Ach, wähnst du, genüge mir? Dieser flüchtige Blick? Laue, ich hasse dich! Ich verachte den Handdruck, Der der zögernden Hand entfährt. Oda, Oda erwach! Hört sie des Sängers Ruf? Leise regt sich ihr Mund; leiser ihr Arm. Sie schlägt, Schau, die leuchtenden Augen Gleich zwei schwellenden Himmeln auf. Höher schwillt ihr die Brust; lauter erklopft ihr Herz. Wem erklopft es? Es klopft, Vater der Leben, dir, Der den Morgen mit Rosen, Der mit Strahlen den Mittag lockt. Leise Wehmuth bewölkt ihren gesunknen Blick. Sehnsuchtseufzer entwehn ihrer gehobnen Brust. Ach, sie wehn dem Beglückten, Den ihr schweigendes Lieben meint. Oda, Oda! und Ihm steiget' dein Busen nicht, Oder steigt ihm so spät, der von dem Dämmerstrahl Des ergrauenden Morgens Bis zur schattenden Nacht dein denkt? Dieses spätere Ach, wähnst du, genüge mir? Dieser flüchtige Blick? Laue, ich hasse dich! Ich verachte den Handdruck, Der der zögernden Hand entfährt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0084" n="68"/> </l> <lg n="4"> <l>Oda, Oda erwach! Hört sie des Sängers Ruf?</l><lb/> <l>Leise regt sich ihr Mund; leiser ihr Arm. Sie</l><lb/> <l>schlägt,</l><lb/> <l>Schau, die leuchtenden Augen</l><lb/> <l>Gleich zwei schwellenden Himmeln auf.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Höher schwillt ihr die Brust; lauter erklopft ihr</l><lb/> <l>Herz.</l><lb/> <l>Wem erklopft es? Es klopft, Vater der Leben,</l><lb/> <l>dir,</l><lb/> <l>Der den Morgen mit Rosen,</l><lb/> <l>Der mit Strahlen den Mittag lockt.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Leise Wehmuth bewölkt ihren gesunknen Blick.</l><lb/> <l>Sehnsuchtseufzer entwehn ihrer gehobnen Brust.</l><lb/> <l>Ach, sie wehn dem Beglückten,</l><lb/> <l>Den ihr schweigendes Lieben meint.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Oda, Oda! und Ihm steiget' dein Busen nicht,</l><lb/> <l>Oder steigt ihm so spät, der von dem Dämmerstrahl</l><lb/> <l>Des ergrauenden Morgens</l><lb/> <l>Bis zur schattenden Nacht dein denkt?</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Dieses spätere Ach, wähnst du, genüge mir?</l><lb/> <l>Dieser flüchtige Blick? Laue, ich hasse dich!</l><lb/> <l>Ich verachte den Handdruck,</l><lb/> <l>Der der zögernden Hand entfährt.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0084]
Oda, Oda erwach! Hört sie des Sängers Ruf?
Leise regt sich ihr Mund; leiser ihr Arm. Sie
schlägt,
Schau, die leuchtenden Augen
Gleich zwei schwellenden Himmeln auf.
Höher schwillt ihr die Brust; lauter erklopft ihr
Herz.
Wem erklopft es? Es klopft, Vater der Leben,
dir,
Der den Morgen mit Rosen,
Der mit Strahlen den Mittag lockt.
Leise Wehmuth bewölkt ihren gesunknen Blick.
Sehnsuchtseufzer entwehn ihrer gehobnen Brust.
Ach, sie wehn dem Beglückten,
Den ihr schweigendes Lieben meint.
Oda, Oda! und Ihm steiget' dein Busen nicht,
Oder steigt ihm so spät, der von dem Dämmerstrahl
Des ergrauenden Morgens
Bis zur schattenden Nacht dein denkt?
Dieses spätere Ach, wähnst du, genüge mir?
Dieser flüchtige Blick? Laue, ich hasse dich!
Ich verachte den Handdruck,
Der der zögernden Hand entfährt.
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