Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Deiner Monden und Jahre sich stürzen in drängen-
Deiner Monden und Jahre sich stürzen in drängen- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l> <pb facs="#f0096" n="80"/> </l> <l>Deiner Monden und Jahre sich stürzen in drängen-</l><lb/> <l>den Wogen,</l><lb/> <l>In der Vergangenheit alles verschlingendes</l><lb/> <l>Meer?</l><lb/> <l>Rufst du die Freuden zurück, die dir im Schoosse</l><lb/> <l>der Vorzeit</l><lb/> <l>Blühten? Winkst du dem Gram, welcher</l><lb/> <l>dich trübte, zurück?</l><lb/> <l>Lass sie ruhen! Sie sind verschwunden, wie nich-</l><lb/> <l>tige Schatten.</l><lb/> <l>Lass ihn schlummern! Er schläft in der</l><lb/> <l>Vergessenheit Nacht.</l><lb/> <l>Freue dich deiner Jugend. Noch gürtet ihr rosiger</l><lb/> <l>Gürtel</l><lb/> <l>Deine Hüfte; dein Haar ringelt die Freund-</l><lb/> <l>liche noch.</l><lb/> <l>Freue dich deines Seyns; denn süss ist Seyn, und</l><lb/> <l>erfreulich</l><lb/> <l>Ist es zu athmen. Und schön lächelst du,</l><lb/> <l>seliges Licht.</l><lb/> <l>Perlen streuet die Sonn' im Aufgang, Perlen im</l><lb/> <l>Abend.</l><lb/> <l>Freundlich leuchtet der Mond über die</l><lb/> <l>schlummernde Welt.</l><lb/> <l>Lüstern lächelt die Erd' am Bräutigamsbusen des</l><lb/> <l>Frühlings.</l><lb/> <l>Leise pflücket der Herbst ihre Verwelkun-</l><lb/> <l>gen weg.</l><lb/> <l> </l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [80/0096]
Deiner Monden und Jahre sich stürzen in drängen-
den Wogen,
In der Vergangenheit alles verschlingendes
Meer?
Rufst du die Freuden zurück, die dir im Schoosse
der Vorzeit
Blühten? Winkst du dem Gram, welcher
dich trübte, zurück?
Lass sie ruhen! Sie sind verschwunden, wie nich-
tige Schatten.
Lass ihn schlummern! Er schläft in der
Vergessenheit Nacht.
Freue dich deiner Jugend. Noch gürtet ihr rosiger
Gürtel
Deine Hüfte; dein Haar ringelt die Freund-
liche noch.
Freue dich deines Seyns; denn süss ist Seyn, und
erfreulich
Ist es zu athmen. Und schön lächelst du,
seliges Licht.
Perlen streuet die Sonn' im Aufgang, Perlen im
Abend.
Freundlich leuchtet der Mond über die
schlummernde Welt.
Lüstern lächelt die Erd' am Bräutigamsbusen des
Frühlings.
Leise pflücket der Herbst ihre Verwelkun-
gen weg.
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