Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Der König schreitet raschen Schritts,
Die Erd' erdröhnt der Kraft des Tritts.
Furchtlos schaut er herab herauf,
Der Hölle Pforten thun sich auf.

Rechts ein Pfeiler am östlichen Thor,
Der König ihn zum Sitz erkohr,
Wo tausend Jahr im Grabe tief
Die zukunf[t]kundige Drude schlief.
Der König schaut zum starren Nord.
Dreymal raunt er das Runenwort.
Dreymal schreibt er den Spruch in Sand,
Der die Todten aus den Gräbern bannt.
Nun säuselt's aus hohler Tief hervor.
Dumpf murmelt's in sein lauschend Ohr.
Drude.
Welches Zaubers strenge Macht
Bannt mich aus der langen Nacht,
Stört mich in der tiefen Rast?
Wer bist, wer bist du, frecher Gast?
Tausend Jahr mein Gebein schon ruht
In Winterschnee und Sommergluth,
In nässendem Thau, in stöberndem Regen.
Lass schlafen mich, mich schlafen legen.
Ruchlos stöhrst du der Todten Rast.
Wer bist, wer bist du, fremder Gast?
G 2

Der König schreitet raschen Schritts,
Die Erd' erdröhnt der Kraft des Tritts.
Furchtlos schaut er herab herauf,
Der Hölle Pforten thun sich auf.

Rechts ein Pfeiler am östlichen Thor,
Der König ihn zum Sitz erkohr,
Wo tausend Jahr im Grabe tief
Die zukunf[t]kundige Drude schlief.
Der König schaut zum starren Nord.
Dreymal raunt er das Runenwort.
Dreymal schreibt er den Spruch in Sand,
Der die Todten aus den Gräbern bannt.
Nun säuselt's aus hohler Tief hervor.
Dumpf murmelt's in sein lauschend Ohr.
Drude.
Welches Zaubers strenge Macht
Bannt mich aus der langen Nacht,
Stört mich in der tiefen Rast?
Wer bist, wer bist du, frecher Gast?
Tausend Jahr mein Gebein schon ruht
In Winterschnee und Sommergluth,
In nässendem Thau, in stöberndem Regen.
Laſs schlafen mich, mich schlafen legen.
Ruchlos stöhrst du der Todten Rast.
Wer bist, wer bist du, fremder Gast?
G 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <pb facs="#f0119" n="99"/>
              <l>Der König schreitet raschen Schritts,</l><lb/>
              <l>Die Erd' erdröhnt der Kraft des Tritts.</l><lb/>
              <l>Furchtlos schaut er herab herauf,</l><lb/>
              <l>Der Hölle Pforten thun sich auf.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Rechts ein Pfeiler am östlichen Thor,</l><lb/>
              <l>Der König ihn zum Sitz erkohr,</l><lb/>
              <l>Wo tausend Jahr im Grabe tief</l><lb/>
              <l>Die zukunf<supplied>t</supplied>kundige Drude schlief.</l><lb/>
              <l>Der König schaut zum starren Nord.</l><lb/>
              <l>Dreymal raunt er das Runenwort.</l><lb/>
              <l>Dreymal schreibt er den Spruch in Sand,</l><lb/>
              <l>Der die Todten aus den Gräbern bannt.</l><lb/>
              <l>Nun säuselt's aus hohler Tief hervor.</l><lb/>
              <l>Dumpf murmelt's in sein lauschend Ohr.</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <lg>
            <head>Drude.</head><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Welches Zaubers strenge Macht</l><lb/>
              <l>Bannt mich aus der langen Nacht,</l><lb/>
              <l>Stört mich in der tiefen Rast?</l><lb/>
              <l>Wer bist, wer bist du, frecher Gast?</l><lb/>
              <l>Tausend Jahr mein Gebein schon ruht</l><lb/>
              <l>In Winterschnee und Sommergluth,</l><lb/>
              <l>In nässendem Thau, in stöberndem Regen.</l><lb/>
              <l>La&#x017F;s schlafen mich, mich schlafen legen.</l><lb/>
              <l>Ruchlos stöhrst du der Todten Rast.</l><lb/>
              <l>Wer bist, wer bist du, fremder Gast?</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">G 2</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0119] Der König schreitet raschen Schritts, Die Erd' erdröhnt der Kraft des Tritts. Furchtlos schaut er herab herauf, Der Hölle Pforten thun sich auf. Rechts ein Pfeiler am östlichen Thor, Der König ihn zum Sitz erkohr, Wo tausend Jahr im Grabe tief Die zukunftkundige Drude schlief. Der König schaut zum starren Nord. Dreymal raunt er das Runenwort. Dreymal schreibt er den Spruch in Sand, Der die Todten aus den Gräbern bannt. Nun säuselt's aus hohler Tief hervor. Dumpf murmelt's in sein lauschend Ohr. Drude. Welches Zaubers strenge Macht Bannt mich aus der langen Nacht, Stört mich in der tiefen Rast? Wer bist, wer bist du, frecher Gast? Tausend Jahr mein Gebein schon ruht In Winterschnee und Sommergluth, In nässendem Thau, in stöberndem Regen. Laſs schlafen mich, mich schlafen legen. Ruchlos stöhrst du der Todten Rast. Wer bist, wer bist du, fremder Gast? G 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/119
Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/119>, abgerufen am 24.11.2024.