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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802.

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Also lächelten die Charitinnen
Jedem Horcher durch das Ohr ins Herz?
Also wechselten die Pierinnen
Spielend frohen Ernst und weisen Scherz?
Aus des Aethers reinstem Duft gewoben
Wäre diese Seele, dieser Leib? --
Nein, die Göttinn ist in Dunst zerstoben,
Und geblieben ist ein sterblich Weib.
Dejanirens Lieb', Ismenens Güte,
Iphigeniens himmelklarer Sinn,
Jede Unschuld, jede Schöne blühte,
Wie ich wähnt', in dieser Heuchlerinn!
Jeder Tücke, wähnt' ich, jedes Zwanges
Sey sie ledig; blank und frank und frey
Sey nicht Daphne werther des Gesanges
Als es diese meines Hymnus sey.
Wie der Künstler an dem Ideale
Seines Geistes hängt mit süssem Hang,
Wie aus Hebens nektarvoller Schale
Der Alcide die Vergött'rung trank;
Also hing an ihr ich mit Entzücken,
Ihr verlobt, vertraut mit Schwur und Eyd.
Lüstern schöpft ich aus den falschen Blicken
Die Verdammniss und die Seligkeit.
Also lächelten die Charitinnen
Jedem Horcher durch das Ohr ins Herz?
Also wechselten die Pierinnen
Spielend frohen Ernst und weisen Scherz?
Aus des Aethers reinstem Duft gewoben
Wäre diese Seele, dieser Leib? —
Nein, die Göttinn ist in Dunst zerstoben,
Und geblieben ist ein sterblich Weib.
Dejanirens Lieb', Ismenens Güte,
Iphigeniens himmelklarer Sinn,
Jede Unschuld, jede Schöne blühte,
Wie ich wähnt', in dieser Heuchlerinn!
Jeder Tücke, wähnt' ich, jedes Zwanges
Sey sie ledig; blank und frank und frey
Sey nicht Daphne werther des Gesanges
Als es diese meines Hymnus sey.
Wie der Künstler an dem Ideale
Seines Geistes hängt mit süſsem Hang,
Wie aus Hebens nektarvoller Schale
Der Alcide die Vergött'rung trank;
Also hing an ihr ich mit Entzücken,
Ihr verlobt, vertraut mit Schwur und Eyd.
Lüstern schöpft ich aus den falschen Blicken
Die Verdammniſs und die Seligkeit.
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[140/0160] Also lächelten die Charitinnen Jedem Horcher durch das Ohr ins Herz? Also wechselten die Pierinnen Spielend frohen Ernst und weisen Scherz? Aus des Aethers reinstem Duft gewoben Wäre diese Seele, dieser Leib? — Nein, die Göttinn ist in Dunst zerstoben, Und geblieben ist ein sterblich Weib. Dejanirens Lieb', Ismenens Güte, Iphigeniens himmelklarer Sinn, Jede Unschuld, jede Schöne blühte, Wie ich wähnt', in dieser Heuchlerinn! Jeder Tücke, wähnt' ich, jedes Zwanges Sey sie ledig; blank und frank und frey Sey nicht Daphne werther des Gesanges Als es diese meines Hymnus sey. Wie der Künstler an dem Ideale Seines Geistes hängt mit süſsem Hang, Wie aus Hebens nektarvoller Schale Der Alcide die Vergött'rung trank; Also hing an ihr ich mit Entzücken, Ihr verlobt, vertraut mit Schwur und Eyd. Lüstern schöpft ich aus den falschen Blicken Die Verdammniſs und die Seligkeit.

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Zitationshilfe: Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/160>, abgerufen am 18.12.2024.