Dunklere Tinten verschönern den Mund, und lich- tre die Wange. Schwelgrisch umwallt dich die Fluth goldenen ringelnden Haars. Abgewogen aufs strengste ward dieser Glieder Ver- hältniss. Dieser Formen Kontur ward von Apelles be- stimmt. Doch wer redet es aus, was diese Formen veredelt, Diese Züge verklärt, dieses Gebilde beseelt! Wer die rährende Huld, die herzgewinnende Milde, Wer die Ruh im Blick, wer in den Augen den Sinn! Wer die Einfalt und Demuth, die Zucht und Zart- heit und Reinheit, Welche dir jegliches Herz, erstes der Mädchen, gewinnt. Also fand ich dich, Ida. So siegtest du, wenig es ahnend, Wenig es wollend fürwahr, über des Sicheren Herz. Ach zu sicheres Herz, wird dir auch Ihres begegnen? Allzuvermessenes, wird Ida nicht stolz dich ver- schmäh'n? Wirst du mich lieben, Geliebte? Dein schmach- tendes Auge bekennet, Dein Erröthen verräth, dass du zu lieben ver- magst.
Dunklere Tinten verschönern den Mund, und lich- tre die Wange. Schwelgrisch umwallt dich die Fluth goldenen ringelnden Haars. Abgewogen aufs strengste ward dieser Glieder Ver- hältniſs. Dieser Formen Kontur ward von Apelles be- stimmt. Doch wer redet es aus, was diese Formen veredelt, Diese Züge verklärt, dieses Gebilde beseelt! Wer die rährende Huld, die herzgewinnende Milde, Wer die Ruh im Blick, wer in den Augen den Sinn! Wer die Einfalt und Demuth, die Zucht und Zart- heit und Reinheit, Welche dir jegliches Herz, erstes der Mädchen, gewinnt. Also fand ich dich, Ida. So siegtest du, wenig es ahnend, Wenig es wollend fürwahr, über des Sicheren Herz. Ach zu sicheres Herz, wird dir auch Ihres begegnen? Allzuvermessenes, wird Ida nicht stolz dich ver- schmäh'n? Wirst du mich lieben, Geliebte? Dein schmach- tendes Auge bekennet, Dein Erröthen verräth, daſs du zu lieben ver- magst.
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Dunklere Tinten verschönern den Mund, und lich-
tre die Wange.
Schwelgrisch umwallt dich die Fluth goldenen
ringelnden Haars.
Abgewogen aufs strengste ward dieser Glieder Ver-
hältniſs.
Dieser Formen Kontur ward von Apelles be-
stimmt.
Doch wer redet es aus, was diese Formen veredelt,
Diese Züge verklärt, dieses Gebilde beseelt!
Wer die rährende Huld, die herzgewinnende Milde,
Wer die Ruh im Blick, wer in den Augen den
Sinn!
Wer die Einfalt und Demuth, die Zucht und Zart-
heit und Reinheit,
Welche dir jegliches Herz, erstes der Mädchen,
gewinnt.
Also fand ich dich, Ida. So siegtest du, wenig es
ahnend,
Wenig es wollend fürwahr, über des Sicheren
Herz.
Ach zu sicheres Herz, wird dir auch Ihres begegnen?
Allzuvermessenes, wird Ida nicht stolz dich ver-
schmäh'n?
Wirst du mich lieben, Geliebte? Dein schmach-
tendes Auge bekennet,
Dein Erröthen verräth, daſs du zu lieben ver-
magst.
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Kosegarten, Ludwig Gotthard: Poesieen. Bd. 3. Leipzig, 1802, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kosegarten_poesieen03_1802/286>, abgerufen am 21.11.2024.
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