Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.Die fremde und einheimische schöne Meßwelt hat hier Darmstadt. Das Monument, welches Friedrich der Große hier Jn der Bergstraße. Zum ersten Mal bin ich durch diesen Garten von Die fremde und einheimische schoͤne Meßwelt hat hier Darmstadt. Das Monument, welches Friedrich der Große hier Jn der Bergstraße. Zum ersten Mal bin ich durch diesen Garten von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0015" n="11"/> <p>Die fremde und einheimische schoͤne Meßwelt hat hier<lb/> einen weit angenehmern point de réunion, als in Leip-<lb/> zig, nehmlich keine offene, jeder Witterung ausgesetzte<lb/> Straße, wie in Auerbachs Hof, sondern ein sehr geraͤu-<lb/> miges Gebaͤude, in welchem alle Waaren des Luxus ein<lb/> großes Viereck fuͤllen, dessen bunter Schmuck fast zu jeder<lb/> Tageszeit durch eine noch buntere Menge belebt wird.</p><lb/> <p>Darmstadt.</p><lb/> <p>Das Monument, welches Friedrich der Große hier<lb/> seiner Freundin errichtet hat, entspricht der Erwartung<lb/> nicht. Es ist <hi rendition="#g">einfach niedlich:</hi> vom Koͤnig haͤtte ich<lb/> etwas <hi rendition="#g">einfach Großes</hi> zu sehen gewuͤnscht. Ohne die<lb/> beruͤhmte Jnschrift wuͤrde man wohl nie von diesem Denk-<lb/> maͤhlchen geredet haben. Und selbst diese Jnschrift — es<lb/> moͤchte Leute geben, in deren Augen sie kein Kompliment<lb/> fuͤr die Landgraͤfin waͤre. Foemina sexu, ingenio vir.<lb/><hi rendition="#g">Dem Geschlecht nach ein Weib, ein Mann an<lb/> Geist.</hi> Also mit andern Worten, ein Mittelding von<lb/> Mann und Weib. Man weiß laͤngst, daß diese Mischung<lb/> keins von beiden Geschlechtern liebenswuͤrdig macht. Ein<lb/> maͤnnliches Weib gefaͤllt eben so wenig als ein weibischer<lb/> Mann. Von einem Frauenzimmer sagen, <hi rendition="#g">von Geist<lb/> ein Mann,</hi> ist eben so viel als einer Blume nachruͤh-<lb/> men: <hi rendition="#g">an Geruch eine Eiche.</hi></p><lb/> <p>Jn der Bergstraße.</p><lb/> <p>Zum ersten Mal bin ich durch diesen <hi rendition="#g">Garten von<lb/> Deutschland</hi> gefahren, in dem gleichsam die Vergan-<lb/> genheit auf den Huͤgeln weilt und der schoͤnen Gegenwart<lb/> zusieht, wie sie ihr fruchtbares Wesen treibt. Wie sich<lb/> doch Alles in der Welt aͤndert! Die Raubschloͤsser, die vor-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0015]
Die fremde und einheimische schoͤne Meßwelt hat hier
einen weit angenehmern point de réunion, als in Leip-
zig, nehmlich keine offene, jeder Witterung ausgesetzte
Straße, wie in Auerbachs Hof, sondern ein sehr geraͤu-
miges Gebaͤude, in welchem alle Waaren des Luxus ein
großes Viereck fuͤllen, dessen bunter Schmuck fast zu jeder
Tageszeit durch eine noch buntere Menge belebt wird.
Darmstadt.
Das Monument, welches Friedrich der Große hier
seiner Freundin errichtet hat, entspricht der Erwartung
nicht. Es ist einfach niedlich: vom Koͤnig haͤtte ich
etwas einfach Großes zu sehen gewuͤnscht. Ohne die
beruͤhmte Jnschrift wuͤrde man wohl nie von diesem Denk-
maͤhlchen geredet haben. Und selbst diese Jnschrift — es
moͤchte Leute geben, in deren Augen sie kein Kompliment
fuͤr die Landgraͤfin waͤre. Foemina sexu, ingenio vir.
Dem Geschlecht nach ein Weib, ein Mann an
Geist. Also mit andern Worten, ein Mittelding von
Mann und Weib. Man weiß laͤngst, daß diese Mischung
keins von beiden Geschlechtern liebenswuͤrdig macht. Ein
maͤnnliches Weib gefaͤllt eben so wenig als ein weibischer
Mann. Von einem Frauenzimmer sagen, von Geist
ein Mann, ist eben so viel als einer Blume nachruͤh-
men: an Geruch eine Eiche.
Jn der Bergstraße.
Zum ersten Mal bin ich durch diesen Garten von
Deutschland gefahren, in dem gleichsam die Vergan-
genheit auf den Huͤgeln weilt und der schoͤnen Gegenwart
zusieht, wie sie ihr fruchtbares Wesen treibt. Wie sich
doch Alles in der Welt aͤndert! Die Raubschloͤsser, die vor-
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