Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.Leckermäuler unter meinen Freunden haben gestanden, Das Frühstück, sagt man sprichwörtlich, sey für So war es wenigstens vormals in Paris. So Leckermaͤuler unter meinen Freunden haben gestanden, Das Fruͤhstuͤck, sagt man sprichwoͤrtlich, sey fuͤr So war es wenigstens vormals in Paris. So <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0167" n="163"/> Leckermaͤuler unter meinen Freunden haben gestanden,<lb/> nie etwas aͤhnliches getrunken zu haben.</p><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Fruͤhstuͤck,</hi> sagt man sprichwoͤrtlich, sey fuͤr<lb/><hi rendition="#g">Freunde,die Mittagstafel</hi> gehoͤrt der <hi rendition="#g">Etiket-<lb/> te, das Vesperbrod der Kindheit,</hi> und das<lb/><hi rendition="#g">Abendessen — der Liebe!</hi> denn seine Stunde<lb/> grenzt<lb/> an die Schaͤferstunde. Der Laͤrm des Tages ist ver-<lb/> hallt, die Geschaͤfte sind abgethan, die Ruhe ladet ein,<lb/> die Wachskerzen verbreiten ein sanftes Licht, die Wei-<lb/> ber sind dann am liebenswuͤrdigsten, denn die Stunde<lb/> ihrer <hi rendition="#g">unumschraͤnkten</hi> Herrschaft naht heran, da-<lb/> her auch Manche sich ganz von der Sonne geschieden<lb/> haben. Wohl dem, der zu <hi rendition="#g">allen</hi> Tageszeiten einem<lb/> guten Weibe angehoͤren darf! doch wen auch der laͤstige<lb/> Broderwerb am Tage in das gemeine Lebensgewuͤhl schleu-<lb/> dert, der suche wenigstens Abends am runden Tische Er-<lb/> holung zwischen einer muntern und einer zaͤrtlichen Nach-<lb/> barin. Auch die Musen sind dem Abendessen hold. Mit<lb/> dem springenden Kork aus der Champagnerbouteille wird<lb/> auch der Witz entfesselt, Bonmots steigen wie Raketen<lb/> von allen Seiten auf; Jederman hat Geist und theilt<lb/> ihn mit, haͤtt' er ihn auch erst am Morgen desselben<lb/> Tages gesammelt.</p><lb/> <p>So war es wenigstens <hi rendition="#g">vormals</hi> in Paris. So<lb/> gieng es zu bei jenen beruͤhmten Soupers, wo Hoͤflin-<lb/> ge, Staͤdter und Gelehrte sich vereinigten, wo Gleich-<lb/> heit herrschte und ein hoher Rang sich nur durch fei-<lb/> nern Geschmack, durch ungezwungenere Grazie auszeich-<lb/> nen durfte; wo der aͤchte Weltton die Eigenliebe jedes<lb/> Gastes zart zu schonen lehrte; wo die Schoͤnheit des<lb/> Tages und der Dichter in der Mode mit dem allmaͤch-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [163/0167]
Leckermaͤuler unter meinen Freunden haben gestanden,
nie etwas aͤhnliches getrunken zu haben.
Das Fruͤhstuͤck, sagt man sprichwoͤrtlich, sey fuͤr
Freunde,die Mittagstafel gehoͤrt der Etiket-
te, das Vesperbrod der Kindheit, und das
Abendessen — der Liebe! denn seine Stunde
grenzt
an die Schaͤferstunde. Der Laͤrm des Tages ist ver-
hallt, die Geschaͤfte sind abgethan, die Ruhe ladet ein,
die Wachskerzen verbreiten ein sanftes Licht, die Wei-
ber sind dann am liebenswuͤrdigsten, denn die Stunde
ihrer unumschraͤnkten Herrschaft naht heran, da-
her auch Manche sich ganz von der Sonne geschieden
haben. Wohl dem, der zu allen Tageszeiten einem
guten Weibe angehoͤren darf! doch wen auch der laͤstige
Broderwerb am Tage in das gemeine Lebensgewuͤhl schleu-
dert, der suche wenigstens Abends am runden Tische Er-
holung zwischen einer muntern und einer zaͤrtlichen Nach-
barin. Auch die Musen sind dem Abendessen hold. Mit
dem springenden Kork aus der Champagnerbouteille wird
auch der Witz entfesselt, Bonmots steigen wie Raketen
von allen Seiten auf; Jederman hat Geist und theilt
ihn mit, haͤtt' er ihn auch erst am Morgen desselben
Tages gesammelt.
So war es wenigstens vormals in Paris. So
gieng es zu bei jenen beruͤhmten Soupers, wo Hoͤflin-
ge, Staͤdter und Gelehrte sich vereinigten, wo Gleich-
heit herrschte und ein hoher Rang sich nur durch fei-
nern Geschmack, durch ungezwungenere Grazie auszeich-
nen durfte; wo der aͤchte Weltton die Eigenliebe jedes
Gastes zart zu schonen lehrte; wo die Schoͤnheit des
Tages und der Dichter in der Mode mit dem allmaͤch-
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