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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.

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so wenig sieht man beim Hinunterschlucken des flüssigen
Feuers eine Mine verziehen. Rindfleisch mit Sauce aux
thomates oder a la moutarde aperitive, von dem be-
rühmten Mailhe verfertigt, war noch vor kurzem der
solide Grund jeder Mahlzeit, jetzt, wie schon oben er-
innert worden, ist das Rindfleisch in Mißkredit gerathen,
vermuthlich, weil gewöhnlich in der Suppe schon die
besten Kräfte herausgekocht worden. Während man die
releves zerlegt, die statt der Suppen hingesetzt werden,
speiset man die entrees (man muthe mir nicht zu, alle
Kunstwörter zu übersetzen; die meisten sind ganz un-
übersetzbar). Jn unserm Norden hat man Vorschnei-
der, die besser und appetitlicher die Speisen zerlegen,
und dann die Schüssel herum senden, wodurch man
auch vielen unnützen Complimenten entgeht. Jn Paris
aber legt theils der Hausherr, theils derjenige Gast vor,
vor welchem eben die Schüssel steht; man kann also nicht
selbst zulangen, sondern muß zufrieden seyn mit dem,
was man bekommt. Der Braten muß fümet seyn,
das heißt er muß ein wenig -- riechen. Von feinen Weinen
wird wohl Bordeaux, Champagner und Bourgogner an-
geboten. Die Entremets machen bei großen Mahlzeiten
eine eigene Tracht aus. Gewaltige Pasteten von Tou-
louse, Straßburg oder Perigueux in der Mitte, welche
vorzulegen eine besondere Kunst erfordert. Dann giebt
es Vegetabilien auf alle nur mögliche Weise pikant ge-
macht, und an beiden Enden der Tafel Cremen und Back-
werke, den Damen und Kindern erfreulich. Die eigent-
lichen Leckermäuler machen sich daraus nichts, son-
dern haben mit dem Braten ihre Mahlzeit geendigt.
Jch muß nicht vergessen zu erwähnen, daß in allen gu-
ten Häußern eine besonders große Consumtion von

so wenig sieht man beim Hinunterschlucken des fluͤssigen
Feuers eine Mine verziehen. Rindfleisch mit Sauce aux
thomates oder à la moutarde apéritive, von dem be-
ruͤhmten Mailhe verfertigt, war noch vor kurzem der
solide Grund jeder Mahlzeit, jetzt, wie schon oben er-
innert worden, ist das Rindfleisch in Mißkredit gerathen,
vermuthlich, weil gewoͤhnlich in der Suppe schon die
besten Kraͤfte herausgekocht worden. Waͤhrend man die
réleves zerlegt, die statt der Suppen hingesetzt werden,
speiset man die entrées (man muthe mir nicht zu, alle
Kunstwoͤrter zu uͤbersetzen; die meisten sind ganz un-
uͤbersetzbar). Jn unserm Norden hat man Vorschnei-
der, die besser und appetitlicher die Speisen zerlegen,
und dann die Schuͤssel herum senden, wodurch man
auch vielen unnuͤtzen Complimenten entgeht. Jn Paris
aber legt theils der Hausherr, theils derjenige Gast vor,
vor welchem eben die Schuͤssel steht; man kann also nicht
selbst zulangen, sondern muß zufrieden seyn mit dem,
was man bekommt. Der Braten muß fuͤmet seyn,
das heißt er muß ein wenig — riechen. Von feinen Weinen
wird wohl Bordeaux, Champagner und Bourgogner an-
geboten. Die Entremets machen bei großen Mahlzeiten
eine eigene Tracht aus. Gewaltige Pasteten von Tou-
louse, Straßburg oder Périgueux in der Mitte, welche
vorzulegen eine besondere Kunst erfordert. Dann giebt
es Vegetabilien auf alle nur moͤgliche Weise pikant ge-
macht, und an beiden Enden der Tafel Crêmen und Back-
werke, den Damen und Kindern erfreulich. Die eigent-
lichen Leckermaͤuler machen sich daraus nichts, son-
dern haben mit dem Braten ihre Mahlzeit geendigt.
Jch muß nicht vergessen zu erwaͤhnen, daß in allen gu-
ten Haͤußern eine besonders große Consumtion von

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[169/0173] so wenig sieht man beim Hinunterschlucken des fluͤssigen Feuers eine Mine verziehen. Rindfleisch mit Sauce aux thomates oder à la moutarde apéritive, von dem be- ruͤhmten Mailhe verfertigt, war noch vor kurzem der solide Grund jeder Mahlzeit, jetzt, wie schon oben er- innert worden, ist das Rindfleisch in Mißkredit gerathen, vermuthlich, weil gewoͤhnlich in der Suppe schon die besten Kraͤfte herausgekocht worden. Waͤhrend man die réleves zerlegt, die statt der Suppen hingesetzt werden, speiset man die entrées (man muthe mir nicht zu, alle Kunstwoͤrter zu uͤbersetzen; die meisten sind ganz un- uͤbersetzbar). Jn unserm Norden hat man Vorschnei- der, die besser und appetitlicher die Speisen zerlegen, und dann die Schuͤssel herum senden, wodurch man auch vielen unnuͤtzen Complimenten entgeht. Jn Paris aber legt theils der Hausherr, theils derjenige Gast vor, vor welchem eben die Schuͤssel steht; man kann also nicht selbst zulangen, sondern muß zufrieden seyn mit dem, was man bekommt. Der Braten muß fuͤmet seyn, das heißt er muß ein wenig — riechen. Von feinen Weinen wird wohl Bordeaux, Champagner und Bourgogner an- geboten. Die Entremets machen bei großen Mahlzeiten eine eigene Tracht aus. Gewaltige Pasteten von Tou- louse, Straßburg oder Périgueux in der Mitte, welche vorzulegen eine besondere Kunst erfordert. Dann giebt es Vegetabilien auf alle nur moͤgliche Weise pikant ge- macht, und an beiden Enden der Tafel Crêmen und Back- werke, den Damen und Kindern erfreulich. Die eigent- lichen Leckermaͤuler machen sich daraus nichts, son- dern haben mit dem Braten ihre Mahlzeit geendigt. Jch muß nicht vergessen zu erwaͤhnen, daß in allen gu- ten Haͤußern eine besonders große Consumtion von

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/173>, abgerufen am 21.11.2024.