Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.dermann, der nicht reich genug ist um zu schwelgen, Das Mittagsessen ist bekanntlich 365 mal im dermann, der nicht reich genug ist um zu schwelgen, Das Mittagsessen ist bekanntlich 365 mal im <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0172" n="168"/> dermann, der nicht reich genug ist um zu schwelgen,<lb/> oder der seinen Geist munter erhalten will. Daher kommt<lb/> es denn aber, daß dieser Goͤttertrank, der sonst nur in<lb/> den Apotheken oder hoͤchstens von zwei oder drei aner-<lb/> kannt guten Fabrikanten gemacht wurde, jetzt von so<lb/> vielen Pfuschern gesudelt wird, daß man alle Augen-<lb/> blick eine Vergiftung oder wenigstens allerlei Magenbe-<lb/> schwerden fuͤrchten muß; denn es giebt Schokoladen in<lb/> Paris, wozu Alles genommen wird, nur keine Cacao-<lb/> bohnen. Die beste liefert jetzt ein gewisser Bauve, Rue<lb/> St. Dominique Nro. 1020. Jch theile diese Addresse be-<lb/> sonders auch fuͤr Schwindsuͤchtige und an der Auszeh-<lb/> rung leidende mit, fuͤr welche er eine vortreffliche Ge-<lb/> sundheits-Chokolade verfertigt. Sonst <hi rendition="#g">trinkt</hi> man<lb/> sie auch sehr gut im Caffé-Corazza im palais royal. Jn<lb/> vielen andern Caffeehaͤusern erregt sie Eckel, Magen-<lb/> druͤcken, Verstopfungen u. dgl.</p><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Mittagsessen</hi> ist bekanntlich 365 mal im<lb/> Jahre die wichtigste Angelegenheit des Lebens. Beson-<lb/> ders jetzt, da es in die Abendstunden verlegt worden,<lb/> verlaͤngern sich alle Gesichter, wenn es durch Zufall noch<lb/> um einige Minuten verspaͤtet wird; alle Gesichter klaͤ-<lb/> ren sich aber auch auf, wenn der Haushofmeister mit<lb/> der Serviette uͤber dem Arme hereintritt und das Zau-<lb/> berwort ausspricht: Madame est servie. Nach einigen<lb/> Ceremonien (die manche zwar dadurch abkuͤrzen, daß<lb/> sie Namen auf die Teller legen, aber auch auf diese<lb/> Weise ihre Gaͤste an Nachbarn fesseln, die sie vielleicht<lb/> nicht gewaͤhlt haben wuͤrden), setzt man sich zur bren-<lb/> nenden Suppe, denn <hi rendition="#g">brennend</hi> muß sie seyn, und<lb/> alle Gaumen scheinen mit Mosaik ausgelegt, oder das<lb/> Privilegium des unverbrennbaren Spaniers zu haben,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [168/0172]
dermann, der nicht reich genug ist um zu schwelgen,
oder der seinen Geist munter erhalten will. Daher kommt
es denn aber, daß dieser Goͤttertrank, der sonst nur in
den Apotheken oder hoͤchstens von zwei oder drei aner-
kannt guten Fabrikanten gemacht wurde, jetzt von so
vielen Pfuschern gesudelt wird, daß man alle Augen-
blick eine Vergiftung oder wenigstens allerlei Magenbe-
schwerden fuͤrchten muß; denn es giebt Schokoladen in
Paris, wozu Alles genommen wird, nur keine Cacao-
bohnen. Die beste liefert jetzt ein gewisser Bauve, Rue
St. Dominique Nro. 1020. Jch theile diese Addresse be-
sonders auch fuͤr Schwindsuͤchtige und an der Auszeh-
rung leidende mit, fuͤr welche er eine vortreffliche Ge-
sundheits-Chokolade verfertigt. Sonst trinkt man
sie auch sehr gut im Caffé-Corazza im palais royal. Jn
vielen andern Caffeehaͤusern erregt sie Eckel, Magen-
druͤcken, Verstopfungen u. dgl.
Das Mittagsessen ist bekanntlich 365 mal im
Jahre die wichtigste Angelegenheit des Lebens. Beson-
ders jetzt, da es in die Abendstunden verlegt worden,
verlaͤngern sich alle Gesichter, wenn es durch Zufall noch
um einige Minuten verspaͤtet wird; alle Gesichter klaͤ-
ren sich aber auch auf, wenn der Haushofmeister mit
der Serviette uͤber dem Arme hereintritt und das Zau-
berwort ausspricht: Madame est servie. Nach einigen
Ceremonien (die manche zwar dadurch abkuͤrzen, daß
sie Namen auf die Teller legen, aber auch auf diese
Weise ihre Gaͤste an Nachbarn fesseln, die sie vielleicht
nicht gewaͤhlt haben wuͤrden), setzt man sich zur bren-
nenden Suppe, denn brennend muß sie seyn, und
alle Gaumen scheinen mit Mosaik ausgelegt, oder das
Privilegium des unverbrennbaren Spaniers zu haben,
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