und hoffe daher, daß wir mit Gottes Hülfe es immer weiter bringen werden.
Zwar meynen ängstliche Hypochondristen: man müs- se dann zugleich vom Himmel eine Veränderung unse- rer Erdaxe erflehen, auf daß ein milderes Klima die schöne Nacktheit begünstige. Aber ich glaube in der That, man mache ein wenig zu viel Geschrei von dem nach- theiligen Einfluß der jetzigen Mode auf die Gesundheit. Der Mensch und die Kartoffel gewöhnen sich ja an al- les. Jm Kampf des zarten Geschlechts mit der rauhen Witterung hab' ich in Paris Wunder von Tapferkeit ge- sehen. Die Gesundheit ist jetzt Mode, es fällt keiner Dame ein, sich über Zugwind oder dergleichen zu beklagen; von Vapeurs vernimmt man nichts, die Schö- nen sind alle frisch und gesund, essen und trinken mit gutem Appetit, verderben keine Gesellschaft durch Mi- gräne, -- wahrhaftig, diese Vortheile sind auch was werth, und wenn man sich zu erinnern beliebt, wie man noch vor 20 oder 30 Jahren auf keine einzige Lust- partie mit Sicherheit rechnen konnte, weil unsere Schö- nen von eben so vielen Krankheiten als Amouretten um- flattert waren, der wird ihnen jetzt schon etwas zu gu- te halten.
Roth schminkt man sich nicht mehr. Blaß ist weit interessanter. Man nennt das eine Figur a la Psy- che. nach einem sehr hübschen Gemälde von Gerard. Die Damen bedienen sich daher nur noch der weißen Schminke, und überlassen die rothe -- den Herren. Ja, ja, den Herren. Jener Titus, der eine so gros- se Simplicität affectirt, der Puder, Wohlgerüche und seidene Kleider verbannt hat, behält von der alten Mo- de gerade das Weibischste bei; diese frische Farbe, die
und hoffe daher, daß wir mit Gottes Huͤlfe es immer weiter bringen werden.
Zwar meynen aͤngstliche Hypochondristen: man muͤs- se dann zugleich vom Himmel eine Veraͤnderung unse- rer Erdaxe erflehen, auf daß ein milderes Klima die schoͤne Nacktheit beguͤnstige. Aber ich glaube in der That, man mache ein wenig zu viel Geschrei von dem nach- theiligen Einfluß der jetzigen Mode auf die Gesundheit. Der Mensch und die Kartoffel gewoͤhnen sich ja an al- les. Jm Kampf des zarten Geschlechts mit der rauhen Witterung hab' ich in Paris Wunder von Tapferkeit ge- sehen. Die Gesundheit ist jetzt Mode, es faͤllt keiner Dame ein, sich uͤber Zugwind oder dergleichen zu beklagen; von Vapeurs vernimmt man nichts, die Schoͤ- nen sind alle frisch und gesund, essen und trinken mit gutem Appetit, verderben keine Gesellschaft durch Mi- graͤne, — wahrhaftig, diese Vortheile sind auch was werth, und wenn man sich zu erinnern beliebt, wie man noch vor 20 oder 30 Jahren auf keine einzige Lust- partie mit Sicherheit rechnen konnte, weil unsere Schoͤ- nen von eben so vielen Krankheiten als Amouretten um- flattert waren, der wird ihnen jetzt schon etwas zu gu- te halten.
Roth schminkt man sich nicht mehr. Blaß ist weit interessanter. Man nennt das eine Figur à la Psy- che. nach einem sehr huͤbschen Gemaͤlde von Gerard. Die Damen bedienen sich daher nur noch der weißen Schminke, und uͤberlassen die rothe — den Herren. Ja, ja, den Herren. Jener Titus, der eine so gros- se Simplicitaͤt affectirt, der Puder, Wohlgeruͤche und seidene Kleider verbannt hat, behaͤlt von der alten Mo- de gerade das Weibischste bei; diese frische Farbe, die
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und hoffe daher, daß wir mit Gottes Huͤlfe es immer
weiter bringen werden.
Zwar meynen aͤngstliche Hypochondristen: man muͤs-
se dann zugleich vom Himmel eine Veraͤnderung unse-
rer Erdaxe erflehen, auf daß ein milderes Klima die
schoͤne Nacktheit beguͤnstige. Aber ich glaube in der That,
man mache ein wenig zu viel Geschrei von dem nach-
theiligen Einfluß der jetzigen Mode auf die Gesundheit.
Der Mensch und die Kartoffel gewoͤhnen sich ja an al-
les. Jm Kampf des zarten Geschlechts mit der rauhen
Witterung hab' ich in Paris Wunder von Tapferkeit ge-
sehen. Die Gesundheit ist jetzt Mode, es faͤllt
keiner Dame ein, sich uͤber Zugwind oder dergleichen zu
beklagen; von Vapeurs vernimmt man nichts, die Schoͤ-
nen sind alle frisch und gesund, essen und trinken mit
gutem Appetit, verderben keine Gesellschaft durch Mi-
graͤne, — wahrhaftig, diese Vortheile sind auch was
werth, und wenn man sich zu erinnern beliebt, wie
man noch vor 20 oder 30 Jahren auf keine einzige Lust-
partie mit Sicherheit rechnen konnte, weil unsere Schoͤ-
nen von eben so vielen Krankheiten als Amouretten um-
flattert waren, der wird ihnen jetzt schon etwas zu gu-
te halten.
Roth schminkt man sich nicht mehr. Blaß ist
weit interessanter. Man nennt das eine Figur à la Psy-
che. nach einem sehr huͤbschen Gemaͤlde von Gerard.
Die Damen bedienen sich daher nur noch der weißen
Schminke, und uͤberlassen die rothe — den Herren.
Ja, ja, den Herren. Jener Titus, der eine so gros-
se Simplicitaͤt affectirt, der Puder, Wohlgeruͤche und
seidene Kleider verbannt hat, behaͤlt von der alten Mo-
de gerade das Weibischste bei; diese frische Farbe, die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von Au… [mehr]
Die "Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804" von August von Kotzebue erschienen 1804 in einer einbändigen Ausgabe im Frölich-Verlag, Berlin. Im gleichen Jahr wurde diese Ausgabe als zweibändige Ausgabe in einem Band im Titel als "unveränderte Auflage" bezeichnet, herausgegeben. Das Deutsche Textarchiv hat den Text der 3. unveränderten Auflage im Rahmen einer Kuration herausgegeben.
Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen01_1804/186>, abgerufen am 16.02.2025.
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