Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.knillen, und drittens ihren Kopfputz zu entpudern: Sie. O jetzt können sie wahrhaftig alles thun was Er. Jch habe mir nichts vorzuwerfen. Schon als Sie. Jch auch, als man die Reifröcke kleiner mach- So plaudern sie noch ein Weilchen fort, beschließen Obiges Gespräch zeichnet bereits treffend die heutige knillen, und drittens ihren Kopfputz zu entpudern: Sie. O jetzt koͤnnen sie wahrhaftig alles thun was Er. Jch habe mir nichts vorzuwerfen. Schon als Sie. Jch auch, als man die Reifroͤcke kleiner mach- So plaudern sie noch ein Weilchen fort, beschließen Obiges Gespraͤch zeichnet bereits treffend die heutige <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0185" n="181"/> knillen, und <hi rendition="#g">drittens</hi> ihren Kopfputz zu entpudern:<lb/> statt daß jetzt —</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Sie.</hi> O jetzt koͤnnen sie wahrhaftig alles thun was<lb/> ihnen beliebt, man wird es hinterdrein gar nicht gewahr.<lb/> Aber ist es wohl begreiflich, daß Vaͤter, Muͤtter und<lb/> Ehemaͤnner ihnen erlaubt haben, sich so zu <hi rendition="#g">entklei-<lb/> den?</hi></p><lb/> <p><hi rendition="#g">Er.</hi> Jch habe mir nichts vorzuwerfen. Schon als<lb/> man statt der Schnuͤrbruͤste mit Fischbein die bloßen Cor-<lb/> sets einfuͤhrte, sagte ich gleich die Revolution voraus.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Sie.</hi> Jch auch, als man die Reifroͤcke kleiner mach-<lb/> te. Das Schlimmste von allem ist noch, daß das Pub-<lb/> likum sich gar nicht einmal daruͤber betruͤbt.</p><lb/> <p>So plaudern sie noch ein Weilchen fort, beschließen<lb/> dem Gouvernement Vorstellungen zu uͤberreichen, und,<lb/> wenn es derselben nicht achtete, es fuͤr absurd zu er-<lb/> klaͤren.</p><lb/> <p>Obiges Gespraͤch zeichnet bereits treffend die heutige<lb/> Mode sich zu kleiden, die allerdings fuͤr luͤsterne Maͤn-<lb/> neraugen die schoͤnste ist, die der Satan jemals erfin-<lb/> den konnte. Die Kleidung, die man heut zu Tage ehr-<lb/> bar nennt, haͤtte man vor hundert Jahren nicht ein-<lb/> mal einem <hi rendition="#g">Lustmaͤdchen</hi> oͤffentlich zu tragen erlaubt.<lb/> Wenn das nun so fort geht — und warum sollt' es nicht?<lb/> — so werden in hundert Jahren unsere Enkelinnen ih-<lb/> re Toͤchter mit wenigen Kosten kleiden. Man lacht wohl<lb/> jetzt uͤber den Gedanken, daß unsere Urenkelinnen viel-<lb/> leicht nur Schuͤrzen von Feigenblaͤttern tragen werden;<lb/> aber ich bitte, ist denn der Abstand vom Feigenblatt bis<lb/> zu den jetzigen durchsichtigen Hemden groͤßer, als von<lb/> diesen bis zu dem vormaligen Reifrocke? ich daͤchte nicht,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0185]
knillen, und drittens ihren Kopfputz zu entpudern:
statt daß jetzt —
Sie. O jetzt koͤnnen sie wahrhaftig alles thun was
ihnen beliebt, man wird es hinterdrein gar nicht gewahr.
Aber ist es wohl begreiflich, daß Vaͤter, Muͤtter und
Ehemaͤnner ihnen erlaubt haben, sich so zu entklei-
den?
Er. Jch habe mir nichts vorzuwerfen. Schon als
man statt der Schnuͤrbruͤste mit Fischbein die bloßen Cor-
sets einfuͤhrte, sagte ich gleich die Revolution voraus.
Sie. Jch auch, als man die Reifroͤcke kleiner mach-
te. Das Schlimmste von allem ist noch, daß das Pub-
likum sich gar nicht einmal daruͤber betruͤbt.
So plaudern sie noch ein Weilchen fort, beschließen
dem Gouvernement Vorstellungen zu uͤberreichen, und,
wenn es derselben nicht achtete, es fuͤr absurd zu er-
klaͤren.
Obiges Gespraͤch zeichnet bereits treffend die heutige
Mode sich zu kleiden, die allerdings fuͤr luͤsterne Maͤn-
neraugen die schoͤnste ist, die der Satan jemals erfin-
den konnte. Die Kleidung, die man heut zu Tage ehr-
bar nennt, haͤtte man vor hundert Jahren nicht ein-
mal einem Lustmaͤdchen oͤffentlich zu tragen erlaubt.
Wenn das nun so fort geht — und warum sollt' es nicht?
— so werden in hundert Jahren unsere Enkelinnen ih-
re Toͤchter mit wenigen Kosten kleiden. Man lacht wohl
jetzt uͤber den Gedanken, daß unsere Urenkelinnen viel-
leicht nur Schuͤrzen von Feigenblaͤttern tragen werden;
aber ich bitte, ist denn der Abstand vom Feigenblatt bis
zu den jetzigen durchsichtigen Hemden groͤßer, als von
diesen bis zu dem vormaligen Reifrocke? ich daͤchte nicht,
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