Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.he nahm, sie zu zählen, waren ihrer nicht weniger als he nahm, sie zu zaͤhlen, waren ihrer nicht weniger als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0197" n="193"/> he nahm, sie zu zaͤhlen, waren ihrer nicht weniger als<lb/><hi rendition="#g">vierzehn</hi> auf dieser einzigen Stelle. Es fiel ein klei-<lb/> ner Staubregen, der Platz war sehr kothig, aber alles<lb/> das vertrieb keine. Jndessen glaube ich bemerkt zu ha-<lb/> ben, daß sie weniger zudringlich sind, als sie vor 13<lb/> Jahren waren. Nur wo es <hi rendition="#g">dunkel</hi> ist reden sie die<lb/> Voruͤbergehenden an; wo eine Laterne brennt, stellen<lb/> sie sich blos zur Schau. Von allen jenen vierzehn wag-<lb/> te nur eine einzige, sich einen Augenblick an meinen Arm<lb/> zu haͤngen, und mich zu bitten, ich solle sie in meinen<lb/> Pelz nehmen, weil sie sehr friere (welches ich ihr ohne<lb/> Schwur glaubte) sie ließ aber auch gleich wieder los, als<lb/> ich ihr ein ganz trocknes: non, Mademoiselle! antwor-<lb/> tete. Das einzige, was sie sich in solchen Faͤllen etwa<lb/> erlauben, ist der halbneckende Vorwurf: vous êtes cruel!<lb/> Vor 13 Jahren hingegen waren sie oft faͤhig, bei dreien<lb/> oder vieren einen Voruͤbergehenden zu umzingeln, und<lb/> trotz seines ernstlichen Widerstrebens ihn mehrere Mi-<lb/> nuten aufzuhalten. Daher mogte es damals auch wohl<lb/> erlaubt seyn, sie mit mehr Grobheit zuruͤckzuweisen. Jetzt<lb/> ist das anders. Jch wollte keinem rathen, diese Classe<lb/> von <hi rendition="#g">Buͤrgerinnen</hi> unhoͤflich zu behandeln; sie rufen<lb/> sogleich die Wache, und diese scheint angewiesen, sie<lb/> moͤglichst zu beschuͤtzen; denn ich habe einmal in dersel-<lb/> ben obengenannten Straße einem solchen Vorfall beige-<lb/> wohnt, wo der junge Mensch, den dieses Schicksal traf,<lb/> sehr heftig seine Unschuld betheuerte, aber von den Maͤd-<lb/> chen, die treulich zusammenhielten, uͤberstimmt, und<lb/> von der Polizeiwache fortgefuͤhrt wurde. Uebrigens ha-<lb/> be ich unter vielen hundert Geschoͤpfen dieser Gattung<lb/> kaum ein <hi rendition="#g">paar huͤbsche</hi> gesehen. Vor der Revolu-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [193/0197]
he nahm, sie zu zaͤhlen, waren ihrer nicht weniger als
vierzehn auf dieser einzigen Stelle. Es fiel ein klei-
ner Staubregen, der Platz war sehr kothig, aber alles
das vertrieb keine. Jndessen glaube ich bemerkt zu ha-
ben, daß sie weniger zudringlich sind, als sie vor 13
Jahren waren. Nur wo es dunkel ist reden sie die
Voruͤbergehenden an; wo eine Laterne brennt, stellen
sie sich blos zur Schau. Von allen jenen vierzehn wag-
te nur eine einzige, sich einen Augenblick an meinen Arm
zu haͤngen, und mich zu bitten, ich solle sie in meinen
Pelz nehmen, weil sie sehr friere (welches ich ihr ohne
Schwur glaubte) sie ließ aber auch gleich wieder los, als
ich ihr ein ganz trocknes: non, Mademoiselle! antwor-
tete. Das einzige, was sie sich in solchen Faͤllen etwa
erlauben, ist der halbneckende Vorwurf: vous êtes cruel!
Vor 13 Jahren hingegen waren sie oft faͤhig, bei dreien
oder vieren einen Voruͤbergehenden zu umzingeln, und
trotz seines ernstlichen Widerstrebens ihn mehrere Mi-
nuten aufzuhalten. Daher mogte es damals auch wohl
erlaubt seyn, sie mit mehr Grobheit zuruͤckzuweisen. Jetzt
ist das anders. Jch wollte keinem rathen, diese Classe
von Buͤrgerinnen unhoͤflich zu behandeln; sie rufen
sogleich die Wache, und diese scheint angewiesen, sie
moͤglichst zu beschuͤtzen; denn ich habe einmal in dersel-
ben obengenannten Straße einem solchen Vorfall beige-
wohnt, wo der junge Mensch, den dieses Schicksal traf,
sehr heftig seine Unschuld betheuerte, aber von den Maͤd-
chen, die treulich zusammenhielten, uͤberstimmt, und
von der Polizeiwache fortgefuͤhrt wurde. Uebrigens ha-
be ich unter vielen hundert Geschoͤpfen dieser Gattung
kaum ein paar huͤbsche gesehen. Vor der Revolu-
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