Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.Stuttgard. Jch habe in Stuttgard das Theater besucht. Der Hechingen und Duttlingen. Fast mit derselben Empfindung, mit der ich am letz- Stuttgard. Jch habe in Stuttgard das Theater besucht. Der Hechingen und Duttlingen. Fast mit derselben Empfindung, mit der ich am letz- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0028" n="24"/> <p>Stuttgard.</p><lb/> <p>Jch habe in Stuttgard das Theater besucht. Der<lb/> Saal ist nicht imposant, und wird noch durch eine sehr<lb/> schmutzige Lampe verunstaltet, die in der Mitte herab-<lb/> haͤngt. Man gab die Oper <hi rendition="#g">Achilles,</hi> in welcher ich ei-<lb/> nen braven Tenoristen hoͤrte, der <hi rendition="#g">Krebs</hi> heißt, ein schoͤ-<lb/> ner Mann, und, was man so selten beisammen trifft,<lb/> zugleich ein guter Schauspieler ist. Die Choͤre giengen<lb/> gut, wurden auch lebhaft <hi rendition="#g">gespielt.</hi> Das Orchester,<lb/> unter <hi rendition="#g">Kranzens</hi> Direktion, war vortrefflich. Alles<lb/> uͤbrige verdient keine Erwaͤhnung. — Daß Stuttgard<lb/> eine beruͤhmte Bibelsammlung besitzt, koͤnnen Sie uͤberall<lb/> lesen; das Bibelsammeln ist eine Liebhaberei, von der ich<lb/> nichts begreife.</p><lb/> <p>Hechingen und Duttlingen.</p><lb/> <p>Fast mit derselben Empfindung, mit der ich am letz-<lb/> ten Orte das <hi rendition="#g">Baͤchlein</hi> ansah, welches der <hi rendition="#g">Donau</hi><lb/> seinen Namen giebt, und fernerhin als ein majestaͤtischer<lb/> Fluß zwischen bluͤhenden Ufern sich fortwaͤlzt, fast mit<lb/> derselben Empfindung betrachtete ich zu Hechingen das al-<lb/> te Schloß <hi rendition="#g">Hohenzollern,</hi> die Stammburg unsers gu-<lb/> ten Koͤnigs. Dort oben war es also, wo die reine hei-<lb/> tere Bergluft das Geschlecht seiner Ahnherren stark und<lb/> wacker machte, daß es seine Tugenden forterben konnte,<lb/> bis auf unsere Zeiten. Hier also ist das Baͤchlein ent-<lb/> sprungen, das, jetzt ein maͤchtiger Fluß, so herrlich zwi-<lb/> schen gesegneten Ufern stroͤmt! — Jn stille, mannichfal-<lb/> tige Betrachtungen versunken, sah ich lange mit unver-<lb/> wandtem Blick hinauf; der Mondschein kam meiner Phan-<lb/> tasie zu Huͤlfe, und ich glaubte endlich, den behelmten<lb/> Kopf des alten <hi rendition="#g">Thassilo</hi> zu sehen, der uͤber die grauen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [24/0028]
Stuttgard.
Jch habe in Stuttgard das Theater besucht. Der
Saal ist nicht imposant, und wird noch durch eine sehr
schmutzige Lampe verunstaltet, die in der Mitte herab-
haͤngt. Man gab die Oper Achilles, in welcher ich ei-
nen braven Tenoristen hoͤrte, der Krebs heißt, ein schoͤ-
ner Mann, und, was man so selten beisammen trifft,
zugleich ein guter Schauspieler ist. Die Choͤre giengen
gut, wurden auch lebhaft gespielt. Das Orchester,
unter Kranzens Direktion, war vortrefflich. Alles
uͤbrige verdient keine Erwaͤhnung. — Daß Stuttgard
eine beruͤhmte Bibelsammlung besitzt, koͤnnen Sie uͤberall
lesen; das Bibelsammeln ist eine Liebhaberei, von der ich
nichts begreife.
Hechingen und Duttlingen.
Fast mit derselben Empfindung, mit der ich am letz-
ten Orte das Baͤchlein ansah, welches der Donau
seinen Namen giebt, und fernerhin als ein majestaͤtischer
Fluß zwischen bluͤhenden Ufern sich fortwaͤlzt, fast mit
derselben Empfindung betrachtete ich zu Hechingen das al-
te Schloß Hohenzollern, die Stammburg unsers gu-
ten Koͤnigs. Dort oben war es also, wo die reine hei-
tere Bergluft das Geschlecht seiner Ahnherren stark und
wacker machte, daß es seine Tugenden forterben konnte,
bis auf unsere Zeiten. Hier also ist das Baͤchlein ent-
sprungen, das, jetzt ein maͤchtiger Fluß, so herrlich zwi-
schen gesegneten Ufern stroͤmt! — Jn stille, mannichfal-
tige Betrachtungen versunken, sah ich lange mit unver-
wandtem Blick hinauf; der Mondschein kam meiner Phan-
tasie zu Huͤlfe, und ich glaubte endlich, den behelmten
Kopf des alten Thassilo zu sehen, der uͤber die grauen
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